Editorial, Kommentar: 11.04.2018

NAB2018: Konsolidierung

Die NABShow wurde stets gern als Rahmen für die Bekanntgabe von Übernahmen oder Fusionen genutzt. Eingefädelt wurden diese Deals natürlich schon lange im Voraus, niemand kauft schließlich spontan mal zur Messe ein anderes Unternehmen, außerdem gilt es in der Regel zumindest, im Vorfeld eine Due-Diligence-Prüfung zu absolvieren, um die wirtschaftlichen Risiken abschätzen zu können.

In diesem Jahr hatte die Grass-Valley-Mutter Belden schon Wochen vor der NABShow bekanntgemacht, dass man SAM übernehmen und mit Grass Valley verschmelzen werde. Das ist einer der größten und vielleicht auch einschneidendsten und weitreichendsten Deals in der Broadcast-Branche seit mehreren Jahren. Weitere große Akquisitionen wurden zumindest während der NABShow nicht bekanntgegeben, aber einige kleinere Übernahmen durchaus.

Wenn die Griffelspitzer kommen, bleibt vom alten Unternehmen oft nicht viel übrig.

So geht »das große Fressen« in der Branche weiter. Belden schluckte erst Miranda, dann Grass Valley und nun SAM, daraus wird ein etwas größeres Grass Valley — aber eben kein linear anwachsendes: Ziel jeder Übernahme ist es schließlich auch immer, Kosten zu sparen und Synergien zu nutzen. De facto schrumpft also die Anbieterseite der Broadcast-Branche mit diesem Schritt.

Überraschen kann das keinen, der mit offenen Augen und Ohren in der Branche unterwegs ist. Da hilft auch kein Drumrumreden und kein Pfeifen im Wald: Die klassische Broadcast-Branche schrumpft. Das kann man an vielen Stellen sehen und das wird auch weitergehen.

Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) etwa, hat zwar die No-Billag-Initiative, die ihre Abschaffung wollte, recht gut überstanden: mehr als 70 % der Schweizer wollen die SRG behalten und sind bereit dafür Beiträge zu bezahlen. Aber die Kritik am Sender im Vorfeld der Abstimmung nimmt die SRG dennoch zum Anlass, ein Sparkonzept umzusetzen. Auch die deutschen Broadcaster im öffentlich-rechtlichen Bereich befinden sich mitten in Sparprogrammen, müssen Stellen abbauen und an allen möglichen Stellen sparen. 

Dass daraus kein Investitionsfeuerwerk erblühen wird, ist klar — und das werden die Hersteller spüren. Auch die privaten TV-Anbieter zeigen derzeit nur wenig Neigung, in klassische TV-Technik zu investieren. Wenn investiert wird, dann höchstens in Effizienzsteigerungen und eher in Geschäftsfeldern, mit denen man jüngere Zielgruppen erreichen will: Games, Apps, E-Sport, Online, Streaming.

Es gibt aber durchaus auch Volumenwachstum in der Branche: Da sind etwa die Netflix- und Amazon-Serien — und da ist auch die Tatsache, dass heute mehr Videos produziert werden als jemals zuvor, weil etwa Unternehmen heutzutage Video und Streaming ganz selbstverständlich in ihr Kommunikations-Portfolio übernommen haben. Aber brauchen diese Märkte klassische Broadcast-Technik? Eher nicht.

Und natürlich wird auch ein Markt wie etwa die Live-Sportproduktion nicht verschwinden, aber auch hier wird es drastische Änderungen geben.

Wachsen, weichen, konsolidieren oder ganz neue Wege gehen — das ist es, was vielen in der Branche bevorsteht. Das klingt zwar nicht besonders positiv und verheißungsvoll, birgt aber auch viele Chancen. Und die Augen zu verschließen, hilft halt nicht: Mit dem Bau der Arche muss man beginnen, bevor der Regen einsetzt …
 
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