Postproduction, Test, Top-Story: 22.02.2018

Final Cut Pro X macht den nächsten Schritt

In der neuen Version 10.4 von Final Cut Pro X setzt Apple eine interessante Entwicklung fort: Stück für Stück kehren altbekannte Features aus Final Cut Pro 7 zurück und werden nun — im neuen Gewand — wieder Teil der Profi-Schnitt-Software von Apple. film-tv-video.de hat die jüngste Version der Software ausprobiert.


Farbkorrektur

Wer weder mit HDR-Videos noch mit VR arbeitet — derzeit wohl die weit überwiegende Mehrheit der Anwender — wird wahrscheinlich die neuen Optionen zur Farbkorrektur  als wichtigste Neuerungen von FCPX 10.4 betrachten. Apple hat ziemlich lange gebraucht, um die klassische 3-Wege-Farbkorrektur doch noch in FCPX zu integrieren. Allein, dass die Farbkorrektur jetzt ein eigenes Fenster im Informationsbereich bekommen hat, ist schon eine Verbesserung.

FCPX 10.4, Screen
Die 3-Wege Farbkorrektur mit Kelvin-Slider, angezeigt in einem Fenster.

Neben der bisher vorhandenen Farbtafel stehen nun drei weitere Tools zur Verfügung. Sie bieten zwei Anzeigemöglichkeiten, aufgeteilt in Register oder untereinander. Bei letzterer Variante sind diese natürlich etwas klein und gequetscht, für schnelle Korrekturen ist diese Ansicht aber ausreichend.

In der 3-Wege-Farbkorrektur mit den drei Farbkreisen befindet sich jeweils links daneben ein Regler für die Sättigung und rechts einer für die Helligkeit. Darunter ist nun — (endlich!) — ein Temperatur-Regler angeordnet, mit dem man den Weißabgleich manuell auf der Kelvin-Kurve verschieben kann. Der Färbungs-Regler darunter ermöglicht es, die Grün-Magenta-Balance einzustellen. So hat der Cutter die beste manuelle Kontrolle über den Weißwert.

FCPX 10.4, Screen
Das Fenster für Farbkurven: Einzelne Punkte im Bild lassen sich mit der Pipette auswählen. Der entsprechende Punkt auf dem Graphen wird automatisch gesetzt.

Apple hat nun aber auch die Option eines nachträglichen Weißabgleichs mit der altbekannten Funktion »Farbe anpassen« im Viewer untergebracht. Dabei führt FCPX zunächst wieder eine umfassende Farb- und Kontrastkorrektur aus, die meist über das Ziel hinausschießt. Jetzt wird diese aber endlich als Effekt im Informationsfenster angezeigt und bietet neben der Option »automatisch« auch eine für »Weißabgleich«, bei dem man den Weißwert mit einer Pipette im Bild auswählen kann.

Das zweite neue Farb-Tool beinhaltet die Farbkurven für die Helligkeit, Rot, Grün und Blau. Gerade bei HDR-Dateien eröffnet das eine genauere, feinere Möglichkeit, die Helligkeitsverteilung im Bild zu regulieren, als die bisherige Farbtafel. Bei 8-Bit-Dateien birgt das zwar die Gefahr, dass die fein austarierten Übergänge zu stark verändert werden und ein deutliches Banding sichtbar wird, also die Übergänge zwischen Helligkeitsstufen und Farben zu hart und damit deutlich sichtbar werden. Hier muss man mit äußerster Vorsicht vorgehen.

FCPX 10.4, Screen
Die Farbkurve erfordert bei 8-Bit-Material etwas Vorsicht. Schon bei relativ moderaten Kurven kann es zum »Zusammenbruch« von Farbübergängen führen, hier in 200% Vergrößerung.

Vor allem, wer Log-Material in 8 Bit aufgezeichnet hat, wird schnell auf dieses Problem stoßen. Bei 10-Bit-Material hat man hier logischerweise wesentlich mehr Spielraum.

Eine gute neue Hilfefunktion in den Kurven ist die Option, mit einer Pipette einen Helligkeitswert im Bild auszuwählen. An dieser Stelle wird dann direkt ein Punkt zum Bearbeiten gesetzt. Auch das dritte neue Fenster für die Bearbeitung von Farbton und Sättigung, das über sechs verschiedene Register verfügt, bietet dieses Pipetten-Feature. So kann einfach eine Farbe im Bild ausgewählt und dann in der Sättigung erhöht werden oder aber der ganze Rest reduziert werden, um beispielsweise den »Pleasantville-Effekt« zu erzeugen. Das Fenster erlaubt wesentlich mehr Kontrolle als die Farbtafel und führt auch meist schneller zu Ziel.

FCPX 10.4, Screen
Die Automatik-Funktion »Farbausgleich« ist jetzt ein Filter im Videofenster und bietet auch eine Option für einen Weißabgleich.

Vor allem, wenn man einen einzelnen Farbton durch einen anderen ersetzen will, geht das schneller und intuitiver. Es eignet sich auch gut, um »Farbfehler«, wie sie beispielsweise bei der Blackmagic Pocket Cinema Camera im Filmmodus häufig auftauchen, schnell zu korrigieren. Hier wird blau oft eher violett dargestellt. Das Register »Farbton vs. Sättigung« macht es genau so einfach möglich, einzelne Farbtöne in ihrer Sättigung individuell anzupassen, ohne den Rest des Bildes zu beeinflussen, und zwar mit einem weichem Übergang zu den anderen Farbtönen.

Alle Farbkorrekturen können jetzt auch über Key-Frames animiert und im Videoanimationsfenster in der Timeline bearbeitet werden. Mit der Option »Voreinstellung für Effekte sichern« werden die Farbkorrekturen dann als eigener Filter in einer frei zu wählenden Effekt-Kategorie gespeichert.

Die Farbton-Sättigungskurven bieten sechs verschiedene Funktionen, um Farbtöne und Sättigung gezielt zu bearbeiten. »Orange vs. Sättigung« ist standardmäßig auf Hauttöne eingestellt, kann aber auf jede Farbe angepasst werden.

In der Kategorie »Farbvoreinstellungen« finden sich einige Presets, die Kombinationen der einzelnen Filter darstellen und damit leicht individuell angepasst werden können, mit Kontrolle der einzelnen Funktionen, die dabei eingesetzt wurden. Der neue Effekt »Eigene LUT« bietet die Möglichkeit, eigene LUTs im .cube- und .mga- Format zu laden. Eigene Varianten bietet Apple hier aber nicht und die Standard-LUTS für die Log-Formate von Arri, Canon, Blackmagic Design, Panasonic und Sony befinden sich weiterhin im Informationsfenster.

Zu den neuen Optionen zur Farbkorrektur gibt es auch neue Tastaturbefehle, die zwar noch nicht vorbelegt sind, aber mit etwas Vorarbeit in den Tastatureinstellungen lässt sich die Farbkorrektur damit erheblich beschleunigen. Ein gutes Beispiel ist hier der Befehl »Farbkorrektur vom vorhergehenden Clip anwenden«. Auch die einzelnen Steueroptionen können einer Funktion zugeordnet werden. Welche Farbkorrektur-Option beim Anlegen als Standard geöffnet wird, kann jetzt in den Einstellungen unter »Bearbeitung« ausgewählt werden. Leider gibt es keines der neue Farb-Tools auch in Motion – die Effekte der Kategorie Farbanpassungen lassen sich somit auch nicht in Motion öffnen.

Audio, Motion und andere Kleinigkeiten

Die Audioeffekte aus Logic haben größtenteils eine neue Oberfläche bekommen und die Bearbeitungsfenster lassen sich jetzt in drei verschiedenen Größen anzeigen. Gerade beim Linear Phase EQ, dem Compressor oder dem Noise Gate erleichtert dies das Arbeiten erheblich. Andere Effekte wie der Space Designer oder Platinum Verb besitzen immer noch die alte, etwas klein geratene Oberfläche.

FCPX 10.4, Screen
Einige Audio-Filter aus Logic haben eine übersichtlichere neue Oberfläche erhalten – etwa Noise Gate oder Compressor.

Wer seine Projekte mit dem iPad aufnimmt und dann gleich auf demselben mit iMovie schneidet, kann diese Projekte jetzt auch in FCPX öffnen und ihnen dort den letzten Feinschliff geben. Zudem unterstützt FCPX jetzt NFS-basierte Medien und Mediatheken auf Netzwerkfestplatten.

Mit den neuen Fähigkeiten für Farbkorrektur und VR-Videos wurde das XML-Format erweitert, sodass XML 1.7 die neuen Farbkorrekturen VR-Effekte und HDR-Materialen versteht. Momentan ist das aber nur für den Austausch zwischen FCPX-Systemen nutzbar: DaVinci Resolve 14 beispielsweise kann diese Version noch nicht lesen. Die Datei wird gar nicht erst geöffnet. Hier sollte man weiterhin XML 1.6 benutzen.

Bei den Befehlen in der Kategorie »Lautstärke anpassen« gibt es die Option »Fades anwenden«, mit der sich jetzt die in den Einstellungen definierte Länge auf mehrere ausgewählte Clips anwenden lassen. Allerdings eignet sich diese Option nicht, um schnell Audioknackser zu beseitigen, denn die Länge für eine Überblendung zwischen zwei Clips muss dann immer noch manuell eingestellt werden.

Motion, FCPX 10.4, Screen
Motion kann jetzt auch VR-Videos bearbeiten.

Auch Motion hat ein kleines Update bekommen. Zwar können Motion-Projekte immer noch nicht wie Clips in die Timeline von Final Cut Pro X eingefügt werden, aber die verschiedenen Projekttypen lassen sich jetzt jederzeit konvertieren, sodass man aus einem »normalen« Projekt einfach einen Generator oder ein Titelprojekt machen und an FCPX schicken kann.

Zudem lassen sich auch Motion-Projekte in 360 Grad anlegen, und für das Bearbeiten gibt es zwei verschiedene Ansichten im Viewer-Fenster: »360 Grad Rundblick« und »360 Grad Übersicht«, die genau wie in FCPX funktionieren. Dazu gibt es neue Funktionen zum Animieren von Federungen, mit dem man ein Objekt (Ebene) relativ zu einer anderen federn lassen kann. Über Tempo und Anziehungskraft kann dann die Stärke der Bewegung reguliert werden. Natürlich gibt es auch die 360-Grad-Titel und die anderen Funktionen aus FCPX, die man braucht, um 360-Grad-Videos zu bearbeiten.

Fazit

Mit der gelungenen neuen 3-Wege-Farbkorrektur und den Kurvenfunktionen macht Final Cut Pro X einen wichtigen Schritt, um für eher »traditionell« ausgerichtete Cutter interessanter zu werden, denn es bietet wesentlich bessere Werkzeuge, um Log- und DSLR-Videos mit flachem Profil zu bearbeiten. Avid-Cutter werden immer noch eine 3-Monitor-Ansicht vermissen. Die Integration von VR-Videos mit einer Rundumsicht ist gut gelungen und alle Funktionen sind mit einem kurzen Blick ins Handbuch schnell erlernt. Allerdings muss das Material im richtigen Format als Plattkarte vorliegen.

Auch die Möglichkeit, eigene LUTs zu laden, ist heutzutage eine absolute Notwendigkeit, die jetzt zur Verfügung steht. Mit den neuen HDR-Optionen wird eine weitere Lücke geschlossen, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Ein Tool, das leider immer noch fehlt und daher immer einen Umweg über Motion oder ein zusätzliches Plug-In erfordert, ist ein Tracker für Titel und Farbkorrekturen. Dieser lässt sich aber kostengünstig nachrüsten. Dass in Motion nun frei zwischen den unterschiedlichen Projektmodi konvertiert werden kann, ist sehr angenehm und erspart oft einige Arbeitsschritte.

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