Change Management, Top-Story: 31.03.2020

Veränderung annehmen und richtig damit umgehen

Ohne Veränderungen im Medienbereich wird es nicht gehen, da sind sich die Broadcast-Experten Rainer Dunkel und Thomas Holzmann sicher. film-tv-video.de hat mit beiden darüber gesprochen, weshalb Projekte scheitern und was nötig ist, um das zu verhindern.


Globalisierung, Digitalisierung, Industrie 4.0 – die Begriffe sind vielfältig, die daraus resultierenden Herausforderungen jedoch ganz ähnlich. Meist geht es darum, alte Strukturen in Unternehmen aufzubrechen und an eine neue Situation anzupassen. Das bedeutet Veränderung, etwa durch neue Abläufe oder durch zusätzliche oder andere Aufgaben für Mitarbeiter; es bedeutet aber auch die Chance, dass Dinge verbessert werden können.

Dennoch sind Veränderungen oft negativ belegt – und mit ihnen auch das Change Management, das diesen Prozess positiv begleiten sollte. Mitarbeiter in Medienhäusern etwa beklagen oft, dass der Begriff nur eine Umschreibung dafür sei, dass man weniger Geld für mehr Arbeit bekomme. Auch Führungskräfte sind nicht immer am Change Management interessiert: Sie fürchten den Verlust von Kontrolle, von Gewohnheitsrechten und vielleicht sogar des Jobs.

Thomas Holzmann, FLYING EYE.

Es hilft aber alles nichts, findet Thomas Holzmann von der Managementberatung FLYING EYE, denn: »Probleme entstehen nicht dort, wo es Change Management gibt, sondern gerade dort, wo die Veränderungen nicht vernünftig gemanagt werden.«

Disruption überwinden

Rainer Dunkel, Berater bei CPC, engagiert sich seit 2016 bei der ACMP, einem globalen Branchenverband, der im Bereich Change Management Zertifizierungen und Weiterbildung anbietet und auch in Europa regelmäßig Konferenzen ausrichtet. Er berichtet: »Die Broadcastbranche beschäftigt sich zu wenig mit Change Management, leidet aber andererseits extrem stark unter Veränderungen und der aktuell stattfindenden Disruption. Auf Veranstaltungen wird oft über den Faktor Mensch gesprochen, entsprechend veränderte Herangehensweisen oder Entscheidungen bleiben meist aus.«

Thomas Holzmann ergänzt: »Im Grunde verändert sich unsere Branche seit Jahren rapide, und es werden Elemente des Change Management sporadisch eingesetzt. Wir sehen, dass Projekte, bei denen es gemacht wird, auch wesentlich erfolgreicher laufen. Gegen einen ganzheitlichen Change Management Ansatz sehen wir jedoch immer noch viel Skepsis bei unseren Kunden.«

Mitarbeiter einbinden
Rainer Dunkel, CPC.

Gerade dann, wenn Mitarbeiter die anstehenden Veränderungsprozesse nicht unterstützten, ist es elementar, auf deren Vorbehalte einzugehen. Wer als Mitarbeiter in einem Projekt vor vollendete Tatsachen gestellt werde, prognostiziere für das jeweilige Projekt auch einen schlechten Verlauf – und halte an dieser Einschätzung fest, unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung. »Das ist eine zutiefst menschliche und verständliche Reaktion, und deshalb müssen Organisationen mit den Mitarbeitern herausfinden, wie es funktionieren kann. Das Ganze ist natürlich kein Wunschkonzert, und es gibt sehr viele Bedingungen, die man dabei berücksichtigen muss. Doch am Ende des Tages stehen Mitarbeiter ohnehin im Mittelpunkt, wenn im laufenden Betrieb mit neuen Prozessen und veränderten Organisationsstrukturen alles nach Plan funktionieren soll. Genau das macht dann den Unterschied«, bilanziert Rainer Dunkel.

Unternehmenskultur berücksichtigen

Wo eine eher hierarchisch geprägte Führungskultur vorherrsche, sei es oft schwierig, Change Management voranzubringen – doch gerade dort sei es besonders notwendig, findet Thomas Holzmann. Er sagt: »Die Unternehmenskultur hat einen großen Einfluss darauf, wie schnell oder langsam ein Veränderungsprozess ablaufen kann.« Diese Kultur definiere letztlich auch, inwieweit Mitarbeiter den Prozess mitgehen könnten und wollten. »Wenn die Mitarbeiter es nicht annehmen, wird es nicht funktionieren« sagt Rainer Dunkel. Er umschreibt das mit dem Begriff »kulturkompatibel« – eine Anforderung, die ein Change-Projekt erfüllen muss. »Ob es das ist, kann man nicht herausfinden, indem man ein rein technisches Manuskript erstellt, einen Preis dafür festlegt und das Ganze ausschreibt. Das funktioniert nicht mehr.«

Agilität lernen
Veränderungen sind oft negativ belegt.

Die IT-Welt setzt sich schon seit Jahren mit agiler Projektentwicklung auseinander. Dabei geht es vereinfacht gesprochen darum, Projekte schrittweise umzusetzen, neue Anforderungen oder Erkenntnisse permanent zu berücksichtigen, direkte Kommunikationswege zu etablieren, Teilaufgaben konsequent zu erledigen und sich in Reviews dauerhaft kritisch mit dem Projektverlauf auseinanderzusetzen.

Solche Agilitätsprinzipien können IP-Projekte, wie sie zunehmend bei vielen Broadcastern anstehen, durchaus erleichtern, findet Rainer Dunkel. Und auch wenn manche Unternehmen zunächst Schwierigkeiten mit diesem Ansatz haben, glaubt er, dass ein agiler Projektansatz vor allem in Kombination mit Change Management den größten Erfolg verspricht.

Werkzeuge nutzen
Der Weg von der Installation in die Implementation.

»Wir lernen in unseren Broadcastprojekten viele engagierte Mitarbeiter kennen, treffen aber auch auf frustrierte Mitarbeiter. Ich bin mir jedoch sicher, dass diese Mitarbeiter wieder eine Perspektive sehen, wenn ein Change-Projekt mit der richtigen Methodik umgesetzt wird«, urteilt Thomas Holzmann.
Rainer Dunkel ergänzt: »Change Management liefert das Vorgehen, um notwendige Veränderungen gemeinsam zu definieren. Dabei können Sie sich aus einem Werkzeugkasten mit verschiedenen Tools bedienen, die helfen, einen unabwendbaren Veränderungsprozess erfolgreich umzusetzen. Viele Kommunikationssünden werden dadurch verhindert und mit möglichst offener und menschlicher Ansprache ersetzt.

Martin Olff, Rainer Dunkel, Natascha Vostrovsky und Thomas Holzmann bei der ACMP-Veranstaltung im vergangenen Jahr.

Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten sich Führungskräfte intensiver mit Change Management auseinandersetzen, findet Rainer Dunkel. »Die Angebote hierfür sind da und werden vielfach thematisiert, etwa bei Messen, bei Veranstaltungen wie den Technology Innovation Days (siehe Bericht). »Weil aber die Auftraggeber oft selbst Teil des Change-Management-Prozesses sind, gibt es natürlich eine gewisse Zurückhaltung«, erklärt Dunkel, doch wer sich mit dem Thema auseinandersetze, verliere meist schnell die Angst davor. Kleinere Projekte etwa seien eine Möglichkeit, Change Management umzusetzen und erste Erfahrungen zu sammeln.

Eine wichtige Empfehlung sei, stets transparent zu arbeiten. Das möge abgedroschen klingen, doch wer Betroffene regelmäßig informiere, etwa per Newsletter oder über eine spezielle Homepage, und zudem eine Möglichkeit für Betroffene schaffe, Feedback zu geben, sei schon einen großen Schritt weiter im Veränderungsprozess. Mit dem richtigen Vorgehen müssten Projekte nicht mehr scheitern, resümiert Dunkel.

Chancen ergreifen

Thomas Holzmann erklärt, dass das Projektmanagement nicht nur Budget, Ausschreibung und Termine umfassen sollte, sondern auch die Veränderung der Organisation und die Fortbildung der Mitarbeiter im Auge behalten müsse. »Wenn Change Management auf diesem Weg natürlicher Bestandteil des Projektmanagements wird, ist manche Besorgnis rasch verschwunden, und so hilft es, die Situation für alle Beteiligten zu verbessern.«