Kamera, Test, Top-Story: 17.11.2011

Consumer- oder Profivariante: HF G10 oder XA10 von Canon?

Ein Vergleich soll zeigen, ob es sich lohnt, für den Canon-Camcorder XA10 mehr als das 1,5fache auszugeben, als für das weitgehend baugleiche Consumer-Modell Legria HF G10, auf dem der XA10 basiert.

Um die 2.000 Euro kostet der Canon-Camcorder XA10 bei den meisten Händlern derzeit für Endkunden. Die Consumer-Variante dieses Camcorders, den HF G10, bekommt man dagegen direkt bei Amazon schon für rund 1.200 Euro (jeweils inklusive Mehrwertsteuer). Ist die »gepimpte« Version tatsächlich 800 Euro mehr wert?

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Canon vermarktet den XA10 als kompakten Camcorder mit professionellem Anspruch. Er basiert aber in allen wesentlichen Teilen auf dem Consumer-Camcorder Canon Legria HF G10. Das ist schon rein äußerlich deutlich zu sehen, gilt aber auch für das Innenleben. Die beiden Geräte sind in der Signalverarbeitung vollkommen und in den zur Verfügung stehenden Menü-Optionen bis auf minimale Abweichungen identisch. Funktionen wie das Peaking zur Unterstützung beim manuellen Scharfstellen oder das Zebra zur Belichtungskontrolle bietet nämlich auch die Consumer-Version HF G10.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen Consumer-Modell und XA10 sind der Henkel mit professionellen Audio-Optionen, ein mit 64 GB doppelt so großer interner Speicher, sowie die zusätzliche Möglichkeit, Infrarot-Aufnahmen zu erstellen.

Eckdaten und Bildqualität

Objektiv und Sensor sind bei beiden Geräten identisch, sie entsprechen dem des etwas größeren Camcorders XF100, dessen Bildqualität im Test durchaus überzeugte (siehe Test).

XA10 und HF G10 bieten geringeres Volumen und Gewicht als der XF100, setzen aber auch auf eine andere Signalverarbeitung und Aufzeichnung. Der XF100 arbeitet, wie auch die anderen Camcorder der XF-Familie, mit dem XF-Codec, der mit XDCAM HD verwandt ist und 4:2:2-Signale mit bis zu 50 Mbps speichern kann. Im Unterschied dazu sind XA10 und HF G10 auf AVCHD (also 4:2:0) mit maximal 24 Mbps beschränkt.

Alle weiteren Eckdaten und auch die Beurteilung der Bedienung und Bildqualität des HF G10 entsprechen exakt denen des XA10, dessen ausführlichen Test Sie hier finden. Deshalb soll es im Folgenden ausschließlich um die Unterschiede zwischen dem XA10 und dem HF G10 in Ausstattung und Handling gehen.

Unterschiede —  und deren Bewertung

Dass der XA10 mit doppelt so viel internem Speicher auch mehr kosten darf als der HF G10, ist logisch. Die Infrarotaufnahmefähigkeiten des XA10 dürften dagegen den weitaus meisten Anwendern nicht wirklich wichtig sein: Wer nicht gerade als Privatdetektiv nächtliche Observierungen durchführt oder als militanter Tierschützer ins Dunkel von Legebatterien und Mastbetrieben vordringt, um die dortigen Zustände zu dokumentieren, der wird dieses Feature eher exotisch finden und wenn überhaupt, sehr selten nutzen. Daher ist es schwer, hierfür einen sinnvollen Mehrwert und entsprechenden Aufpreis zu definieren.

Bleibt also noch der Handgriff mit integrierten XLR-Buchsen und Profi-Audioteil. Das hört sich zunächst einmal auch nicht nach viel an. Allerdings nutzen verschiedene Hersteller das Prinzip, mit einem »Audiohenkel« aus einem Consumer- ein Semiprofi-Gerät zu machen, im Grunde schon seit den Zeiten von DV-Camordern. Daran kann man erkennen, dass sich dieses Prinzip offenbar bewährt hat und es dafür einen Bedarf gibt.

Wer sich nicht mit Miniklinkenbuchsen rumquälen will, wenn er externe Mikrofone nutzt und wer je nach Bedarf etwa die Phantomspeisung an- und abschalten will, wer direkten Zugriff auf den Audiopegel braucht, der weiß die Funktionen und Bedienelemente im Audiobereich tatsächlich hoch zu schätzen, die der aufsteckbare Handgriff des XA10 mitbringt.

Außerdem erweitern die kleine zusätzliche Zoomwippe und der Start/Stopp-Knopf im Griff tatsächlich die Flexibilität im Umgang mit dem Camcorder.

Fazit

Wer die erweiterte Audiofunktionalität und den größeren Speicher nicht braucht, die Infrarot-Funktionen nicht nutzt und auch auf den Henkel verzichten kann, der kann sich auch die 800 Euro Mehrpreis für den XA10 tatsächlich sparen: Schließlich ist das Grundgerät ja so gut wie identisch und erreicht die exakt gleiche Bildqualität.

Stößt man dann aber in der Praxis doch an die Grenzen der Miniklinkenbuchse oder des eingebauten Mikros und versaut sich womöglich bei wichtigen Aufnahmen den Ton, weil man eben keine XLR-Buchsen zur Verfügung hatte, dann wird man sich natürlich schon kräftig darüber ärgern, dass man vielleicht doch am falschen Ende gespart hat.

So sollte man sich vorher gut überlegen, wo man zugreift: Wenn der kompakte Canon-Camcorder als Hauptkamera einer Produktion eingesetzt werden soll, ist der XA10 sicher die bessere Wahl. Soll der Camcorder dagegen eher für Schnappschüsse genutzt werden, als visuelles Tagebuch oder spielt der Ton ohnehin gar keine oder eine stark untergeordnete Rolle, dann reicht selbst aus Profisicht der HF G10 — und bietet dabei eine für seine Baugröße und Preisklasse recht ansprechende Bildqualität.

Aus dem HF G10 nachträglich einen XA10 zu machen, geht übrigens nicht. Man kann den »Audiohenkel« des XA10 am HF G10 rein mechanisch gar nicht befestigen, denn der Conssumer-Variante fehlen der dafür nötige vordere Blitzschuh und zwei kleine Gewinde im hinteren Camcorder-Bereich — womit auch noch weitere, kleine Unterschiede zwischen den Geräten genannt sind.

Außerdem gibt es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Software-Differenzen zwischen den Camcorder-Modellen, die eine Nutzung des Audioadapters am HF G10 verhindern würden.

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