Live, Sport, Top-Story: 21.08.2025

Franz-Beckenbauer-Supercup 2025: Die digitale Zukunft der Bundesliga

Die Deutsche Fußball Liga nutzte den Franz-Beckenbauer-Supercup 2025 in Stuttgart als Bühne für eine umfassende Präsentation der digitalen Zukunft des deutschen Fußballs.



Strategische Neuausrichtung: Mehr Nähe statt mehr Technik
©Nonkonform, Supercup 2025
Marcus Beisiegel, Direktor Audiovisuelle Rechte und Medienprodukt der DFL.

Marcus Beisiegel, Direktor Audiovisuelle Rechte und Medienprodukt der DFL, erläuterte den Paradigmenwechsel in der neuen Medienrechte-Periode. Nach Jahren des Fokus auf technische Innovationen und Kamera-Vielfalt setzt die Liga nun bewusst auf »mehr Nähe« – authentische Emotionen und Perspektiven, die ohne »Überinszenierung« transportiert werden.

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Alles im Blick.

Beisiegel betonte, dass alle 617 Saisonspiele live verfügbar bleiben, jedoch die Art der Präsentation grundlegend verändert wird. Der Fokus liegt nicht mehr auf der schieren Anzahl technischer Features, sondern auf der emotionalen Verbindung zu den Fans. Diese Philosophie spiegelt sich in allen neuen Entwicklungen wider – von der RefCam über erweiterte Club-Mitwirkungen bis hin zu innovativen Storytelling-Formaten.

Medienpartner als Innovationstreiber

Die Medienpartner der Bundesliga haben die neuen Möglichkeiten bereits kreativ aufgegriffen und entwickeln darauf basierend neue Formate.

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Von links nach rechts: Christopher Holschier (DFL), Gernot Bauer (Seven.One Sports), Stefan Mennerich (FC Bayern), Alexander Rösner (Sky) und Roman Schade (DFL).

Sky Sport unter der Leitung von Chefredakteur Alexander Rösner will mit dem »Flutlicht-Freitag« neue Maßstäbe setzen. Dieses Format soll mit einer besonderen Atmosphäre das Bundesliga-Wochenende einläuten und dabei durch einen generationenübergreifenden Doppelkommentar verschiedene Zielgruppen ansprechen. Die neue Multi-View-Darstellung zeigt alle fünf Samstagsspiele gleichzeitig – ein Spiel groß, vier weitere klein – und gibt Fans die Kontrolle über ihr individuelles Seherlebnis. 

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Gernot Bauer (links) und Stefan Mennerich.

Seven.One Sports unter Gernot Bauer fokussiert im Free-TV-Bereich bewusst auf die direkte Fan-Erfahrung. Mit neuen Kommentatoren wie Jonas Friedrich und Experten wie Markus Babel soll eine authentischere, weniger analyselastige Berichterstattung entstehen, die näher an den Emotionen der Fans orientiert ist.

Die Club-Perspektive: Zwischen Mehraufwand und Mehrwert

Stefan Mennerich, Direktor Medien & Kommunikation des FC Bayern München, erläuterte, dass der FC Bayern mit rund 200 Medienanfragen pro Woche vor erheblichen organisatorischen Herausforderungen steht, die durch die neuen Features zusätzlich verstärkt werden.

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Erfolgreiche Vereine erhalten natürlich unzählige Medienanfragen.

Die ungleiche Verteilung der Medienbelastung zwischen großen und kleineren Vereinen ist dabei aus seiner Sicht eine strukturelle Herausforderung. Während Bayern, Dortmund oder Stuttgart als medial interessantere Clubs deutlich häufiger für Interviews und Features angefragt werden, müssen kleinere Vereine meist weniger Ressourcen für diese Bereiche aufwenden. Dennoch unterstützen alle Clubs die neuen Entwicklungen, da sie das Gesamtprodukt Bundesliga verbessern und damit letztendlich allen zugutekommen.

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Ab sofort gibt es viele neue Perspektiven in der Berichterstattung.

Die neuen Features umfassen ein breites Spektrum von Busankunftsbildern über Interviews direkt auf dem Platz nach Spielende bis hin zu Kabinenbildern ohne Traineransprache. Klare Grenzen werden jedoch dort gezogen, wo die sportliche Integrität gefährdet werden könnte. Kameras in Mannschaftsbussen oder bei Traineransprachen in der Kabine gelten als zu invasiv und würden das Vertrauensverhältnis zwischen allen Beteiligten belasten. Mennerich verwies dabei auf internationale Beispiele, wo übereilte Veröffentlichungen zu nachhaltigen Problemen geführt haben.

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Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des VfB Stuttgart.
Innovation trifft Tradition: Der VfB Stuttgart als Vorreiter

Alexander Wehrle, Vorstandsvorsitzender des VfB Stuttgart, demonstrierte eindrucksvoll, wie Traditionsvereine Innovation als strategischen Vorteil nutzen können. Seine klare Philosophie: Tradition bildet das Fundament, Innovation ist jedoch der Antrieb. Als »Verein für Bewegungsspiele« sei Stuttgart immer in Bewegung, und diese beiden scheinbar gegensätzlichen Aspekte ergänzten sich perfekt.

Innovation ist beim VfB Stuttgart kein oberflächliches Marketing-Instrument, sondern strategisch in der »Strategie 2030«mit OKRs (Objectives and Key Results) verankert. Künstliche Intelligenz, digitale Transformation und Innovation sind dabei als zentrale strategische Handlungsfelder definiert. Wehrle hat bewusst IT, Innovation und Digitales in einer Organisationseinheit zusammengefasst, um sowohl intern als auch extern ein unmissverständliches Signal zu setzen.

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Der VfB setzt in den unterschiedlichsten Bereichen auf KI.

Das Ziel dieser Strategie ist die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Zahlungsströme, die letztendlich der sportlichen Entwicklung zugutekommen. Als Verein aus Baden-Württemberg, dem »Land der Tüftler und Erfinder«, sieht Wehrle Innovation als integralen Bestandteil der Vereins-DNA.

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In Stuttgart möchten man Tradition mit Innovation verbinden.

Die KI-Strategie des VfB umfasst drei zentrale Bereiche: Service-Optimierung soll 60.000 Zuschauern am Spieltag proaktiv helfen – von Parkplatzempfehlungen über Verkehrsinformationen bis hin zu Catering-Optimierung. Durch datenbasierte Apps und KI-Analyse können Fans ein deutlich verbessertes Stadionerlebnis erhalten.

Im Bereich Medien und Kommunikation arbeitet die Abteilung bereits erfolgreich mit KI-Instrumenten. Content kann auf Knopfdruck in verschiedene Sprachen für internationale Zielmärkte übersetzt werden, während im Service-Center die Bearbeitungskapazität verdoppelt wurde. Allein für den DFB-Pokal konnten so über 10.000 zusätzliche Anfragen bewältigt werden.

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Die KI-Strategie des VfB umfasst drei zentrale Bereiche.

Spielanalyse durch KI kommt bei Scouting und Taktikanalyse zum Einsatz, in enger Kooperation mit Partnern wie SAP und der Schwarz-Gruppe. Diese Partnerschaften ermöglichen es dem Verein, auf modernste Technologien zuzugreifen, ohne selbst massive Investitionen tätigen zu müssen.

Als strategischer Partner der Next-Gen Start-Up-Factory Baden-Württemberg plant der VfB einen innovativen Co-Working-Space auf der Gegentribüne. Unter der Woche sollen Start-ups dort KI-Anwendungen entwickeln, am Wochenende wird der Bereich wieder zum Zuschauerraum. Diese Partnerschaft mit der LBBW und der Schwarz-Gruppe soll kontinuierlich neue Geschäftsmodelle generieren.

 
Von Daten zu Geschichten

Bastian Zuber, Geschäftsführer der DFL Digital Sports GmbH, erläuterte die komplexe Transformation von Rohdaten zu verständlichen Fan-Inhalten. Die Bundesliga Matchfacts basieren auf 3,6 Millionen Datenpunkten pro Spiel, die durch über 20 Kameras in jedem Stadion erfasst werden. Diese echtzeitgenerierten Statistiken erfordern jedoch aufwändiges Training der KI-Modelle: Für Expected Goals (xG) wurden 40.000 historische Torschüsse analysiert, für Passprofile zwei Millionen Pässe mit 26 verschiedenen Merkmalen ausgewertet.

Match Momentum soll die Matchfacts ergänzen.

Die Entwicklung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit AWS und ehemaligen Profispielern sowie Kommentatoren der Medienpartner. Diese Kooperation stellte sicher, dass die generierten Daten nicht nur technisch korrekt, sondern auch sportlich relevant und verständlich sind. Internationale Umfragen bestätigen den Erfolg: 90 Prozent der Fans empfinden diese Matchfacts als deutliche Bereicherung ihres Spielerlebnisses.

Zuber identifizierte vier entscheidende Faktoren für die erfolgreiche Implementierung von Sport-Daten: Datenreduktion aus der enormen Masse verfügbarer Informationen, professionelle Visualisierung für schnelle Verständlichkeit in den wenigen Sekunden verfügbarer Sendezeit, kontextuelle Einbindung zum richtigen Zeitpunkt und klare Definition aller Matchfacts mit verständlichen Erklärvideos für interessierte Fans.

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Als Neuheit stellte Zuber den Match Momentum vor, der alle fünf Minuten rückwirkend analysiert, welche Mannschaft gerade »am Drücker ist«. Verschiedene Kriterien wie Spielanteile in der gegnerischen Hälfte, Torschüsse, Freistöße und Eckbälle fließen in diese Bewertung ein. Dieser Matchfact hilft dabei, das oft intuitive Gefühl für Spielverläufe zu quantifizieren und präziser zu beschreiben, was besonders bei ausgeglichenen Spielen wertvolle Einblicke liefert.

Balance zwischen Innovation und Authentizität

Die DFL demonstrierte beim Franz-Beckenbauer-Supercup 2025, dass technologische Innovation und fußballerische Authentizität keine Gegensätze darstellen, sondern sich gegenseitig bereichern können. Die präsentierten Lösungen folgen dabei einer klaren Philosophie: Technologie dient als Enabler für bessere Fan-Erlebnisse, ohne die Essenz des Fußballs zu verfälschen.

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