Editorial, Kommentar: 24.08.2017

Schallmauer durchbrochen. Die nächste bitte …

Kommentar zur Frage, welchen Einfluss die Transfersummen im Fußball auf die die Sportproduktion haben.

Ende vergangenen Jahres wechselte der 25-jährige brasilianische Fußballspieler Oscar für eine Transfersumme von rund 60 Millionen vom FC Chelsea zu Shanghai SIPG. Noch nie was von diesem Verein gehört? Das dürfte auf viele Clubs der chinesischen Liga zutreffen, aber weil es nicht nur superreiche Scheichs und Oligarchen, sondern auch superreiche Chinesen gibt, zahlen nun halt auch chinesische Vereine Rekordsummen für Spielertransfers. Fußballspieler, die nach China wechseln, müssen derzeit zwar meist noch viel Häme einstecken, aber die Tränen darüber können sie ganz gewiss mit ihren Kontoauszügen trocknen: Wo große Transfersummen aufgerufen werden, stehen schließlich auch große Gehälter im Raum.

60 Millionen sind natürlich fast noch überschaubar im Vergleich zu den 222 Millionen, die Anfang August 2017 über den Tisch gingen, als der brasilianische Nationalspieler Neymar vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain (PSG) wechselte. Ein neuer Transferhammer! Bis dahin war die höchste Ablösesumme für Paul Pogba bezahlt worden, als der von Juventus Turin zu Manchester United wechselte — für 105 Millionen Euro.

Die Bundesliga spielt im Transfer-Wahn eine nahezu untergeordnete Rolle.

Über solche Transfersummen herrscht auf verschiedenen Levels eine mitunter recht heftige Erregung. Fußball ist eben für viele — vor allem auf der Fanseite — eine Herzenssache, ein emotionales Ding. Interessant ist aber dennoch, dass nun manch einer so tut, als träfe es ihn völlig überraschend, dass es im Profifußball zu wesentlichen Teilen auch ums Geld geht. Als hätte es bis gestern noch eine vollkommen heile Welt des Vereinsfußballs gegeben, in der sich eben hin und wieder ein paar Freunde zum Kicken trafen.

Mitunter wird auch gern die Frage gestellt, ob solche Summen noch in irgendeiner Relation zur Leistung der Spieler stünden. Das ist natürlich eine scheinheilige, fast alberne Frage, die in Wahrheit lauten muss: Lohnt sich das Investment, kann also mit dem Transfer mehr Geld generiert werden, als er kostet? Und hier kommt in letzter Konsequenz jeder einzelne Fan ins Spiel: Mit jedem Trikotkauf, jedem Pay-TV-Abo, jeder Eintrittskarte, jedem Merchandising-Artikel entscheidet er nämlich mit, ob und wie diese Geldmaschine weiter läuft.

Die heile Welt des Vereinsfußballs, die sich die Fans wünschen, gibt es in den hohen Ligen schon längst nicht mehr. Fußball ist einfach nur ein großes Business geworden — wenn auch mit einer emotionalen Seite. Das mag der Fan nicht hören und bezichtigt die DFL, den DFB oder die großen Vermarktungs-Organisationen wie Fifa oder Uefa, den Fußball nur auszunutzen. Kritik ist in vielen Bereichen ganz sicher angebracht. Aber leider lauten die Gründe dafür, dass dieses Konzept aufgeht: Alle machen mit, viele finden es toll — und viele verdienen auch sehr gut daran.

Auch Teile unserer Branche profitieren direkt oder indirekt von der Übertragung von Fußballspielen im Fernsehen und im Internet: Sollte man da nicht den Ball ganz besonders flach halten, wenn solche Themen diskutiert werden?

Schließlich dreht sich eben auch in der Produktion der Spiele die Spirale immer weiter: 40 Kameras bei einem Fußballspiel? Her damit. VR und 360 Grad? Unbedingt. Für die Premiumspiele ist das Beste nun mal gerade gut genug — solange es jemanden gibt, der dafür bezahlt.
 
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