Branche, Top-Story: 24.10.2013

Medientage 2013: Aktuelle Branchentrends

Während der Medientage in München wird auch stets versucht, ein Bild von der Zukunft des Fernsehens zu zeichnen. Dabei stehen Medienpolitik und die Rahmenbedingungen im Vordergrund, aber einige Themen und Trends der Veranstaltung sind auch für den eher technischen geprägten Teil der Branche interessant. Dieser Beitrag fasst diesen Teilaspekt der Medientage zusammen: etwa die Zukunftsperspektiven mit Ultra HD, den Einfluss des mobilen Internet auf die TV-Landschaft, die Wachstumschancen des Fernsehmarkts und die Prognosen für Second- und Third-Screen-Anwendungen.

Entertainment auf allen Kanälen

Die TV-Landschaft werde sich in den nächsten Jahren massiv ändern, allerdings nicht so schnell wie häufig prognostiziert. So lautet ein Fazit des von Roland Berger Strategy Consultants veranstalteten Panels »Video 2020«. Im Zuge des Bewegtbild-Booms werden demnach weitere Player das Terrain betreten, neue Geschäftsmodelle entstehen und Bewegtbild sich auf allen Screens durchsetzen. Wer beim Konsumenten erfolgreich sein wolle, müsse neben Content auch Service bieten.

»Die zukünftige relevante Reichweite von Bewegtbildinhalten hängt nicht am Fernsehgerät, sondern an vielen Screens – sei es PC, Laptop, Tablet, Smartphone bis hin zu Spielekonsolen wie Xbox«. Davon ist Oliver Kaltner, Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Deutschland, überzeugt. »Diese befüllen wir mit Content: Wir sind gierig nach bestem und lokalem Content«, so Kaltner. Die entscheidenden Erfolgsfaktoren sind für ihn: »Devices, Services und Content — um nichts anderes geht es in Zukunft.« Dieser Meinung schlossen sich die andern Teilnehmer des Panels an — verfolgen dabei aber unterschiedliche Ansätze. Martin Ott, Managing Director Northern Europe bei Facebook beispielsweise, sieht das Social Network in der Rolle »der virtuellen mobilen Kaffeeküche«, also als Komplementärmedium zu TV und als Plattform, auf der über TV-Inhalte geredet werde. Stichwort sei hier »Social TV«. Facebook arbeite bereits heute eng mit TV-Häusern wie ProSiebenSat1 oder auch der ARD zusammen.

Karl König, Geschäftsführer von ProSiebenSat1 Deutschland, sieht sein Unternehmen in den Wachstumsfeldern »Parallelnutzung, Social TV und Multiscreen sehr dynamisch unterwegs.« Allerdings schränkt er bei aller Begeisterung für die neuen Nutzungsmöglichkeiten ein: »Die Sehdauer im klassischen TV hat sich in der Zielgruppe der 14bis 29-jährigen in den letzten zehn Jahren nicht verändert und unsere starken Marken wie »Top Model« oder »The Voice« funktionieren schon heute jenseits des TV-Bildschirms.« Alexander Mogg, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants, spricht ebenfalls von sehr »schleichenden, aber auch sehr stetigen Veränderungen.«

Der ehemalige RTL-Informationsdirektor Hans Mahr von MahrMedia rechnet auch noch 2020 mit einem zu 80 Prozent linearen TV-Konsum. Dennoch: »Die Zukunft des TV spielt sich auf allen Bildschirmen ab — Tablet, TV, Smartphone etc.« Hierfür werde sich die Branche ganz neu aufstellen müssen. Alte Feindschaften müssten sich auflösen und neue Allianzen geschmiedet werden: beispielsweise zwischen Broadcastern, die den Content liefern, und Kabelbetreibern, die die Inhalte vertreiben. »Diese alten Feindschaften werden beendet«, so seine Prognose. Stattdesse werde es neue Feindschaften von außen geben.

Neben angestammten Content-Häusern buhlen auch Kabelnetzbetreiber wie Unitymedia Kabel BW oder Telekommunikationsunternehmen wie T-Mobile um die Vorherrschaft im Bewegtbildmarkt. Lutz Schüler, CEO von Unitymedia Kabel BW, sieht sein Unternehmen aufgrund der Infrastruktur gut aufgestellt: »Wir wollen als Kabelnetzbetreiber mit großen Bandbreiten künftig nicht mehr nur die Pipe sein, sondern auch Content-Lieferanten.« Dabei setzt das Unternehmen auf Partnerschaften mit Content-Häusern. Bewegtbild sei schließlich ein Wachstumsmarkt. »Wir müssen das Wertschöpfungsmodell Entertainment einfach anders betrachten«, so Schüler.

Dem schloss sich Holger Enßlin von Sky Germany an: »Wir haben heute wesentlich mehr Handlungsoptionen für Pay TV als in den analogen Free-TV-Zeiten«, so der Sky-Vorstand. Als Beispiele führte er die Verbreitung von Pay TV-Inhalten über die Xbox, IPTV, Kabel und über Mobile an. Die zentrale Frage lautet aus seiner Sicht: »Wie bekommen wir die Inhalte zu unseren Kunden — und zwar benutzerfreundlich.«

Genau darüber macht sich auch Michael Hagspihl Gedanken: »Einfachheit ist ein Erfolgsfaktor«, so der Marketingchef der Deutschen Telekom. So biete sein Unternehmen adäquate Tarife mit entsprechenden Angeboten. Als Beispiel nannte er das T-Entertain-Angebot, das Telefonie, Internet und TV bündle. Die Deutsche Telekom werde in den nächsten sechs Jahren über sechs Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren, damit die bewegten Bilder auch ruckelfrei bei den Usern ankommen.

Alexander Mogg, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants, fasste zusammen: »Wir haben in Deutschland eine Super-Infrastruktur, wir haben Content und Distributionswege. Alles liegt auf dem Tablett, wir müssen es nur aufheben.«

Die TV-Macher erleben Wachstum auf allen Feldern

In einer von Eutelsat in Auftrag gegebenen Studie wird dem Massenmedium Fernsehen eine chancenreiche Zukunft prophezeit. Die Experten bei der Diskussionsrunde verwiesen etwa darauf, dass sich in Deutschland die Zahl der TV-fähigen Endgeräte in wenigen Jahren auf insgesamt 30 Millionen vervielfacht habe.

Christian Heinkele, Director TV & Regulatory Affairs bei Eutelsat VisAvision, stellte im Gespräch mit dem Moderator Dr. Klaus Winkler die Ergebnisse der GfK-Enigma-Studie »FernsehVisionen – Wie entwickeln sich die TV-Nutzung, die Endgeräte und das Angebot?« vor. Demnach befinde sich TV im Wandel, bleibe aber auch in den kommenden fünf Jahren das wichtigste Massenmedium. Der Einfluss des Internets und der sozialen Netzwerke werde sich jedoch verstärken. Dennoch bestehe die führende Rolle der Vollprogramme fort: »58 Prozent der Nutzung entfallen weiter auf die öffentlich-rechtlichen und die großen, privaten Veranstalter«, erwartet Heinkele. Und: »Fernsehen bleibt wichtigster Werbeträger.«

Zu den Veränderungen, die in einer Umfragestudie unter 40 Top-Entscheidern der TV-, Werbe- und Gerätebranche ermittelt wurden, zählt vor allem die zunehmende Fragmentierung des Marktes. Neue TV-Sender kommen auf den Markt und werden dabei in ihrer Ansprache immer zielgruppenspezifischer. Um das Absinken der Senderrelevanz zu verhindern, gelte es daher, die Sender- und Programm-Marken zu pflegen. In dieser vielfältigen TV-Landschaft wird Orientierung und das Empfehlungsmarketing zu den Schlüsselfaktoren, so die GfK-Enigma-Studie. Live-Events werden demnach auch in Zukunft ein Massenpublikum erreichen, während Hollywood-Blockbuster in ihrer Bedeutung abnähmen. Herausforderung und Chance zugleich ist der Second Screen, der künftig verstärkt Aufmerksamkeit auf sich ziehe. Und: Die Zahlungsbereitschaft für Bewegtbildinhalte soll weiter steigen.

In der Diskussion berichtete Arnd Benninghoff, Chief Digital Officer bei ProSiebenSat1 Media, über seine Erfahrungen in den USA. »Die Fernsehmacher dort sind mutig und experimentieren«, meinte Benninghoff, sieht die deutsche TV-Branche aber durchaus auf Augenhöhe. Entscheidend sei, dass das TV-Erlebnis personalisiert und auf die Bedürfnisse der Zuschauer zugeschnitten sei. Andre Prahl, Leiter Programmverbreitung im Cologne Broadcasting Center (CBC), beobachtet in allen Geschäftsfeldern ein rasantes Wachstum. Die Zahl der TV-fähigen Endgeräte habe sich zum Beispiel auf insgesamt 30 Millionen vervielfacht. Allerdings, so Prahl, werde es zunehmend schwieriger, ein Vollprogramm wie RTL im Zentrum der Aufmerksamkeit zu platzieren.

Martina Rutenbeck, Geschäftsführerin Eutelsat Services & Beteiligungen, freute sich über die Botschaft der Studie: »Die traditionelle Art Fernsehen hat Bestand.« Mit der wachsenden Zahl an Empfangsgeräten würden jedoch integrierte Programmführer (EPGs) wichtig, um den Wechsel zwischen den Devices nahtlos zu gestalten, denn: »Die Lean-Back-Erwartungshaltung bleibt.«

Verstärkung statt Verdrängung

Das Internet ist und bleibt der Treiber der Medienwirtschaft. Bis ins Jahr 2017 sollen die Konsumentenausgaben und Werbeinvestitionen ins World Wide Web jährlich um 6,3 Prozent auf dann 23,8 Milliarden Euro steigen. Die Erlöse im Bereich Fernsehen sollen im selben Zeitraum Jahr für Jahr um 1,9 Prozent auf absolut 14,3 Milliarden Euro wachsen. Das sind nur zwei Ergebnisse der aktuellen Ausgabe des »German Entertainment and Media Outlook 2013-2017«, die von der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers präsentiert wurden. Im Mittelpunkt der sich an die Präsentation anschließenden Diskussion stand aber ein ganz anderes Thema: Welche Chance hat das Medium TV im Kampf gegen das Internet?

»Das klassische TV ist nicht tot. Ganz im Gegenteil: Die TV-Nutzung ist sehr robust und die hinter TV stehenden Geschäftsmodelle ebenso«, machte Martin Krapf, Geschäftsführer vom Wirkstoff TV, deutlich. Wirkstoff TV ist eine gemeinsame Initiative der TV-Vermarkter für Gattungsmarketing. Die Allianz repräsentiert mehr als 95 Prozent des deutschen TV-Werbemarktes. Krapf widersprach der Aussage von Jari Sengera, Senior Manager bei PricewaterhouseCoopers, junge Zielgruppen würden das Internet und Video on Demand (VoD) dem linearen Fernsehen verstärkt vorziehen. Mehr noch: »Der Wert von linearem TV wird in Zukunft steigen, auch wenn die Reichweiten zurückgehen würden«, prognostizierte Krapf. Dies zeige ein Blick in die USA, wo der nichtlineare TV-Konsum wesentlich höher als in Deutschland sei.

Joel Berger, Industry Leader Media & Entertainment bei Google Germany, schloss sich der Meinung von Krapf an. Schließlich gehe der TV-Nutzer an sich ja nicht verloren, wenn er Bewegtbild beispielsweise via Internet anschaue. Berger sagte, das Google-Tochterunternehmen YouTube sei zwar kein linearer TV-Kanal, habe aber dennoch viele Berührungspunkte mit dem Medium TV. Die Videoplattform biete professionelle Inhalte, zielgruppengerechte Werbung in enormer Reichweite und eröffne somit Produzenten eine Plattform, Geld zu verdienen. Trotz der hohen Abrufzahlen von YouTube-Videos und der langsam steigenden VoD-Nutzung sieht Krapf das klassische Fernsehen weiterhin im Vorteil, weil vor allem die Nutzungszeit im linearen TV-Bereich wesentlich länger sei. »95 Prozent der Bewegtbildnutzung ist linear«, sagte Krapf. YouTube vergleiche Äpfel mit Birnen, wenn es die durchschnittlichen TV-Reichweiten den Kontakten mit Videos auf YouTube gegenüberstelle.

Markan Karajica, Vorsitzender der Geschäftsführung von ProSiebenSat1 Digital, beschrieb die Vorteile des Zusammenwachsens beziehungsweise des Zusammenspiels der beiden Verbreitungswege Fernsehen und Internet wie folgt: »Ob Social TV, Second Screen oder TV – die Kanäle pushen sich gegenseitig.« So werbe ProSiebenSat1 aktiv im Fernsehen für seine Online-Formate und verweise umgekehrt online auf TV-Sendungen.

»Wir sind ein Content-Haus. Wir bieten unsere Inhalte auf allen Plattformen und nutzen alle Geschäftsmodelle — werbefinanziertes Free TV oder Pay-TV über Maxdome. Schließlich wollen wir die Wertschöpfungskette verlängern und nicht abklemmen«, sagte Karajica. Bei Formaten für vorwiegend junge Menschen wie »The Voice of Germany« oder »Germany’s Next Topmodel« hätten sich Second Screen und Social TV bewährt. »Verdrängung nein, Verstärkung ja«, beurteilte der Vorstand das Wechselspiel zwischen den Kanälen.

Gelassen zeigte sich die Runde gegenüber den Bemühungen von Endgeräteherstellern, die bekanntermaßen ebenfalls um eigene Anteile im Bewegtbild-Content-Markt kämpfen und damit begonnen haben, eigene Menüs mit Online-Inhalten zu füllen. Als Vertreter der Smart-TV-Anbieter saß André Schneider, Head of Product Strategy bei Samsung, auf dem Podium. Schneider erklärte zum Anspruch des südkoreanischen Unterhaltungsriesen: »Wir wollen den Kunden im linearen und nonlinearen Bereich Content-Erlebnisse über alle Screens bieten.« Sendermarken wie ProSiebenSat1 sei davor nicht bange, betonte Karajica: »Wir pflegen Partnerschaften mit den Endgeräteherstellern. Wenn beispielsweise Maxdome auf einem Smart-TV von Samsung vorinstalliert ist, profitieren alle.«

Lineares TV lebt, aber nicht alleine

Marktforscher von TNS Infratest gaben erste Einblicke in die Ergebnisse einer Studie, die zusammen mit EyeSquare erstellt wurde. Demnach ist ide Nutzung eines Second Screens parallel zum Fernsehen heute weit verbreitete Realität. Es gebe sogar eine Tendenz zum Third Screen, der vom Fernsehkonsumenten ebenfalls Aufmerksamkeit bekomme. Meist sei der Second Screen heute ein Smartphone. Tablet oder Laptop würden demnach immer häufiger als Third Screen genutzt. Trotz dieser Multiscreen-Nutzung erhalte der klassische TV-Bildschirm beim Fernsehen, gemessen am zeitlichen Aufwand, mit mehr als zwei Dritteln der TV-Nutzungsdauer noch immer am meisten Aufmerksamkeit. Diese Trends zählen zu den wichtigsten Erkenntnissen der aktuellen Studie über Nutzung und Nutzungsmuster im Second-Screen-Bereich.

Kommt während des Fernsehens ein Smartphone zum Einsatz, dann in erster Linie zur Kommunikation mit Freunden über Telefonate und E-Mails oder zum »Chatten« in sozialen Netzwerken. In den meisten dieser Fälle habe die Smartphone-Nutzung keinen Bezug zum Inhalt der Sendung, die zeitgleich im Fernsehen läuft. Gefällt dem Konsumenten ein TV-Werbespot besonders gut, dann begebe er sich mit dem Second Screen auf Produktrecherche im Internet und entscheide sich anschließend manchmal auch gleich zum Online-Kauf eines im Fernsehen beworbenen Produktes. Das Tablet oder Notebook werde als Third Screen hauptsächlich für die Suche nach Informationen allgemeiner oder sendungsbezogener Art eingesetzt.

Andrea Geißlitz, Associate Director von TNS Infratest Media Research, sagte, die »parallele Nutzung von Second Screens ist ein bisschen Hype, aber Realität der TV-Nutzung«. Trotz der neuen Screens werde auch weiterhin häufig das Geschehen nur auf nur einem Bildschirm verfolgt, nämlich dem TV-Gerät. Bei den Nebentätigkeiten nehme aber die Nutzung von Computer und Internet gegenüber Essen, Hausarbeiten, Lesen etc. vor allem bei den 14- bis 29-Jährigen zwar zu, dieser Trend der Parallelnutzung sei aber nicht auf alle anderen Altersgruppen übertragbar. In Bezug auf die Akzeptanz einer Sendung, die im Fernsehen verfolgt werde, sei diese bei den Probanden größer gewesen, die sich mit dem Smartphone über soziale Onine-Netzwerke zum Inhalt des Programmformats austauschen. Diese Form des sogenannten »Social TV« steigere die Bindung der Zuschauer an Programmformate.

Dr. Matthias Rothensee, Director Research des Markforschungsunternehmens EyeSquare, stellte diejenigen Teilergebnisse der Studie vor, die Gründe für den Aufmerksamkeitswechsel zwischen den verschiedenen Screens beleuchteten. Untersucht wurden die Motive für einen Wechsel mit dem Eye-Tracking-Verfahren, sowie mit Interviews. Probanden, die sich hauptsächlich dem TV-Bildschirm zuwandten, nutzten den Second Screen, wenn das Fernsehprogramm sie langweilte. Was die Aufmerksamkeit sofort wieder auf den TV-Screen lenke, seien Produkt-Werbespots.

Ein weiteres Ergebnis der Studie lautet wie folgt: Steht der Fernsehkonsum für langzeitige und passive Aufmerksamkeitszuwendung, bleiben die Second- und Third-Screen-Zuwendungen »Sekundentätigkeiten«, bei denen das Tablet sich bezüglich der Nutzungsdauer und der Nutzungshäufigkeit dem Smartphone immer mehr annähert. »In Zukunft wird es interessant sein zu beobachten, ob die Second und Third Screens dem Fernsehbildschirm noch Nutzungszeit abringen können«, lautete der Ausblick von Rothensee.

Gerald Neumüller, Director Research von SevenOne Media, unterstrich die Verstärker- und Rückkanalfunktion von Second Screens. So kam die Studie zu dem Ergebnis, dass Second Screens einen wichtigen Rückkanal zu den vom Fernsehzuschauer konsumierten Inhalten bilden, indem die TV-Zuschauer im Internet zu Produkten recherchieren, die im TV-Spot beworben wurden. Sucht der Nutzer parallel im Internet nach Zusatzinfos zu dem Produkt, steige die Werbewirkung, da sich bei Parallelnutzung die Produkterinnerung der Werbeeinblendung erhöhe. Vor allem bei Werbespots, die den Probanden gefallen, weil sie diese als »kreativ gemacht« wahrnehmen, steige die Parallelnutzung und somit die Werbewirkung. »Der Nutzen der Second Sreens als Werbeverstärker erhöht sich für Werbetreibende über kreative Spots«, zeigte sich Neumüller überzeugt.

Bei einer Studie, die Dr. Matthias Wierth-Heining vorstellte, standen die sogenannten Millennials, also die 14 bis 24-Jährigen und deren Nutzungsverhalten beim Konsum von Videoinhalten, im Mittelpunkt. Der Leiter des Bereichs Research & Insights bei Viacom International Media Networks Northern Europe berichtete, diese Generation nutze Videoinhalte auf TV, Second und Third Screens sowie auf verschiedenen Internetplattformen wie YouTube. Im Tagesverlauf betrachtet, liege zur Primetime die TV-Nutzung an erster Stelle, gefolgt von Laptop und Smartphone. Dabei sei die Nutzung von Video-on-Demand gegenüber der Nutzung von Live-TV fast ausgeglichen. Welcher Screen eingesetzt werde, hänge vom Genre ab. Spielfilme würden hauptsächlich im Fernsehen geschaut, Musikvideos und Videoclips spielten die Millennials auf den Second Screens in Form von Smartphones und Notebooks ab. »Je mobiler das Gerät, desto kürzer die Inhalte«, brachte Wierth-Heining das Nutzungsverhalten Jugendlicher und junger Erwachsener auf den Punkt.

Perspektiven für Ultra HD

Das Astra Ultra HD Panel informierte Besucher über die Perspektiven von Ultra HD – der Schwerpunkt lag dabei auf der Ausstrahlung und dem  Empfang im Wohnzimmer, aber es wurde auch die Produktion von Ultra-HD-Inhalten gestreift. Experten aus verschiedenen Bereichen diskutierten bei dem Panel die Erfolgsfaktoren von und für Ultra HD, sowie die Potenziale für Hersteller, Sender und Infrastrukturanbieter.

Den Einstieg in das Thema bestritt Dr. Hans Hoffmann, Head of Media Fundamentals und Production Technology bei der EBU, mit einem Impulsreferat. Aus seiner Sicht ist die Consumer-Industrie der wichtigste Treiber auf dem Weg zu Ultra HD. Angesichts der Tatsache, dass viele Sender aktuell noch mit dem Transfer von SD zu HD beschäftigt sind, sieht er aber noch eine längere Wegstrecke hin zu Ultra HD voraus und glaubt, dass sich hier sicher eher private als öffentlich-rechtliche Sender profilieren werden.

Hoffmann macht einen deutlichen Bedarf aus, die einzelnen Spielarten höherer Auflösung genauer zu definieren und erläuterte Begriffe wie 4k, UHD-1, UHD-2, SHV. Aus seiner Sicht darf Ultra HD auch nicht auf eine höhere Auflösung beschränkt bleiben. So hätten Tests der EBU ergeben, dass Faktoren wie höhere Bildraten (HFR), ein höherer Dynamikumfang (HDR), ein größerer Farbraum und immersives Audio mindestens ebenso wichtig seien und teilweise sogar einen größeren Einfluss auf das Zuschauer-Erlebnis hätten.

Stephan Heimbecher, Head of Innovation & Standards, Sky Deutschland, berichtete von den ersten Erfahrungen, die Sky mit Ultra HD gemacht habe und kündigte an, dass sein Arbeitgeber im kommenden Jahr weitere Tests im Sportbereich als Showcases aufsetzen werde.

Bis die technischen Voraussetzung für eine Ausstrahlung von Ultra HD gegeben sind, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Ian Trow von Harmonic wies darauf hin, dass man auf der Sendeseite frühestens 2016 im größeren Stil über die nötigen HEVC-Chips/Codecs verfüge, und Seriengeräte anbieten könne, die mit UHD umgehen können. Aus seiner Sicht werden auch Software-Codecs für UHD eine wachsende Bedeutung haben.

Thomas Wrede, Vice President Reception Systems SES, Luxemburg, wies darauf hin, dass der Wechsel von SD zu HD nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums stattgefunden habe, dass Astra aber mittlerweile mit 1.700 HD-Kanälen on air sei. Eine ähnliche Entwicklung prognostiziert er für Ultra HD.

Dr. André Schneider, Head of Product Strategy bei Samsung Electronics, ist sich sicher, dass der Endkunde Ultra HD annehmen werde. Schon jetzt sorgten die Hersteller für eine gute Durchdringung mit den entsprechenden Panels, so Schneider. Bei Samsung werde zudem  viel Energie in die Entwicklung von SmartTV gesteckt, um damit junge Kunden zurückzugewinnen.

Auch bei Sky denkt man über alternative Nutzungsmöglichkeiten des großen 4K-Schirms nach und kann sich vorstellen, beispielsweise mehrere Quellen darauf darzustellen. »Das ist keine revolutionäre Idee, aber es bietet Möglichkeiten für neue Angebote«, urteilt Stephan Heimbecher.

Insgesamt waren sich die Panel-Teilnehmer weitgehend einige darin, dass Ultra HD weitaus größere Chancen für eine hohe Marktdurchdringung aufweise, als es etwa Stereo-3D je hatte. Am positivsten zeigte sich SES Astra, als Thomas Wrede prognostizierte, das man in fünf Jahren schon zahlreiche UHD-Kanäle on air haben werde.