Branche: 17.06.2005

Forensische Studien mit SGI-Equipment

Die italienische Polizei setzt ein Virtual-Reality-System von SGI zum Nachstellen von Verbrechen ein. Dabei visualisieren Forensiker in 3D die Aussagen von Augenzeugen, analysieren Projektilflugbahnen und die Anordnung von Objekten.

Das Forensik-Labor in Rom hat ein Virtual-Reality-Zentrum mit SGI-Technologie aufgebaut, um damit Tathergänge nachstellen und beurteilen zu können: Dabei können etwa die Flugbahnen von Geschossen, sowie Körperbewegung der Täter und Opfer detailliert visualisiert werden.

Das Labor für die 3D-Rekonstruktion der Geschehnisse bei Kriminalfällen heißt »RiTriDEC« (Ricostruzione Tridimensionale della Dinamica dell Evento Criminale) und ist das erste seiner Art, das sich konsequent der VR-Technologie bedient, um Polizei und Staatsanwaltschaft bei der Analyse und Aufklärung komplexer, strittiger Delikte zu unterstützen. Betreiber ist eine Einheit der italienischen Staatspolizei in Rom, die sich mit der Analyse von Gewaltverbrechen beschäftigt.

»Einer der größten Vorteile des Systems liegt darin, das Geschehen aus der Sicht unterschiedlicher Augenzeugen in Szene setzen zu können«, berichtet Projektleiter Carlo Bui. »Damit ist es möglich, die Glaubwürdigkeit der Aussagen besser zu beurteilen und zugleich ganz spezielle Bedingungen des Szenariums zu berücksichtigen. Die VR-Umgebung hilft uns, Antworten auf viele Fragen zu finden – etwa, was das Opfer sehen konnte, was der Zeuge sehen konnte oder in welcher Lage und Entfernung von der Türe sich beispielsweise ein wichtiges Möbelstück befand.«

Bui erklärt, dass die mit SGI-Technologie ausgerüstete VR-Einrichtung besonders dann gute Dienste leiste, wenn es um die Darstellung und Analyse komplexer räumlicher und zeitlicher Verhältnisse, etwa bei der Diskussion der Flugbahn der Geschosse gehe. Auf diesem Wege lassen sich die Berechnungen und Argumente eines Ballistikexperten auch allen anderen Beteiligten anschaulich und schnell verständlich machen, so Bui. Das Geschehen auf der Leinwand kann auch in 3D dargestellt werden, die Betrachter müssen dann 3D-Brillen tragen.

Technische Basis des »RiTriDEC« ist eine SGI-Workstation des Typs Onyx 350, die mit sechs Prozessoren und InfiniteReality4-Grafikboards ausgestattet ist. Drei Barco-Projektoren werfen die errechneten Bilder auf die Leinwand. Die detailreiche Darstellung der 6 m breiten und über 2 m hohen Leinwand wurde so konzipiert, dass die Nutzer überzeugend in die virtuelle Situation »eintauchen« und die Verhältnisse vor Ort nachvollziehen könnten, so SGI.

Das VR-System erlaubt es den Untersuchern, sehr schnell die Genauigkeit und Plausibilität verschiedener Tathergangsbeschreibungen zu prüfen, wobei etwa auch die Simulation unter verschiedenen Sonnenständen eine Rolle spielen kann. Die gesamte Umsetzung von den ursprünglich vorliegenden Rohdaten bis hin zu einem vollständigen 3D-Szenen-Modell, das für die VR-Sitzung erforderlich ist, geschieht im »RiTriDEC« in kurzer Zeit – typisch sind laut Betreiber weniger als 24 Stunden.

»Bei der Analyse der Verbrechensszene muss der Untersuchende in der Manier eines Kritikers vorgehen«, betont Bui. »Es ist wie beim Analysieren eines Bildes – das heißt, es ist wichtig, das Szenario in allen seinen kleinsten Details zu erfassen. Die fortschrittliche Grafiklösung von SGI erlaubt uns, selbst mit winzigen Nuancierungenzu arbeiten, etwa beim Reflexionsgrad glänzender Gegenstände.«