Editorial, Kommentar, Top-Story: 07.04.2010

Die Konsolidierung geht weiter

Positive Signale aus verschiedenen Wirtschaftszweigen nähren in jüngster Zeit die Hoffnung, dass es nun wirtschaftlich wieder schneller aufwärts gehen könnte. Das mag für die Wirtschaft insgesamt stimmen, aber von Branche zu Branche gibt es doch deutliche Unterschiede und auch regionale Spezifika spielen eine große Rolle: Während etwa in den USA die Nachfrage nach Autos wieder wächst, fallen viele Autohändler hierzulande nach dem Abwrackfieber des vergangenen Jahres nun in ein tiefes Loch.

Auch die Broadcast-Branche bietet natürlich keineswegs ein homogenes Bild, aber insgesamt gilt schon, dass hier eher mit weiteren Konsolidierungen zu rechnen ist. Nach Entlassungen und Umstrukturierungen muss man nicht lange suchen, aktuelle Beispiele sind Panasonic und der frühere Thomson-Konzern Technicolor mit seiner Tochter Grass Valley. Auch Sony und Avid mussten schon Federn lassen.

Selbst das komplette Verschwinden einzelner Anbieter oder größerer Firmenbereiche aus dem Broadcast-Markt könnte anstehen — auch die großen Namen der Broadcast-Branche sind davon nicht ausgenommen. Unter solchen Umständen steigt die Nervosität und Nachrichten werden oft überbewertet und falsch einsortiert: Was hat es zu bedeuten, wenn Apple — im Broadcast-Markt eigentlich auf der Gewinnerseite — angeblich fast das gesamte Motion-Entwicklerteam aufgelöst hat?

Als guter Nährboden für wilde Spekulationen praktisch aller Art hat sich auch stets die nun wieder anstehende Broadcast-Messe NAB erwiesen. Dort spielen aber neben den jeweils jüngsten Hypes und dem produktorientierten Tagesgeschehen, traditionell eher Übernahmen eine Rolle. Zeit für die etwas tiefer gehende Suche nach den Gründen der aktuellen Marktlage bleibt da nicht — und Lust hat darauf im Umfeld der schnellebigen Zockermetropole Las Vegas ohnehin kaum jemand.

Unterdessen mehren sich die Zeichen, dass die smarten Finanzjongleure das Interesse an der Broadcast-Branche weitgehend schon wieder verloren haben und es nun darum geht, aus den Scherben, die sie hinterlassen haben, wieder etwas Sinnvolles und längerfristig Orientiertes zu entwickeln: Lang genug ließ sich die Branche von fantastischen Wachstumsprognosen, steil aufragenden Charts und hohlen Phrasen einlullen.

Was ist beispielsweise aus der viel beschworenen Konvergenz von IT und Broadcast geworden? Von wegen Konvergenz, eine eiskalte Übernahme und die knallharte Verdrängung der Broadcast-Technik sind realistischere Wortbilder für das Massaker, das hier stattgefunden hat. Wer durch ein modernes Sendezentrum geht, sieht in den Geräteräumen statt vieler Gestelle mit spezialisierter Hardware und ganzer Fluchten mit Video-Equipment, heute noch ein paar Server und RAIDs, die über IT-Infrastrukturen miteinander verknüpft sind. Geschnitten wird an Office-PCs. Echte Broadcast-Technik gibt es noch am Anfang der Kette, etwa im Studio und dann wieder ganz am Ende, wo die Satelliten-Uplinks stehen.

So kämpfen die Teile der Branche, die diesen rasanten Wechsel nicht mitmachen konnten oder wollten, mit einem Bedeutungsverlust, der aber nicht nur die technische Seite betrifft, sondern letztlich im Bedeutungsverlust des Fernsehens als Leitmedium wurzelt. Konsolidierung ist da unumgänglich und gehört ebenso zur Realität, wie die Chancen, die sich aus solchen Veränderungen und Umwälzungen ergeben.

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