Editorial, Kommentar, Top-Story: 31.08.2006

Schöm gub’n Ahm, Herz willkommen

Natürlich wissen Sie, was der Meteorologe Kachelmann eigentlich meint, wenn er die Zuschauer am Ende der Tagesthemen mit diesen Worten begrüßt: Schönen guten Abend, herzlich willkommen. Aber wäre es nicht schön, wenn er das auch tatsächlich sagen würde?

Ja, es ist Jörg Kachelmann, der so spricht und nicht der aserbaidschanische Herzchirung Schöm Gub’n Ahm, der sie in seiner Klinik begrüßt und auch kein senegalesischer Koch gleichen Namens, der Sie nach den Innereien fragt, die Sie auf Ihrer Grillplatte wünschen.

Weshalb ist das so? Weshalb drängen sich im Fernsehen so häufig Menschen als Moderatoren vor die Kamera, die nuscheln, hudeln und näseln, die kaum einen geraden Satz sprechen können? Natürlich gibt es auch rühmliche Beispiele und es geht auch nicht darum, dass man sich mal beim schwierigen Namen eines ausländischen Sportlers oder Politikers verspricht. Aber leider fällt die Qualität der Moderationen und Off-Kommentare im Fernsehen oftmals stark ab. Und obwohl das extrem unprofessionell wirkt, hält es offenbar kaum einer dieser Behelfsmoderatoren für nötig, zumindest ein ganz simples Sprechtraining zu absolvieren.

Kann man nicht verlangen, dass bei Nachrichten und Magazinbeiträgen korrekt, verständlich und akzentuiert gesprochen wird? Man könnte noch gehässig anfügen: Besonders bei Sendern, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Hörgeräteträgern unter ihren Zuschauern haben?

Die Aufregung über die verkorkste Rechtschreibreform flammt immer wieder auf, aber was mit dem gesprochenen Wort im Fernsehen veranstaltet wird, ist um keinen Deut leichter zu ertragen.

Besserung ist nicht in Sicht, leider scheint es sogar so zu sein, dass sich unprofessionelles, amateurhaftes Arbeiten in immer mehr Bereichen des Fernsehens zu einem besonderen Kennzeichen entwickelt — etwa auch in der Technik. Daran haben mit Sicherheit auch die veränderten Arbeitsbedingungen einen Anteil — aber dass es daran allein liegen könnte, das mag man eigentlich auch nicht glauben, wenn man mit offenen Augen und Ohren die TV-Landschaft durchstreift.

Vielleicht folgt das Ganze einfach einer allgemeinen gesellschaftlichen Tendenz. Bei ehrlicher und selbstkritischer Eigenbeobachtung muss man doch feststellen: Fast jeder stümpert in bestimmten Bereichen hemmungslos herum. Kennen Sie sich mit den Softwares und Geräten, die Sie benutzen, wirklich gut aus? Oder probieren Sie nicht auch des Öfteren mal einfach nur herum und versuchen, »irgendwie« das aktuelle Problem zu lösen? Natürlich nicht ohne sich vorzunehmen, sich demnächst mal richtig einzuarbeiten — wofür dann aber leider doch wieder keine Zeit bleibt. Aber wenigstens mit Ihrer Haupttätigkeit, mit dem Kern Ihres Metiers kennen Sie sich doch aus? Sicher!

Was aber mit Rumprobieren und Workarounds im Kleinen oft sehr lange funktioniert und manchmal sogar zu erstaunlich guten Resultaten führt, das kann im Großen schnell mal massiv ins Auge gehen. Ob sich die Verantwortlichen im Gesundheitswesen, bei den Sozialsystemen, bei der Rente und in der Wirtschaft wirklich auskennen? Oder probieren die auch nur rum?

Sie werden sehen.