Cloud, Remote, Sponsored-Content: 26.01.2022

Chancen und Herausforderungen bei Remote-Produktionen

Eine Online-Panel-Diskussion diskutierte Anforderungen, technische Herangehensweisen und Einsparpotenziale für Remote-Produktionen.

Claus Pfeifer (Sony), Wolfgang Felix (MoovIT) und Michael Bauer (Vizrt) diskutierten mit Moderatorin Gila Thieleke in einem Online-Panel, das ursprünglich als Präsenzveranstaltung für die Hamburg Open geplant war, über Anforderungen, technische Herangehensweisen und Einsparpotenziale von Remote-Produktionen.

Claus Pfeifer brachte den Blick eines Herstellers aus der Film- und Live-Produktion, Michael Bauer die Sicht des Grafik- und Live-Spezialisten Vizrt und Wolfgang Felix die Einblicke eines IT-Integrators und Vertriebsunternehmens. 

Claus Pfeifer (links), Michael Bauer, Wolfgang Felix und Gila Thieleke.
Das Panel war eigentlich als Präsenzveranstaltung der Hamburg Open geplant.

Warum braucht man überhaupt Remote-Produktion und welchen Anteil hat die Pandemie an der Weiterentwicklung dieser Technologie? Mit dieser ganz grundsätzlichen Frage startete Moderatorin Gila Thieleke das Panel. Sie beschrieb den klassischen Workflow einer Produktion und warf die Frage auf, was sich in Zeiten von Corona verändert habe.

Michael Bauer, Vizrt.

Michael Bauer von Vizrt betont, dass Corona letztlich ein Beschleuniger für viele Remote-Technologien gewesen sei. In Italien etwa, einem Land, das in der Anfangsphase besonders stark von der Pandemie getroffen wurde, musste man aus der Not heraus sehr schnell neue Produktionsformen finden und vorhandene Produktionsstrukturen in der Cloud abbilden, so Bauer. Nur so war es möglich, Produktionen auch in der Pandemie fortzuführen.  

Wolfgang Felix, MoovIT.

Dass die Pandemie vieles auf den Weg brachte, weil es einen ganz unmittelbaren Druck gab, bestätigt auch Wolfgang Felix von MoovIT und führte zwei Beispiele dafür an. So wollte etwa der ORF, der auch schon vor der Pandemie mit dem Workflow-Tool Helmut von MoovIT gearbeitet hatte, eine Lösung entwickeln, die es den Cuttern erlaubte, dezentral mit Proxys zu arbeiten. Gemeinsam mit MoovIT entwickelte der Sender eine Lösung dafür. Sie sorgt dafür, dass Cutter zu Hause arbeiten können und dass hierbei weder Files kopiert (mit Ausnahme von Proxy Files) noch fertige Beiträge mühselig nachverfolgt oder übertragen werden müssen. film-tv-video.de hatte darüber berichtet

Die Postproduktion hatte ihren Sitz in London …

Bei einem zweiten wichtigen Remote-Projekt entwickelte MoovIT eine Möglichkeit, die es Editoren in London ermöglichte, per Teradici-Client auf Workstations im IBC in Amsterdam zuzugreifen und damit zu schneiden. Das habe sogar so gut funktioniert, dass die Editoren den Eindruck hatten, mit einer lokalen Workstation zu arbeiten, so Wolfgang Felix. Dass diese Lösung überhaupt so zustande kam, sei letztlich den Umständen der Pandemie geschuldet und zeige eindrucksvoll, dass Remote Production funktioniere, so Felix (siehe Artikel dazu).

… und nutzte per Teradici-Client die Technik im IBC in Amsterdam.

Auch in der Live-Produktion werde mittlerweile so gearbeitet, berichtet Claus Pfeifer, wenngleich hier die Anforderungen teilweise noch etwas höher seien. Vom Homeoffice aus eine Kamera fernzusteuern, sei aber durchaus möglich.

Claus Pfeifer führt noch weitere Gründe an, weshalb Remote Production sich so stark entwickelt habe. Demnach sei der Druck für Content Produzenten enorm gestiegen, findet er. Mittlerweile müsse in vielen Bereichen in kürzerer Zeit schlichtweg viel mehr produziert werden. Deshalb sei es zwangsläufig wichtig, schon beim Dreh die Schritte in der Post einzuleiten und etwa den Schnitt vorzubereiten. 

Panel-Moderatorin Gila Thieleke ging auch auf das Thema Nachhaltigkeit ein.

Mit der Frage, was man denn überhaupt für eine Remote-Produktion brauche, griff Gila Thieleke den Kommentar einer Zuhörerin des Panels auf, die zudem auch wissen wollte, ob Remote-Produktionen auch mit höheren Qualitäten und Datenraten funktionierte.

Michael Bauer betont, dass insbesondere bei höheren Qualitätsanforderungen die technischen Entwicklungen im Bereich der Kompression definitiv helfen, Remote-Workflows realisieren zu können. Mit SDI-Infrastrukturen oder unkomprimierten Signalen sei es nur sehr schwer möglich, remote zu arbeiten, urteilt er.

Claus Pfeifer sagt, dass »Do more with less« für viele Content-Produzenten Alltag sei.

Claus Pfeifer von Sony ergänzt, dass es in der Remote-Produktion aber eben viele unterschiedliche Spielarten und Ausbaustufen gebe. Er zieht die Analogie zum Hausbau: Das Tiny House nutze vielleicht eher eine hohe Kompression, während das größere Einfamilienhaus auch mehr Bandbreite verkrafte. 

Die Vielfalt, die es innerhalb von Remote-Produktionen gebe, bestätigt auch Wolfgang Felix. Aus seiner Sicht ist es deshalb besonders wichtig, auf den Kunden und dessen jeweilige Situation einzugehen. Nur dann könne man einen individuellen Remote Workflow aufsetzen, der speziell auf die Anforderungen des Kunden ausgerichtet sei. »Die eine Remote-Lösung gibt es eben nicht, sondern im Gegenteil viele ganz unterschiedliche«, bestätigt Claus Pfeifer. 

Michael Bauer ergänzt, dass es zudem auch einen Unterschiede ausmache, ob man einen Remote Workflow in einer Live-Umgebung und in einer Post-Umgebung aufsetzen wolle. 

Gila Thieleke führte schließlich einen weiteren Aspekt an: Welche IT-Sicherheitsrisiken muss man bei einem cloud-basierten Remote-Betrieb beachten, und wie können potenzielle Risiken minimiert werden?

Cloud ja – aber welche? Eine Frage, die sich viele Kunden stellen.

Für Wolfgang Felix ist das ein Thema, mit dem er im Austausch mit den Kunden oft konfrontiert werde. Entscheide man sich für eine Zusammenarbeit mit einem Datacenter, das auch Cloud-Lösungen zur Verfügung stelle, könne man jedoch davon ausgehen, dass es höchste Sicherheitsanforderungen erfülle, sagt Felix. Eine mindestens ebenso wichtige Frage sei für viele Kunden aber auch die Location des jeweiligen Cloudservers. Es mache nun mal einen Unterschied,  ob ein Server in Deutschland, Europa oder eher in den USA stehe — und auch wer der Betreiber sei, spiele eine Rolle, weil das wieder Auswirkungen darauf habe, welches Recht gelte. Neben Anbietern wie Amazon AWS oder Microsoft Azure gebe es ja durchaus alternative, auch lokale, leistungsfähige Datacenter, die man nutzen könne, so Felix.

Michael Bauer glaubt, dass auch Virtualisierung für Kunden sehr interessant sein kann.

Dass Datenschutz für die Kunden ein wichtiges Thema ist, bestätigt auch Michael Bauer. Er erläutert, dass hier die Virtualisierung eine Alternative insbesondere für größere Kunden sein könne, denn viele Systeme ließen sich auch im eigenen Datacenter virtualisieren und betreiben, so Bauer. 

Dass mit Applikationen in der Cloud auch Kostenfallen entstehen können, ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Gila Thieleke fragte ganz genau nach, wo solche Kostenfallen entstehen können.

Klar sei natürlich, dass mehr Speicher auch mehr Geld koste, so Wolfgang Felix. Um potenzielle Kostenfallen zu umgehen, sei es wichtig, vorab zu definieren, ob man mit Proxys oder in HiRes arbeiten wolle, hier könne es erhebliche Unterschiede geben. Auch die Kosten für die Übertragung der Daten vom Kunden zur Cloud und wieder zurück könnten sich summieren, sagt Felix. Zudem sei es sinnvoll, mit verschiedenen Speicher-Instanzen zu arbeiten und diese jeweils nur zeitlich begrenzt zu buchen, um versteckte Kosten im Zaum zu halten.

Claus Pfeifer von Sony findet, dass man jedoch nicht nur über Kostensteigerungen von Cloud und Remote-Produktion sprechen sollte, sondern auch über das Sparpotenzial, dass Remote-Produktionen eröffnen, etwa weil auf viele Dienstreisen verzichtet werden könne, aber auch weil man Servicekosten mit Remote-Wartung reduzieren und Ressourcen generell besser nutzen könne.

Nachhaltigkeit – immer mehr Unternehmen tun etwas dafür.

Michael Bauer geht auf einen weiteren Aspekt ein, wenn er erläutert, dass es auch noch andere Gründe gebe, in der Cloud zu produzieren. Wenn etwa ein Sender wie Sky das Ziel verfolge, klimaneutral zu produzieren, sei das ein triftiger Grund für Remote und Cloud, weil sich so der CO2-Ausstoß bestimmter Produktionen deutlich reduzieren lasse. Insbesondere bei großen Produktionen gebe es auch oft Down-Zeiten, in denen die Produktionsinfrastruktur und -Technik aber dennoch vorgehalten werde müsse. Das lasse sich bei einer cloud-basierten Produktion vermeiden. Michael Bauer folgert, dass es nicht zuletzt aus solchen Gründen je nach Projekt und Kunde ganz unterschiedliche Einschätzungen gebe, ob man mit Cloud-/Remote-Produktion nun eher spare oder eher drauflege.

Was hat sich positiv verändert, fragte Gila Thieleke.  

Einig waren sich die Teilnehmenden darin, dass es zwischen diesen gegensätzlichen Polen viele Gestaltungsmöglichkeiten von Remote Workflows gebe und dass Workflows sehr individuell ausgestaltet werden könnten. 

Michael Bauer griff mit dem Fachkräftemangel in der Medienbranche noch ein weiteres Thema auf. Aus seiner Sicht kann Remote-Produktion helfen, dieses Problem zu lösen, denn dank der neuen Produktionsweise könne man nun auch Fachleute für Projekte bekommen, die bei einer normalen Produktion aufgrund räumlicher Distanz schlichtweg nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Gila Thieleke fand es angesichts all der Beiträge und Inhalte des Panels auch erstaunlich, dass erst eine Pandemie kommen musste, damit sich in einem Land und in einer Branche bestimmte Dinge schnell und nachhaltig veränderten. Stimme die alte Regel also doch, dass unter Druck mehr funktioniere? 

Wolfgang Felix ist sich sicher, dass Remote Produktion funktioniert und bleibt.

Wolfgang Felix resümiert, dass er durchaus nachvollziehen könne, dass viele Menschen bei Veränderungen zunächst skeptisch seien, weil es eben auch negative Erfahrungen gebe. Was Remote-Produktion betreffe, sei er sich aber sicher, dass man schon jetzt nahezu jeden klassischen Workflow damit abbilden und damit auch effizienter arbeiten könne.

Die Frage eines Teilnehmenden, ob denn künstliche Intelligenz bei den Arbeitsabläufen in der Remote-Produktionen helfen könne, beantwortete Michael Bauer so: Überall dort, wo es darum gehe, komplexe Produktionen zu vereinfachen, helfe KI weiter – etwa bei komplexem Tracking, um ein konkretes Beispiel zu nennen. Nun sei es die Aufgabe der Hersteller, daraus die passenden Lösungen zu entwickeln – oder plakativ gesprochen den Werkzeugkasten, von dessen Tools sich die Kunden bedienen könnten.

Claus Pfeifer ergänzt, dass sich der Einsatz von KI immer aus Daten speise und dass daraus viele nützliche Anwendungen entstehen könnten. Als Beispiel einer Echtzeit-Anwendung nennt er das AF-Tracking, das man mittlerweile von etlichen Kameras kennt – und das auf KI-basierten Technologien basiert.

Wolfgang Felix glaubt, dass KI im Bereich der Automation viel Potenzial biete. In der Kombination mit einem Workflow-Tool wie Helmut von MoovIT kann er sich durchaus eine noch weitere Steigerung der Effizienz vorstellen. 

Claus Pfeifer findet, dass viele Kunden mutiger geworden sind.

Auf die Frage, was Corona denn jenseits der genannten Aspekte in den vergangenen zwei Jahren verändert habe, antwortet Michael Bauer, dass viele Kunden angesichts der großen Herausforderungen dieser Zeit auch mutiger und bisweilen auch fehlertoleranter geworden seien. Das bestätigt auch Claus Pfeifer, wenn er sagt, dass der Mut, ins kalte Wasser zu springen, größer geworden sei. Man müsse aber auch nicht alles komplett remote machen, so Pfeifer, oftmals seien hybride Lösungen sehr nützlich, wenn man Neues ausprobieren wolle.

Michael Bauer glaubt an notwendige Veränderungen.

Michael Bauer ergänzt, dass man den alten Ansatz, Projekte oder Investitionen für zehn Jahre zu planen, überdenken müsse, wenn man Wege finden wolle, um Komplexität in Projekten zu verändern und zu reduzieren, um agiler reagieren zu können. Gerade im News-Bereich sei das sehr relevant. »Wir müssen anders an die Sachen herangehen, das ist mein Credo«, so Bauer. 

Resümee

Gefragt nach einem abschließenden Statement sagt Wolfgang Felix, dass er sich einen noch engeren Austausch mit den Kunden wünsche. Michael Bauer glaubt, dass der Mensch bei vielen Projekten wieder stärker in den Fokus gerückt werden müsse. Das bestätigt auch Claus Pfeifer, wenn er sagt, dass sich Produktionsprozesse erst dann verändern ließen, wenn alle Beteiligten miteinander sprechen.

Im abschließenden Q&A konnten die Teilnehmenden noch weitere Fragen stellen. Tobias Gramm von Tividoo etwa ergänzte, dass gerade auch der Aspekt der Distribution in der Remote-Produktion eine zentrale Rolle spiele, weil man eben doch noch vielfach mit schlechten Internet-Verbindungen zu kämpfen habe. Auch das Konzept der Sendeabwicklung müsse überdacht werden, das werde künftig wohl eher in der Cloud stattfinden, so Gramm.

Mit dem Wunsch, weiter im Austausch zu bleiben, schloss Gila Thieleke das Panel und wies darauf hin, dass es bei den Hamburg Open im Juni 2022 die Gelegenheit geben werde, an diesen Austausch anzuknüpfen. 

Weiterführende Links:

MoovIT

Sony

Vizrt: