Editorial, Kommentar: 06.04.2016

Was uns eint

Viele Menschen zählen die Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit der westlichen Wertegemeinschaft zu den größten gesellschaftlichen Errungenschaften überhaupt — selbst wenn diese Formen der Freiheit zwischendurch auch mal wehtun können. Das glaubt auch die Redaktion von film-tv-video.de

»Like«: reicht das noch?

Man muss andere Meinungen oder einen anderen Kunstbegriff auch mal aushalten, wenn man in Freiheit leben will — solange es nicht beleidigend oder gar volksverhetzend wird, ist alles im grünen Bereich.
 
Dass dies viele Leute genauso sehen, kann man im Zeitalter der sozialen Medien und des Internets mitunter schon aus kleinem Anlass ablesen: Genau dann, wenn sich sehr rasch ganz viele solidarisieren, um gegen echte oder vermeintliche Angriffe auf diese Freiheiten zu protestieren.
 
Nun ist es natürlich wohlfeil, auch auf diese Wellen in den sozialen Medien gleich wieder draufzuhauen und alle als Heuchler und Weicheier zu beschimpfen, die »nur« den Like-Button klicken. Das kann man so sehen. Aber man kann auch sagen: Immerhin wird hier noch ein Mindestmaß an Beschäftigung mit gesellschaftlichen und politischen Vorgängen und so etwas wie eine Meinung sichtbar.
 
An einem anderen Ende dieser Diskussion steht aber auch: »Da müsste „die Presse“ mal richtig draufhauen, kritisch berichten und ihre Pressefreiheit nutzen.« Das hört man als Journalist immer wieder. Und in vielen Fällen stimmt es sogar. Das sagen die Leute aber üblicherweise nur dann, wenn sich die Aufmerksamkeit auf andere richten soll. Wer selbst im Zentrum kritischer Betrachtung steht, vertritt meist eine ganz andere Meinung.
 
Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt: Recherche und Meinungsfreiheit kosten Geld, etwa auch dann, wenn man sich als Journalist oder Medium beispielsweise gegen einstweilige Verfügungen, Abmahnungen und ähnliches wehren oder einen Anzeigen- und Informationsboykott durchstehen muss.
 
Wenn es aber an den Geldbeutel geht, schrumpft bei vielen der brennende Wunsch nach einer freien Presse und nach einem vielfältigen Meinungsangebot rasch wieder zusammen: So lange es weder Mühe noch Geld kostet, ist es leicht, Solidarität zu bekunden. Eine gesunde, starke, vielstimmige Öffentlichkeit aber braucht Unterstützung — tätige und finanzielle.
 
Sie werden sehen.

Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller
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