Bildgestaltung: KI wird erwachsen
KI etabliert sich als ernstzunehmende Option für die visuelle Fernsehproduktion. André Götzmann berichtet, wie er für eine WISO-Doku mit KI Szenarien zukünftiger Welthandelspolitik bebilderte.

Für mich begann die erste visuelle Arbeit mit KI im Februar 2023. Damals erkannte ich sofort, welches Potenzial bei KI aus visueller Sicht entsteht, und im Mai 2023 entschlossen wir uns, mittels Midjourney ein »fotografisches Reenactment« im Mittelalter für Lucrezia Borgia – Tochter des Papstes ZDF/Arte zu erstellen (siehe Bericht darüber). KI als visuelles Gestaltungsmittel in der Fernsehproduktion war zu diesem Zeitpunkt noch nirgends ein Thema, wir waren mit unserem KI-Projekt Pioniere.
Bis dato waren KI-generierte Inhalte auch meist als KI erkennbar. Das hat sich bis September 2025 grundlegend geändert. Dazu später mehr.

KI bei WISO
Kirsten Hoehne produzierte zusammen mit Robert Wortmann für die WISO-Redaktion um Florian Neuhann »Die Zukunft des Handels – Zölle, Kriege, freie Märkte?«.
Eine Produktion, die in großen Teilen auf KI setzt und bei der die beiden Autorinnen Andrea Schäfer und Antonia Schaefer zusammen im Team von Florian Neuhann nicht mehr die klassischen Autoren waren, sondern die KI als Glaskugel für den Blick in die Zukunft nutzten. Sie sollte beantworten, welches Zukunftsszenario im Jahr 2035 für den Handel wahrscheinlicher werden wird: Der Weg in den Protektionismus oder in offenere Märkte bis hin zum Hyperglobalismus.

Die KI nahm somit eigentlich die Rolle eines Co-Autors ein, den es im Film zu hinterfragen galt.
Entstanden ist eine spannende Doku, die – neben den klassischen Drehs an Originalschauplätzen rund um den Globus und Experteninterviews – auf der audiovisuellen Ebene voll auf KI setzt. So wurden sämtliche 65 Szenarien, die in dem Film die Zukunft behandeln, mittels KI erstellt.
Wie es zu dem Projekt kam
Im August 2025 kam Kirsten Hoehne, Produzentin bei Spiegel TV, auf mich zu. Wir kennen uns seit unserem gemeinsamen Dokumentarmehrteiler »Wir Kinder von Lügde«, bei der ich der DoP war. Die Doku wurde mit dem Blauen Panther ausgezeichnet.

Obwohl der visuelle Anspruch äußerst hoch war, da man ja ein Experiment wagte, war KI anfangs als klassische Bebilderung der Szenarien gedacht. Bei einem Projekt, das an so vielen Stellen völlig neue produktionstechnische Wege geht, wollte Kirsten aber deutlich mehr.

Einzelne Clips zu erstellen, um einen Kontext zu bebildern sind das eine. Eine ganz andere Geschichte ist es, filmdramaturgisch eine Szene zu erfassen. Die Szenarien sollten jeweils eine geschlossene Geschichte bilden und etwas Gemeinsames haben. Sie als Produzentin hatte dazu die Idee, benötigte aber ein kreatives Pendant. Deshalb suchte sie jemanden, der beide Welten verbindet, die des klassischen DOPs und die eines AI Artists.
So kam ich ins Spiel. Kirsten erinnerte sich an mich als AI Pioneer. Und so sollte ich das Team von Spiegel TV anleiten, die Visuals erstellen und die Produktion überwachen. Wegen Arbeitsüberlastung und Vaterschaftsurlaub schrumpfte das Team sehr schnell auf mich zusammen.
Aufwand
Die Aufgabe bestand darin, 65 Zukunftsszenarien bildhaft in KI umzusetzen. Manche bestanden aus einfachen Settings. Personen arbeiten in einer Fabrik im Jahre 2035 und verrichten dies und das.
Dann gab es aber auch Szenen wie folgende: Satellitenaufnahme Erde: Datenströme verbinden Städte weltweit, blinkende Linien zeigen Lieferketten zwischen Häfen, Fabriken und Städten. Ein sehr abstrakter Text, den es in eine spannende kleine visuelle Geschichte umzusetzen galt. Dafür wurde bisher VFX benötigt – nun ist dies mittels KI möglich.

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