Branche, Top-Story: 09.07.2002

Fußball-WM: See you 2006

In einem von Plazamedia veröffentlichten Interview berichten Eduard Palasan, Leiter der Plazamedia-Außenproduktion und Geschäftsführer Florian Nowosad von den Besonderheiten der vergangenen Fußball-WM und von den Plänen für die kommende WM in Deutschland.

Eduard Palasan: Die WM 2002 war die am schwierigsten zu organisierende und produzierende WM in der Geschichte. Angesichts der technischen Infrastruktur bei 2 x 10 Stadien in jedem Land und der enormen Anzahl der unilateralen Signale, war das eine exzellente Meisterleistung der Kollegen von HBS, Host Broadcasting Services.

? Wie unterscheidet sich die Produktion 2002 von der 1998?

Eduard Palasan: Diese WM war ein Meilenstein der TV-Produktion und ein Beweis der Kompetenz im Bereich der multimedialen Aufbereitung und Vermarktung von Sport-Events. So wurde, zusätzlich zum »herkömmlichen« World-Feed, ein Supersignal-Paket bereitgestellt, das es in der Form und in dieser hohen Qualität noch bei keiner Veranstaltung zu sehen gab: Das Paket bestand aus einem »Tactical Feed«, den Feeds der jeweiligen Mannschaften, dem permanenten »Highlight Feed« und zusätzlich dazu noch vier weiteren »Isolated Feeds«, mit weiteren Kameraeinstellungen. Dieses Supersignal-Paket bot den TV-Broadcastern Live-Material, das auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse zugeschnitten war. Das ermöglichte auch kleinen Broadcastern zum ersten Mal eine weiterführende Berichterstattung, die vorher durch zu teure und aufwändige Eigenproduktion nicht realisierbar war.
Außerdem haben wir auch neue Kameraperspektiven gesehen: Die »Netcam«, eine im Tornetz fest installierte Chipkamera, und die Hintertor Kamerakräne waren wesentlich schneller und flexibler im Einsatz, als das, was wir bis jetzt kannten. Zudem war zum ersten Mal bei einer WM fast jede Kamera auf einer Slow-Motion-Maschine, die vernetzt untereinander einen sehr schnellen Zugriff auf die einzelnen Szenen erlaubt haben.
Nicht zu vergessen sind natürlich die sehr aufwändig und qualitativ mit vielen Kameras angereicherten HDTV Übertragungen der Kollegen aus Korea und Japan, die uns Europäer auf diesem Bereich der Fernsehübertragung längst überholt haben. Wer schon mal Fußball auf 16:9 HD gesehen hat, wird es so schnell nicht mehr vergessen.
Rückblickend lässt sich sagen, dass 1998 alles sehr überschaubar innerhalb Frankreichs abgelaufen ist, ohne hohe Reisekosten, ohne exorbitant teure Leitungskosten.
Diesmal wurden nicht nur in doppelt so viele Stadien gespielt, es mussten 2 IBCs aufgebaut werden, doppelt so viele Kommentatorenplätze instaliert und betrieben, Glasfaserleitungen mitten durch den Ozean verlegt und in Betrieb genommen werden.

? Um wieviel Prozent haben sich die Kosten Ihrer Produktionsaktivitäten dadurch erhöht, dass die WM in zwei Ländern stattfand?

Eduard Palasan: In zwei Länder zu produzieren, die auch noch durch ein Meer getrennt sind, wo man sich also nur mit dem Flugzeug hin und her bewegen kann, das alles macht eine solche Operation sehr kostenintensiv. Allein diese Umstände haben unser Budget um 40 % nach oben geschraubt, unabhängig davon, dass Asien ohnehin sehr teuer zum Leben und auch sehr teuer für TV-Produktionen ist. Angesichts dieser Situation schienen mir fast sogar die Preisangebote von HBS für die eine oder andere Dienstleistung ein Schnäppchen zu sein.

? Sind die Produktionskosten durch den deutschen Einzug ins Finale gestiegen?

Eduard Palasan: Natürlich, aber damit haben wir gerechnet. Wir haben alle budgetären Planungen so gemacht, dass wir einen Finaleinzug der deutschen Mannschaft vorweggenommen haben. Alles andere wäre nicht seriös gewesen. Die jeweiligen Umzüge der deutschen Mannschaft von einem Hotel zum anderen waren etwas überraschend für alle, auch für die Kollegen von ARD und ZDF. Nach einem Protest aller Medienschaffenden hat sich das dann alles beruhigt und wurde vom DFB nicht mehr so spontan entschieden.

? Geben Sie einen Ausblick auf 2006. Welche Innovationen können die TV-Zuschauer erwarten?

Florian Nowosad: Ich bin überzeugt, dass 2006 der absolute Durchbruch der multimedialen Produktion und Vermarktung sein wird. Das wird eine sehr große Herausforderung für alle an der Planung Beteiligten. UMTS, ADSL, Internet, Electronic Cinema, HDTV, Public Screenings werden komplett neue Produktionsmethoden von uns fordern, eine neue Signal-Aufbereitung und -Versorgung, aber mit Sicherheit auch die eine oder andere neue Kameraperspektive. Persönlich erhoffe ich mir 2006 den Durchbruch von 16:9 in Deutschland, eine Surround-Ton-Übertragung und Multi-Feed-Übertragung bei Premiere.

? Lassen sich die TV-Übertragungen 2006 durch technische Innovationen noch weiter verbessern?

Florian Nowosad: Allein die eine oder andere Kamera mehr wird 2006 kein wesentlich besseres Signal ergeben. Nicht die Kameraanzahl, sondern die Qualität der Inhalte wird die Übertragung 2006 einmalig machen. Emotionen zu transportieren, dem Zuschauer seinen Liebling, sein Idol näher zu bringen, das wird die große Herausforderung. Fernsehen funktioniert nur, wenn man Gefühle transportiert, weltweit, ohne Grenzen und unpolitisch. Die Nähe zu seinem Helden vermittelt dem Zuschauer das Gefühl, mitten drin zu sein, unmittelbar in der Nähe seiner Mannschaft, mittendrin in der Siegesfreude nach einem Tor. Aber auch voll dabei, wenn es gilt, die eigene Mannschaft in der Niederlage nach großem Kampf zu trösten. Diese Herausforderung ist viel größer, als noch mehr Kameras am Spielfeldrand aufzustellen.

? Wann beginnen Ihre Vorbereitungen für die WM 2006?

Florian Nowosad: Die Vorbereitungen für 2006 haben schon begonnen, bevor der Schlusspfiff zur WM 2002 ertönte. Die erste und wichtigste Vorbereitung für 2006 besteht für uns darin, unser tolles Team, soweit es auch nur möglich ist, zusammenzuhalten und noch mehr miteinander zu verschweißen.
Die Produktion in Asien, Plazamedia Schulter an Schulter mit PMM und entscheidend unterstützt von den Kollegen von HBS, das war die Erfolgsformel der WM 2002. Die Kollegen, die vor Ort waren, haben alle für sich unterschiedlichste Erfahrungen gemacht, aber sie werden alle wieder dabei sein. Der »Virus« wird uns nicht mehr loslassen. Das eine oder andere werden wir nicht mehr so machen, klar, man lernt aus den Fehlern. Den einen oder anderen Kompromiss werden wir auch nicht mehr eingehen. Aber wir werden alle dabei sein. Garantiert.

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T_0702_Plazamedia_WM.pdf