Editorial, Kommentar, Top-Story: 31.08.2011

Wer braucht Digitalradio?

Digital Audio Broadcasting (DAB) hat in Deutschland schon eine lange Geschichte hinter sich: bereits 1987 begann im Rahmen eines EU-Förderprogramms die Entwicklung eines DAB-Standards. Pannen, Fehlstarts und Irrwege kennzeichnen seither die Geschichte von DAB – Erfolgsstories sehen definitiv anders aus.

Jetzt gibt es den nächsten Akt dieser Entwicklung zu bewundern: Zum 1. August 2011 erfolgte ein weiterer Anlauf, digitalen Radioempfang in Deutschland populär zu machen. Wieder wird Gebührengeld auf den Kopf gehauen, um mit DAB+ erneut zu versuchen, eine Technik in den Markt zu tragen, an der ganz offensichtlich die Mehrheit der Bundesbürger kein Interesse hat. Die theoretische Reichweite dieses Angebots liegt bei 38 Millionen Empfängern, der Rest bleibt ohnehin erstmal außen vor. Wer aber wird dieses Angebot tatsächlich nutzen? Glaubt man den Statistiken, besitzt jeder Deutsche durchschnittlich rund vier UKW-Radios. Dem steht die im Vergleich dazu fast schon lächerliche Gesamtzahl von 500.000 DAB-Empfangsgeräten gegenüber – und von denen können viele nicht mal für das nun neu gestartete DAB+ genutzt werden, weil hierfür ein Firmware-Update nötig wäre, das man bei einer Vielzahl von Geräten aber gar nicht durchführen kann.

Für die zögerliche Akzeptanz von DAB gibt es handfeste Gründe. Die bestehende UKW-Technik ist etabliert, bei den Endkunden fest verankert und unschlagbar günstig: Wer heutzutage einen 10er-Pack Druckerpapier bestellt, bekommt das Duschradio kostenlos dazu, das Küchenradio inklusive iPod-Station gibt es überall zum Schnäppchenpreis und den FM-Tuner fürs Smartphone quasi als Gratisdreingabe.

Außerdem: Wie soll sich Digitalradio ernsthaft messen können mit all den Technologien, die seit den ersten Plänen für DAB hinzugekommen sind? Übers Internet gibt es unzählige Radio- und Musikangebote, Podcasts sind jederzeit und zu vielen Themenbereichen verfügbar, per DVB-T und DVB-S kann man ganz nebenbei auch noch diverse Radiokanäle hören, via Satellit sogar aus ganz Europa.

Manchen fällt es offenbar unendlich schwer, den Tod einer Technologie zu akzeptieren. DAB wäre doch längst vom Tisch, wenn es nicht immer wieder aus staatlichen und öffentlich-rechtlichen Töpfen alimentiert würde. Die Verbraucher wollen diese Technik in der Mehrzahl nicht haben und die wenigen Interessenten wurden im bisherigen Verlauf der DAB-Einführung immer wieder verprellt. Irgendwann sollte es doch einfach mal gut sein.

Sie werden sehen.

Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

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