Branche, Top-Story: 02.12.2008

Rhein-Main-Event: Die Branche diskutierte in Wiesbaden

Teltec hatte im Vorfeld der eigenen Veranstaltung »Rhein-Main-Event« verschiedene Branchen-Insider zu einer Podiumsdiskussion nach Wiesbaden eingeladen. Im Videoreport und im Textbeitrag von film-tv-video.de sind Ausschnitte der Diskussion zusammengefasst, die sich um die Zukunft der Broadcast-Branche drehte.

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Bereits zum dritten Mal richtete Teltec im Herbst 2008 in den Konferenzräumen des ZDF seinen »Rhein-Main-Event« aus und versammelte dort rund 40 Hersteller und Distributoren — darunter Sony, Panasonic und JVC sowie zahlreiche Zubehör- und Objektivhersteller. Die Firmen präsentierten im Rahmen der gut besuchten Veranstaltung ihr aktuelles Equipment dem interessierten Publikum: Gut 400 Besucher kamen und konnten das Equipment vor Ort begutachten und zudem auch zahlreiche Vorträge zu ganz unterschiedlichen Branchenthemen hören.

Die Veranstalter Teltec und MPEC sehen im Rhein-Main-Event eine wichtige Alternative für all jene, die nicht mehr zur IBC fahren wollen oder können, und glauben, dass die Veranstaltung durchaus noch ausbaufähig sei. Den Fokus des Events hat Teltec in diesem Jahr auch auf andere Weise erweitert und am Vorabend der Veranstaltung zahlreiche Branchen-Insider zu einer Podiumsdiskussion nach Wiesbaden geladen.

Podiumsdiskussion: Was bewegt die Branche?

Ernst Feiler von Grundy UFA, Frank Kraus von Arri, Uwe Rohr von Panasonic, Goran Hantschel von Sony, Prof. Dr. Rolf Hedtke von der TU Darmstadt, Falk Wöhler-Moorhoff von Detecon und Herbert Ternes von Media Broadcast diskutierten gemeinsam mit dem Moderator Gerhard Bergfried die Zukunft der Broadcast-Branche.

Ralf Pfeffer, Geschäftsführer von Teltec, erklärte die Intention, eine Veranstaltung wie den Rhein-Mian-Event ins Leben zu rufen, damit, dass es für die Branche viel zu wenig Gelegenheiten gebe, sich jenseits von Messen und anderen großen Events über aktuelle Themen zu unterhalten und darüber zu diskutieren. In Zeiten massiver Änderungen des Marktes hält Ralf Pfeffer gerade dies jedoch für wichtiger denn je, denn aus seiner Sicht hat sich mit der digitalen Revolution die Angebotsseite radikal verändert: Heute sorge die »Demokratisierung von Produktions-Equipment« für einen völlig veränderten Markt, der neue Wege bei den Anbietern in allen Bereichen erfordere.

Darin stimmt er mit Ernst Feiler von Grundy UFA überein, der sich als Head of Technology beim größten deutschen TV-Serienproduzenten die »industrielle TV-Produktion« auf die Fahnen geschrieben hat. Grundy UFA produziert jährlich mehr als 750 Stunden fiktionale Serien und das, erklärte Feiler, gehe nur, weil sich das Unternehmen auf komplett neue Produktionsweisen eingelassen habe. »Technologie ist heute keine Beschränkung mehr, sondern sie bietet die Chance, damit kreativ umzugehen«, meint Feiler und ergänzt, dass man bei all den Änderungen aber die komplette Produktionskette im Auge behalten müsse. Er sieht hier durchaus vielfältige Verbesserungsmöglichkeiten und glaubt, dass die Medienbranche sich endlich als Industrie begreifen und mit anderen Industriezweigen vergleichen müsse. So könne die TV-Produktion viel von den Methoden in der Automobilindustrie lernen, wo die vernetzte Produktion in allen Bearbeitungsstufen optimiert worden sei. Soll heißen: Die einzelnen Gewerke der Medienproduktion sollten vielmehr ineinander greifen, vor allem sollte man sich von Anfang an um die Technik kümmern, weil sonst Drehbücher entstünden, die niemand umsetzen könne. Außerdem müssten momentan viele gleiche oder ähnliche Arbeitschritte in der TV-Produktion unnötig mehrfach ausgeführt werden, was man eigentlich leicht vermeiden könne, wenn man sich die aktuellen Technologien zu eigen mache.

Von analog zu digital

Arri-Vorstand Franz Kraus meint, dass beim Transfer von analoger zu digitaler Technik ein Mehrwert entstehen sollte und ergänzt, dass seine Sorge nicht die nahezu unüberschaubare neue Technik sei, sondern die handwerklichen Probleme, die daraus entstünden. Darin bestätigt ihn Ernst Feiler, der mehr Ausbildung und Schulung fordert. Mit neuer Technik billiger zu produzieren, das heiße nicht, mit unterbezahlten Studenten zu arbeiten, so Feiler. Stattdessen müsse mehr Intelligenz in die Produktion an sich gesteckt werden: »Wir brauchen viel mehr Transparenz in der Produktionskette«, fordert Feiler, der völlig überforderte Drehsets ausmacht, weil die unterschiedlichen Gewerke eben nicht miteinander redeten.

Ist Qualität bezahlbar?

Franz Kraus von Arri brachte mit dem Thema Qualität noch einen weiteren Aspekt in die Diskussion. Aus seiner Sicht wird derzeit nicht zuletzt auch aufgrund neuer Technologien oft schon bei der Aufzeichnung und damit an der völlig falschen Stelle gespart. Da, wo man für die Bearbeitung und spätere Archivierung Spielraum brauche, dürfe man nicht am stärksten die Kostenschere ansetzen.

Stichwort Qualität: Den Grund, weshalb von der Qualität, die HD in der Produktion mit sich bringt, derzeit auf den Flachbildschirmen der Consumer noch so wenig ankommt, sieht Prof. Dr. Hedtke darin, dass es derzeit eben noch keine oder wenig funktionierende Business-Modelle für HD beim Endkonsumenten gebe. Schließlich müsse der Consumer auch bereit sein, mehr dafür zu bezahlen, weil derzeit schlichtweg noch eine höhere Bandbreite in der Übertragung notwendig sei. Prof. Hedtke ist sich aber sicher, dass dieses Thema zeitnah mit der Entwicklung besserer Codecs bis 2010 gelöst werde und HD dann eine ähnliche Entwicklung nehmen könne wie die CD.

Falk Wöhler-Moorhoff vom Beratungsunternehmen Detecon glaubt, dass der Konsument durchaus auch Qualität wünsche, er schränkt aber gleichzeitig ein, dass dies nur ein Faktor unter vielen sei, den der Konsument letztlich auch als selbstverständlich voraussetze.

Aufgabe der Hersteller

Welche Rolle spielen die Hersteller in diesem Szenario? Für Uwe Rohr von Panasonic ist es klar, dass ein Hersteller wie Panasonic die Aufgabe habe, Werkzeuge zu entwickeln, um all den Content, der produziert wird, effektiv bearbeiten zu können. Goran Hantschel möchte seinen Arbeitgeber Sony hingegen nicht nur als reinen Hersteller, sondern vielmehr als Entertainment-Unternehmen verstanden wissen, dass dafür sorge, dass die Content-Wolke, in der wir uns mittlerweile bewegten, immer und überall mit ganz unterschiedlichen Geräten abrufbar sei.

Damit das gut funktioniere, sie es essenziell, dass Content in einer möglichst hohen Auflösung vorliege, sodass daraus alle möglichen gewünschten Formate generiert werden können.

Für Prof. Dr. Hedtke ist hier 1080p50 eindeutig das Format der Wahl, weil daraus alle weiteren Formate pixelgenau herunterskaliert werden könnten, was Goran Hantschel unter dem Schlagwort »Seamless Media« zusammenfasst.

Franz Kraus von Arri möchte die Qualitätsstandards zumindest im Top-Segement der Produktion noch höher sehen, und illustriert seine Sicht der Dinge damit, dass man heute aus einem Uralt-Film wie »Bambi« eine hochwertige HD-Kopie herstellen kann. Aus Sicht von Kraus haben 35-mm-Spielfilme schon vor Jahrzehnten einen Qualitätsstandard gesetzt, den heutzutage in der digitalen Welt gerademal 4K-Produktionen halten können.

Auch jenseits der Archivierungsfrage spielen Formatdiskussionen in der digitalen Welt eine immer größere Rolle. Ernst Feiler von Grundy UFA meint allerdings, dass man sich diese Diskussionen getrost sparen könne und stattdessen besser nach Antworten suchen und mehr Intelligenz in die Produktionsmethoden stecken sollte.

Business jenseits des Fernsehens

Bei der Frage nach der Zukunft des Fernsehens prognostizierte Falk Wöhler Moorhoff, dass jenseits des klassischen Fernsehens ein Bereich enstehen werde, bei dem Interaktivität ein größere Rolle spielen werde als bisher. Hier sieht er vor allem IP-TV-Applikationen als Innovationsträger. Herbert Ternes von Media Broadcast ergänzte, dass es letztlich bei allen neuen Formaten immer um die Frage gehe, wie gut das Business-Modell sei und ob die richtigen Partner daran beteiligt seien.