Branche, Top-Story: 06.02.2001

Rückkehrgründe, Formatentscheidungen, Produktpläne

Frank Fell-Bosenbeck ist wieder bei Panasonic Broadcast. Im Interview mit www.film-tv-video.de verrät der 39jährige Branchenkenner nicht nur die Gründe für seine Rückkehr, sondern äußert sich auch zur Strategie und zu neuen Produkten, die Panasonic Broadcast derzeit entwickelt.

? Nach 10 Jahren bei Panasonic waren Sie kurze Zeit für Tecmath tätig. Nun sind Sie wieder zu Ihrem früheren Arbeitgeber Panasonic Broadcast zurückgekehrt. Was waren die wichtigsten Gründe für diesen Ablauf?

Frank Fell-Bosenbeck: Es waren überaus menschliche Gründe. Nach 10 Jahren in einem Unternehmen kann der Wunsch nach Veränderung und Neuorientierung so groß werden, dass man geneigt ist, ihm nachzugeben. Ich denke dass viele Menschen schon in einer ähnlichen Situation waren. Es kann dann aber vorkommen, dass die Veränderung nicht den Erwartungen entspricht. So war es auch bei mir: Ich hatte mir den Wechsel in die IT-Branche anders vorgestellt und denke jetzt, dass ich in einem Unternehmen, bei dem es primär um Hardware geht, besser aufgehoben bin.
Ein wichtiges Kriterium für meine Rückkehr war natürlich auch die Unternehmensentscheidung von Panasonic, das europäische Marketing-Headquarter unserer Muttergesellschaft Matsushita Europe Ltd. zum 01. 04. 2001 komplett von London nach Wiesbaden zu verlegen. Das sind sehr deutliche Signale für den Standort Wiesbaden und das eröffnet hier gute Möglichkeiten.

? Gibt es Veränderungen innerhalb der Organisation von Panasonic Broadcast in Deutschland? Hat sich Ihr Verantwortungsbereich verändert?

Frank Fell-Bosenbeck: Wir haben unsere Hierarchien weiter verflacht und in fünf Hauptbereiche aufgeteilt: Vertrieb, Marketing, Technischer Support, Administration und Personalentwicklung. Zu meinem Verantwortungsbereich gehört die gesamte Abteilung Marketing, in der auch das Produkt-Management und das strategische Marketing angesiedelt sind.

? Die wichtigen Formatentscheidungen der öffentlich-rechtlichen Sender im deutschen Markt sind nun gefallen. Welche Auswirkungen hat das auf die Vermarktungsstrategie von Panasonic Broadcast in Deutschland?

Frank Fell-Bosenbeck: Einige Formatentscheidungen stehen ja noch aus, außerdem ist es Panasonic Broadcast gelungen, vom bisher verteilten Gesamtbudget der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF 51% für DVCPRO zu gewinnen. Auch Sender wie der NDR, die sich zwar im großen Rahmen für ein anderes Format entschieden haben, setzen teilweise DVCPRO ein, etwa in den Regionalstudios. Dabei sprechen wir nicht von einzelnen Geräten, sondern von zweistelligen Gerätezahlen. Insgesamt konnte Panasonic in Deutschland bisher mehr als 5.000 DVCPRO-Einheiten verkaufen, was in Zeiten von NLE– und Server-Systemen eine sehr beachtliche Zahl ist. Außerdem gibt es in Deutschland ja nicht nur die großen öffentlich-rechtlichen Sender. Etliche private, regionale Sender, darunter TV-München und TV-Berlin, setzen ebenfalls seit einigen Jahren DVCPRO ein.
Unsere Vermarktungsstrategie ist klar: Panasonic ist in den Qualitäts-Levels 25 Mbps und 50 Mbps und damit in allen Preiskategorien mit kompletten System von der Akquisition bis zur Ausspielung lieferfähig. Diesen Vorsprung werden wir entsprechend ausnutzen, getreu unserem aktuellen Werbemotto: no fiction, just reality.

? Wie wird sich das in der Entwicklung der Produktpalette widerspiegeln, wo sind neue Akzente zu erwarten?

Frank Fell-Bosenbeck: Die DVCPRO-Produktpalette wird immer weiter ausgebaut. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt in der Vernetzung von DVCPRO-basierenden NLE- und Server-Systemen. Das DNA-System zum Beispiel verbindet das Panasonic-Schnittsystem Quickcutter und Server von SGI miteinander. Hier gibt es bereits erste Referenz-Installationen in Europa. Ein Server-Produkt von Panasonic das 25-, 50- und 100-Mbps-DVCPRO-Signale verarbeiten kann ist für Mitte des Jahres geplant.
In etwa einem Jahr werden die ersten disk-basierenden DVCPRO-Camcorder zur Verfügung stehen. So ist ein Camcorder geplant, der sowohl ein Kassettenlaufwerk wie einen HD-Laufwerk-Adapter bietet. Der Anwender kann mit dem gleichen Gerät wahlweise linear auf Tape, nonlinear auf Harddisk oder auf beide Medien gleichzeitig aufzeichnen. Alles DVCPRO-basierend und in vernetzten Systemen einsetzbar.
Im Bereich Plasma-Displays entwickelt sich die Technik ebenfalls rasant weiter. Wir gehen fest davon aus, dass sich in etwa drei bis vier Jahren der Plasmaschirm auch im Heimbereich im größeren Stil durchsetzen wird und dass dies der nächste Schritt in Richtung HDTV ist. Daher entwickeln wir mit Hochdruck eine komplette Produktpalette DVCPRO-basierender HD-Geräte für den Produktionsbereich.
Auch bei den Web-Kameras und IP-Streaming-Produkten wird es viele Neuheiten geben.

? Welche Marschrichtung gilt für DVCPRO, welche für HD-D5 und 24P?

Frank Fell-Bosenbeck: Für das HDTV der Zukunft gibt es keine »one and only solution«. Ein einziges System, das die komplexen Anforderung im HD-Bereich abdeckt, kann es nicht geben, auch 24P hilft nur für einen Teilbereich weiter. Auch im Kinobereich sind feste Bildraten überhaupt nicht gefragt, dort möchte man eine Kamera, bei der man die Bildrate frei einstellen kann, von 10 bis über 60 fps. Ein solches Gerät entwickeln wir zur Zeit, es wird sich dabei um einen disk-basierenden Camcorder mit variabler Bildraten-Einstellung handeln. Mit DVCPROHD möchten wir die Anforderungen im unteren HD-Segment abdecken, während wir HD-D5 für das Filmmastering positionieren. Da noch nicht genau abzusehen ist, welcher Abtaststandard sich in der zukünftigen HD-Welt als allgemeines Workhorse etablieren wird, werden unsere DVCPROHD sowie HD-D5-Geräte alle gängigen Standards unterstützen.

[Ende]

Autor
C. Gebhard, G. Voigt-Müller
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