Branche, Broadcast, Site-Report, Top-Story, Workflow: 03.09.2013

RBB: Zuhause in Berlin und Brandenburg

Seit Mai 2013 sendet der RBB sein Vorabend-Journal »ZIBB – Zuhause in Berlin und Brandenburg« aus einem HD-Studio. Damit ist ein erster, großer Meilenstein innerhalb eines umfassenden Modernisierungspakets erreicht, das die Zukunftsfähigkeit des Senders Schritt für Schritt vorantreiben soll. Weitere Installationen und Technikumstellungen an verschiedenen Standorten des RBB werden folgen. film-tv-video.de war vor Ort und hat mit dem Abteilungsleiter Fernsehbetrieb Wolfgang Hanke und dem ZIBB-Redakteur Oliver Paetschke über die ZIBB-Modernisierung und weitere Installationen gesprochen.

Im Mai 2013 ging das Magazin ZIBB erstmals aus dem neuen HD-Studio in Potsdam auf Sendung. Neu ist nicht nur das Set, sondern auch die komplette Arbeitsweise: Die Redaktion arbeitet file-basiert, nutzt Open Media als multimediales Planungs- und Redaktionssystem und die eigentliche Sendung wird mit einer Aveco-Regieautomation abgewickelt. Alles wird komplett in HD produziert, erst am Sendeausgang erfolgt derzeit noch die Down-Konvertierung nach SD. Ab dem 5. Dezember 2013 nimmt der RBB  gemeinsam mit HR und MDR die HD-Ausstrahlung seines Programms auf, dann kann die nun wesentlich höhere Bildqualität auch in voller Qualität bis zum Endkunden weitergegeben werden.

Der Sendestart von ZIBB aus dem neuen HD-Studio ist Grund für den RBB, nicht nur dieses neue Studio und die Erneuerungen in dessen direktem Umfeld zu feiern, sondern auch das Erreichen eines wichtigen Meilensteins: Das neue ZIBB-Studio ist Teil eines umfangreichen Pakets neuer Projekte und Maßnahmen.

HINTERGRUND RBB

Der Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) ist der jüngste Sender innerhalb der ARD. Er entstand am 1. Mai 2003 aus der Fusion des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB) mit dem Sender Freies Berlin (SFB). Seither ist der RBB als öffentlich-rechtlicher Sender für die Bundesländer Berlin und Brandenburg zuständig und hat mit Potsdam und Berlin zwei Hauptsitze.

Von den Eckwerten, wie etwa Zahl der Einwohner im Sendegebiet, Gebühreneinnahmen und Zahl der Planstellen, gehört der RBB zu den kleineren Landesrundfunkanstalten. Er führt unter diesen Aspekten das untere Drittel der ARD-Anstalten an — vor den allerdings nochmal deutlich kleineren Sendern Saarländischer Rundfunk (SR) und Radio Bremen (RB). Von der Größe her ist der RBB am ehesten mit dem Hessischen Rundfunk (HR) vergleichbar.

Der RBB beschäftigt derzeit rund 1.500 feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Gesamtbudget des Jahres 2013 liegt bei 417,4 Millionen Euro.

Neben dem eigenen TV-Programm betreibt der Sender sechs regionale Radioprogramme, sowie die Website www.rbb-online.de. Der RBB produziert zudem Sendungen für die ARD, sowie Radio- und Fernsehsendungen in sorbischer Sprache und Sendungen für das multikulturelle Radioprogramm Funkhaus Europa.

Eine Besonderheit des RBB besteht darin, dass am Senderstandort Potsdam auch das Playout-Center der ARD angesiedelt ist, von dem aus die gemeinsamen Digitalprogramme der ARD ausgestrahlt werden. Außerdem ist der RBB gemeinsam mit dem WDR federführend für das ARD-Hauptstadtstudio in Berlin zuständig.

Gesamtprojekt MAP

Wolfgang Hanke, Abteilungsleiter Fernsehbetrieb beim RBB, erklärt: »Ich muss etwas weiter ausholen, um all die Projekte zu beschreiben, die wir unter dem Kürzel MAP zusammengefasst haben.« MAP steht für »medienübergreifendes Arbeiten im Programm« und stellt letztlich das Dach eines Projekts dar, das auf mehreren Säulen ruht.

Im Wesentlichen geht und ging es dabei um vier größere Bereiche und Projekte:

  • In den Bereichen Hörfunk, Fernsehen und Online soll Open Media von Annova als multimediales Redaktions- und Planungssystem eingeführt werden. Damit löst der RBB das bisher verwendete iNews-System ab.
  • Der RBB strebt eine komplett file-basierte Produktionsweise an. Dafür müssen alle Regien und Studios an den Standorten Berlin und Potsdam bis Ende 2016 erneuert und automatisiert werden.
  • Im Rahmen der Umstellung auf eine file-basierte Produktion soll ein übergreifendes Content Management System eingeführt werden
  • Der RBB strebt eine Digitalisierung seiner Archive an. Ein Pilotprojekt steht aktuell vor dem Abschluss, in Kürze soll das Projekt in den Regelbetrieb gehen.

»Wir haben im Planungsprozess erkannt, dass man einige dieser Projekte umfassender gestalten und zusätzliche Aspekte berücksichtigen musste. So wurden sie komplexer in der Abhängigkeit zu anderen Projekten und dauern nun teilweise geringfügig länger als ursprünglich geplant«, berichtet Wolfgang Hanke. »Dafür können wir nun auch von neuen technischen Entwicklungen und den Erfahrungen anderer Anwender profitieren.«

Einer der ersten Schritte der mittlerweile dringend erforderlichen Hardware-Erneuerung des RBB fand im Jahr 2009 statt: Zur Leichtathletik-WM wurden die Regie und das Studio A in Berlin komplett erneuert. Im Studio wurde europaweit das erste LED-Studioilichtsystem hinter der Opera-Folie installiert. Eine weitere Regie in Berlin hatte der Sender schon außerplanmäßig wegen eines Wasserschadens erneuern müssen. »Nun setzen wir die Hardware-Erneuerung in Potsdam fort, denn hier hatten wir bis vor kurzem noch den technischen Stand aus dem Jahr 1996: seriell-digitale Komponenten, zwei spiegelbildlich aufgebaute Regien und zwei SD-Studios mit 140 und 190 qm.«

Das erste Studio und die dazugehörige Regie in Potsdam sind nun also in Betrieb gegangen und seit dem 21. Mai 2013 wird hier das Vorabend-Journal ZIBB automatisiert, file-basiert und in HD produziert. (Mehr dazu folgt in den weiteren Abschnitten dieses Artikels.)

Die Besonderheiten der diversen Ausschreibungsverfahren sorgten bei den aktuellen Projekten für einige Änderungen im Zeitplan: So gibt es etwa beim Content Management System noch kein verbindliches Angebot. »Das bedeutet im Klartext, dass sich die Einführung des CMS verschieben wird — und davon natürlich auch die file-basierte Produktion betroffen ist.«

Aus der Sicht von Wolfgang Hanke muss man in der Situation des RBB aber mit solchen Effekten leben: »Im Broadcast-Bereich handelt es sich heute um komplexe, miteinander verbundene Systeme. Am besten und einfachsten wäre es also, man würde alles gleichzeitig austauschen und neu aufsetzen. Das können wir aber als kleinerer Sender nicht realisieren, weil wir nur über begrenzte räumliche, finanzielle und personelle Ressourcen verfügen. In der Folge müssen wir also schrittweise vorgehen und Workarounds schaffen.«

Teamwork beim Pilotprojekt ZIBB

»Als unsere Planung für die Hardware-Erneuerung Potsdam konkreter wurde, haben wir überlegt, mit welcher Redaktion die Umsetzung der diversen Projekte beginnen könnte. Mein Vorschlag war es, mit einer Magazin- statt mit einer Nachrichtensendung zu starten«, blickt Wolfgang Hanke zurück. »ZIBB-Redaktionsleiter Jens Riehle signalisierte Interesse, mit seiner Redaktion an der Einführung von Open Media und des Studio- und Regieneubaus als Vorreiter von der redaktionellen Seite mitzuwirken. So reifte schließlich die Entscheidung, mit dem Neubau von Regie 3 in Potsdam zu beginnen, eine neue Automation zu installieren und parallel dazu ein modernes Redaktionssystem einzuführen.«

Um eine möglichst enge Zusammenarbeit mit der Redaktion zu ermöglichen, einigten sich Hanke und Riehle, einen Projektredakteur aus der ZIBB-Redaktion zu benennen, der als Übersetzer zwischen Redaktion und Technik fungieren könnte und dafür idealerweise auch einen Einblick in beide Welten haben sollte. Mit Oliver Paetschke wurde dieser Mann gefunden.

»Uns ging es darum, die Kommunikation zwischen Technik und Redaktion zu optimieren und zu verhindern, dass es technische Vorgaben oder Grenzen gibt, unter denen die Redaktion nicht optimal arbeiten kann«, erläutert Oliver Paetschke.

Während des  — auch aufgrund der europaweiten Ausschreibung — gut zweijährigen Projekts bis zur ersten Sendung am 21. Mai 2013 ging es für Paetschke in seiner Vermittlerrolle unter anderem darum, gemeinsam mit der Redaktion zu definieren, wie das neue Studioset aussehen und bespielt werden sollte und in etwa die Anforderungen an die neue Regie zu formulieren, bis hin zur Frage, wie viele Redakteure bei einem Stundenmagazin wie ZIBB in der Regie präsent sein müssen. Die Klärung dieser und vieler weiterer Fragen sollte immer im Dialog mit Redaktion und Technik vorwurfsfrei stattfinden, so der Ansatz.

Europaweite Ausschreibung, Ziele

Die Erneuerung des ZIBB-Studios in Potsdam musste der RBB als öffentlich-rechtlicher Sender europaweit ausschreiben. »Dabei mussten wir letztlich schon 12 bis 16 Monate vorausdenken, wie sich die technische Landschaft entwickeln würde, was nicht immer ganz einfach war«, erinnert sich Wolfgang Hanke.

Insgesamt umfasste das Planungsteam des Projekts rund zehn Mitarbeiter. Das Kernteam bestand allerdings nur aus drei Personen: dem Abteilungsleiter Wolfgang Hanke, dem ZIBB-Redakteur Oliver Paetschke und einem externen Projektleiter.

»Die Vorgaben der Geschäftsleitung an das Projekt waren ebenfalls klar und eindeutig: Es sollte möglichst die neueste Technologie eingesetzt werden, um die Abläufe personell zu optimieren und technisch zu automatisieren«, berichtet Wolfgang Hanke.

Die EU-Ausschreibung erfolgte mit einem vorgeschalteten Teilnehmerwettbewerb und am Ende blieben vier Anbieter übrig.

Ergebnis der Ausschreibung

In der EU-Ausschreibung waren einige Komponenten klar gesetzt, darunter das Redaktionssystem, die Studiokameras, die Schriftgeräte und das Tonpult. Alles andere wurde funktional ausgeschrieben. Bei der Automation wurden Mosart und Aveco angeboten, hier fiel die Wahl auf Aveco. Beim CMS steht die Auftragserteilung zur Integrationsdienstleistung derzeit noch aus.

Als Generalunternehmer für den Umbau von den Studios und Regien hat die Firma Sono Studiotechnik die Ausschreibung gewonnen, mit dem Systemintegrator für die Automation Logic Media.

Parallele Projekte bei der ZIBB-Umstellung

Oliver Paetschke erläutert die Ausgangssituation so: »ZIBB ging im November 2003 als gemeinsames Programm der gerade zum RBB fusionierten Sender SFB und ORB an den Start. Dafür wurde ein neues Studio eingerichtet, das den damaligen Technik- und Designanforderungen entsprach. Die zugehörige Regie war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon sieben Jahre alt und nach weiteren acht Betriebsjahren, war schon zum Planungsbeginn 2011 klar, dass wir hier modernisieren mussten: Die Regie fiel uns in den folgenden Produktionsjahren immer mehr auseinander — wir hatten wirklich einige wenige technische Ausfälle.«

Gleichzeitig sollte ja der Schritt auf HD erfolgen, was zwar keine komplette Erneuerung des Studios erforderte, aber doch einige tiefergehende Änderungen unumgänglich machte. »Wir mussten also das Studio erneuern, die Regie komplett, wir brauchten einen gewissen Automationsgrad — und in der Folge auch noch ein moderneres Redaktionssystem. Im gleichen Schritt wechselten wir von der bandbasierten zur file-basierten Arbeitsweise. In der Summe war das für alle Beteiligten natürlich eine große Herausforderung. Der Schritt weg vom Band hatte dabei letztlich die größten Auswirkungen auf die Arbeit und Denkweise der Redaktion«, resümiert Paetschke.

Weil die Installation eines Content Management Systems (CMS) noch aussteht, stellte die Redaktion zunächst ohne CMS auf file-basiertes Arbeiten um und ist jetzt so auf Sendung. In der täglichen Arbeit wirft das viele Fragen auf: Welche Namen sollten und dürfen die Files haben? Wer darf Files verschieben oder gar löschen? Wo sollten Files in welcher Form abgelegt werden? Normalerweise erledigt ein CMS solche Jobs im Hintergrund, so dass diese Fragen gar nicht auftreten.

»Das file-basierte Arbeiten ohne CMS bedeutet für die Redaktion in einigen Bereichen sogar einen kleinen Rückschritt, das muss man ganz klar sehen. An einigen Stellen sind Workarounds erforderlich, die zunächst einmal Mehrarbeit bedeuten. Weil wir aber wissen, dass das nur temporär ist und mit dem CMS der nächste Schritt zu besseren Abläufen erfolgen wird, beißen wir uns durch«, erläutert Oliver Paetschke.

Neue Aspekte für die Redaktion und die Sendung brachte auch das neue Studioset: Drei große Monitorflächen können und müssen bespielt und separat angesteuert werden. Das bietet der Redaktion zwar viele neue Möglichkeiten, um Inhalte zu transportieren und beispielsweise die Talkpassagen der Magazinsendung optisch aufzupeppen. Den neuen Möglichkeiten steht aber auch der zusätzliche Aufwand gegenüber, den es braucht, um die Inhalte dafür zu produzieren.

Dreiphasen-Modell bis zum Sendestart

Angesichts der Fülle an Baustellen innerhalb der parallel stattfindenden Projekte bei der Umstellung von ZIBB, einigte man sich beim RBB auf ein Dreiphasen-Modell (blau, gelb und rot) mit dem Ziel eines Sendestarts am 21. Mai. »Am Ende jeder Phase mussten wir einen gemeinsam definierten Endpunkt erreicht haben«, berichtet Oliver Paetschke. »Es war klar: Nur wenn dieser Endpunkt erreicht wurde, konnten wir überhaupt die nächste Phase in Angriff nehmen. Wir haben jeden Freitag die To-Do-Liste bewertet.«

Dass das trotz vieler Hürden funktioniert hat, war aus Sicht von Paetschke nur möglich, weil alle Beteiligten sehr offen miteinander umgegangen sind: »Wir waren uns beispielsweise einig, dass es bei diesem Projekt, nie um irgendeine „Schuldfrage“ gehen durfte, sondern immer darum, gemeinsam eine Lösung zu finden.« Dass dabei alle Beteiligten auch mal die eine oder andere Kröte schlucken mussten, versteht sich von selbst.

Für die Redaktion etwa bedeutete das Projekt zunächst sehr viel Mehrarbeit, denn drei Monate lang wurde im Doppelbetrieb produziert: In dieser Phase wurde die Regelsendung bandbasiert mit dem alten Redaktionssystem aus dem alten Set und aus einer Übergangsregie produziert. Parallel dazu wurden Probesendungen mit den neuen Systemen gefahren. Auch nach dem Sendestart lässt sich nun die derzeit noch systemimmanente Mehrarbeit mit dem neuen System langsam und stückweise reduzieren.

»Das hat die Redaktion an den Rand der Leistungsfähigkeit gebracht«, so Paetschke: »Aber das positive Feedback auf das neue Set und das Lob für die selbst in der SD-Ausstrahlung noch sichtbar bessere Bildqualität von Seiten der Zuschauer motivieren natürlich ebenso, wie die Aussicht auf die besseren Abläufe, wenn erst mal das CMS installiert ist. Außerdem haben wir jetzt schon ein neues, frischeres, schnelleres Sendungskonzept und mehr Spielflächen für die Moderatoren, auch das macht natürlich mehr Spaß.«

Automation

Für die Geschäftsleitung war klar: Mit der Einführung einer Automation im Zuge der Modernisierung sollte letztlich auch Personal wirtschaftlicher eingesetzt werden — weil die öffentlich-rechtlichen Sender insgesamt Kosten einsparen müssen. Das geht in der Praxis natürlich nur, wenn durch die Automation auch tatsächlich Aufgaben wegfallen, die bis dato ein Operator ausführen musste.

Bei einer Magazinsendung wie ZIBB ging Wolfang Hanke in der Planung davon aus, dass die Automation etwa 20 % der Jobs beim Fahren der Sendung übernehmen könnte, die bisher manuell erledigt werden mussten. Das ist kein wirklich hoher Automatisierungsgrad und letztlich auch den Inhalten der Magazinsendung geschuldet. Bei einer reinen und strukturierten Nachrichtensendung wird wesentlich mehr automatisiert. Aber immerhin: 20 % sind letztlich in einer Magazinsendung auch schon eine Hausnummer, die sich über die Zeit betrachtet durchaus bemerkbar machen.

Die Wahl fiel hier auf das Automationssystem von Aveco und den Integrator Logic Media. »In der Testphase haben wir allerdings festgestellt, dass sich die Automation unserer Sendung nicht so weit vorantreiben ließ, wie wir uns das eigentlich gewünscht hatten«, berichtet Oliver Paetschke. Es kam die generelle Frage auf, inwieweit sich eine Magazinsendung überhaupt automatisieren lässt. Aktuell ist es jedenfalls so, dass es bei ZIBB viele Elemente gibt, die man händisch und manuell abwickelt.

Momentan läuft die Produktion der Sendung so ab, dass die Automation die Hauptbeiträge der Sendung zuspielt, während der File-Operator (Zusammenlegung der Arbeitsplätze Playout und Schriftgrafiker) in der Regie etwa die Bespielung der Monitorwände händisch abwickelt. »Man muss eine Weile mit den neuen Systemen arbeiten, um damit klar zu kommen«, urteilt etwa File-Operatorin Elke Hahn, »aber mittlerweile geht das sehr gut, wenngleich die Fülle an Elementen innerhalb der Ablaufliste teilweise schon ein bisschen unübersichtlich ist.«

Regie

Sono Studiotechnik realisiert für den RBB den Neubau der file-basierten HD-Regien, von denen aus die neuen Studios gesteuert werden. »Sono war für uns ein neuer Dienstleister, mit dem wir bis dato noch nicht zusammengearbeitet hatten«, erzählt Wolfgang Hanke. »Heute können wir aber sagen, dass die Zusammenarbeit bisher zu unserer größten Zufriedenheit verläuft. Die Sono-Leute waren immer da, sie waren kompetent und lieferten einwandfreie Arbeit ab.« Auch Oliver Paetschke sieht das so: »Der Neubau der Regie war bei allen Projekten immer das kleinste Problem: Das funktionierte einfach.«

Zentrale Komponenten der Regie sind ein Kahuna-Bildmischer von Snell, ein Lawo-Audiomischpult, Grafiksysteme von Chyron und ein achtkanaliger EVS-Server im Playout.

TECHNISCHE RAHMENBEDINGUNGEN, EQUIPMENT

Der RBB arbeitet mit dem Produktionsformat AVC-Intra 100. »Wir gehen also mit 100 Megabit durch alle Netze«, verdeutlicht Wolfgang Hanke, »und zwar vom Ingest bis zum Playout und auch ins Archiv.«

Bei den Studiokameras war Sonys Studiokamera HDC-2400 bereits in der Ausschreibung gesetzt. Im EB-Bereich hat sich der RBB hingegen schon vor vielen Jahren für Panasonics P2-System entschieden und damit auch sehr gute Erfahrungen gemacht, so Hanke. Aktuell sind Panasonic-P2HD-Kameras des Typs AJ-HPX3100 im Einsatz, die VJs arbeiten mit dem AG-HPX250 und künftig soll in den 3100er-Nachfolgetyp, die AJ-HPX5000 investiert werden. »Für mich war ein I-Frame-Format schlichtweg zukunftssicherer — und glücklicherweise sah das auch die Geschäftsleitung so«, urteilt Hanke.

Open Media

Die Einführung der ersten Open-Media-Arbeitsplätze beim RBB war aus Sicht des Senders natürlich ebenfalls ein wichtiger Aspekt des neuen ZIBB-Studios. Mit dem multimedialen Redaktions- und Planungssystem verfolgt der RBB das Konzept einer themen- und ereignisbezogenen Planung. »Durch das gemeinsame Redaktionssystem wird der RBB in die Lage versetzt, seine journalistischen Stärken besser und erfolgreicher auf allen Verbreitungswegen wie Radio, TV und Online zu präsentieren«, so RBB-Projektleiter Reiner Raestrup.

Der RBB setzt künftig Open Media als zentrales, multimediales Redaktions- und Planungssystem ein und will damit den gesamten journalistischen Workflow abbilden: von der Recherche in unterschiedlichen Quellen mit zentralen Informations-, Themen- und Beitragspools, über die Planung, bis zum Sendeablauf.

Bis all diese Workflows für die unterschiedlichen Verbreitungskanäle Radio, Fernsehen und Online aber tatsächlich umgesetzt sind, wird es noch eine Weile dauern. Trimedialität lässt sich aus der Sicht von Wolfgang Hanke bei einem kleineren Sender wie dem RBB nicht von heute auf morgen umsetzen. »Wir haben uns daher in der Planungsgruppe darauf verständigt, mit dem Fernsehen zu beginnen, dann den Hörfunk und dessen Harmonisierung der Ausspielsysteme voranzutreiben und schließlich in der nächsten Stufe auch die Online-Schiene umzusetzen.«

Die grundlegenden Voraussetzungen sind aber schon lange geschaffen: Vor rund fünf Jahren wurden die Hörfunk- und Fernsehredaktion des RBB zusammengelegt und ein »aktueller Tisch« eingerichtet, an dem sich die einzelnen Bereiche abstimmen und koordinieren. Dass der Hörfunk- und der Fernseh-Betrieb des RBB zusammengelegt werden, ist ebenfalls schon beschlossene Sache. Das soll Ende 2014 in den Strukturen feststehen.

An allen Standorten sollen die Mitarbeiter am Ende des Open-Media-Rollouts beim RBB Zugriff auf die komplette Funktionalität des Systems haben, was die Absprache von Themen über das gesamte Haus hinweg noch weiter verbessert. Dadurch können Mehrfach- und Parallelrecherchen vermieden und die Konzentration auf die eigentliche journalistische Arbeit erleichtert werden.

Open Media wird über einen Projektzeitraum von 21 Monaten an den insgesamt vier Standorten des RBB in Berlin, Potsdam, Cottbus und Frankfurt/Oder installiert. Nach Abschluss des Rollouts sollen bis zu 800 User gleichzeitig von insgesamt 1.500 Arbeitsplätzen aus mit Open Media arbeiten. Gemeinsam mit dem Open-Media-Partner Thum+Mahr aus Monheim wird neben der Umsetzung der komplexen Workflows mit OpenMedia auch die gesamte Server-IT-Struktur erneuert. Hierfür werden IBM-Server eingesetzt, auf denen OpenMedia in virtuellen Umgebungen und auf Basis von Microsoft-Betriebssystemen und -Datenbanken konfiguriert wird.

Vorteile der file-basierten Produktion

Wie schafft man es, eine Redaktion für den Umstieg in die file-basierte Welt zu motivieren, wenn das wie beim RBB zunächst sogar mit etlichen Nachteilen verbunden ist?

Dass genau das bei ZIBB funktioniert hat, erklärt Oliver Paetschke so: »Der positive Ausblick gab wohl den Ausschlag: Wir konnten die Redakteure überzeugen, dass sie letztlich in der Zukunft den Zugriff aufs komplette Rohmaterial des Senders haben werden, um damit ihre Beiträge zu gestalten und abzurunden. Schneller, direkter Zugriff auf Bild- und Tonmaterial, um eine Story noch ein bisschen besser erzählen zu können, das ist es letztlich, was sich die redaktionelle Seite wünscht.«

Mit der technischen Umstellung ist zudem bei ZIBB auch der Wechsel von älteren Pinnacle- hin zu aktuellen Avid-Schnittsystemen verbunden. »Das eröffnet uns funktional und gestalterisch ganz neue Möglichkeiten« — und das motiviert natürlich ebenfalls«, ergänzt Oliver Paetschke.

Wolfgang Hanke glaubt, dass auch der nun mögliche Blick über den Tellerrand, hinein in andere Redaktionen, für viele Mitarbeiter ebenfalls sehr reizvoll ist. »Wir sehen jetzt schon, dass durch die neuen technischen Möglichkeiten der Austausch zwischen den Redaktionen größer geworden ist, was die journalistische, inhaltliche Arbeit natürlich befruchtet.«

Veränderung durchs CMS

Was wird sich verändern, wenn schließlich das CMS-System im Einsatz sein wird?

Wolfgang Hanke geht fest davon aus, dass einige lästige Aufgaben wegfallen und die positiven Aspekte des file-basierten Arbeitens auf eine neue Ebene gehoben werden: »Aktuell sind wir beim Ingest durch das fehlende CMS doch noch ziemlich eingeschränkt.« Material, das derzeit auf P2 oder auf anderen Quellen ankommt, muss aktuell noch direkt auf einen Avid-Isis-Produktionsserver gespielt werden. »Das ist sicherlich nicht der eleganteste Weg, aber derzeit müssen wir so arbeiten, weil wir für das Material eine anständige Verwaltung benötigen, die uns derzeit nur dieses System bietet.« Das führt dazu, dass selbst der großzügig bemessene Isis-Speicher mittlerweile »überläuft« und in den Redaktionen deshalb klare Absprachen getroffen werden müssen, wann welches Material gelöscht werden kann — was wiederum Zeit und Aufwand bedeutet. »Wenn erstmal das CMS installiert ist, wird hier vieles automatisiert ablaufen, was nun noch manuell gemacht werden muss — und wir werden unter vielen Aspekten elegantere, schnellere und effizientere Lösungen haben.«

Dennoch kann Wolfgang Hanke sogar der momentanen Situation noch etwas Positives abgewinnen: »Letztlich sind wir — oberflächlich gesprochen — mit einer Havarielösung an den Start gegangen und wissen nun sehr genau, wie wir später im Falle von Problemen doch weiterarbeiten können.«

Ziel ist es aber definitv, im Zusammenspiel mit dem CMS ein Omneon-Mediagrid als Ingest-Zwischenspeicher mit etwa 120 TB Speicher in Betrieb zu nehmen. Den Zugang dazu werden verschiedene Video-Ports eröffnen, sodass der Ingest nicht mehr aufs zentrale Zuspielen von ausschließlich Files begrenzt ist.

Archivsystem

Die Archivierung realisiert der RBB in Zusammenarbeit mit dem digitalen Archiv beim IVZ. Das Informations-Verarbeitungs-Zentrum (IVZ) wurde im Jahr 1993 als Gemeinschaftseinrichtung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten gegründet. Neben dem Betrieb digitaler Archive tritt das IVZ auch als Service-Provider für SAP-Dienstleistungen und Rechenzentren auf. Der Hauptsitz des IVZ befindet sich in den Gebäuden des RBB in Berlin, und seit dem 01.01.2011 verfügt das IVZ zudem über einen zweiten Standort in Köln.

Wolfgang Hanke bilanziert, dass die Archivierung im Zusammenspiel mit dem IVZ in SD schon seit langem sehr gut funktioniere. Bei der HD-Archivierung gebe es allerdings noch ein paar systembedingte Baustellen, die gelöst werden müssten. Rohmaterial wird mit dem System zumindest derzeit ebenfalls nicht archiviert, sondern lediglich ein Cleanfeed und das Programmsignal. »Unser Ziel ist es, hier mit dem IVZ praktikable Lösungen zu erarbeiten«, fasst Wolfgang Hanke zusammen.

Oliver Paetschke  glaubt, dass das Thema Speicher künftig ganz generell eine immer größere, wichtigere Rolle spielen werde: »In den Redaktionen läuft täglich mehr Material auf, vor allem auch in HD. Aktuell ist das noch überschaubar, aber die echte Nagelprobe kommt, wenn die Systeme einmal gut ausgelastet und gefüllt sind«, so seine Einschätzung. Wolfgang Hanke spricht noch einen weiteren Aspekt an: »Viele Sender lösen dieses Problem mit Masse und legen sich immer noch mehr Speicher zu. Aber meiner Meinung nach braucht es einen anderen Ansatz: Ich finde, dass man sich auch von Material lösen muss, sonst verliert man irgendwann den Überblick. Aber um zu dieser Erkenntnis zu kommen, muss man eben erst die nötigen Erfahrungen in der file-basierten Welt machen, vor allem in den Redaktionen.«

System-Updates in der file-basierten Welt

Viele Broadcaster, die auf file-basierte Workflows und Technologien umstellten, haben damit ein ganz neues Fass aufgemacht: Wie geht man mit Software-Updates bei einem laufenden System um? Wie beeinflussen einzelne Updates die Funktionsweise des gesamten Systems?

Auf diese Antwort hat Wolfang Hanke eine klare Antwort: »Wir mussten in den vergangenen Jahren viele Operationen am offenen Herzen ausführen und aus dieser Erfahrung heraus konnte ich die Installation eines Testzentrums anschieben. Das haben wir in eine alte Regie eingebaut und um einen Schulungsraum erweitert.«

In diesem Testzentrum können alle Komponenten, die bei der aktuellen Installation auch tatsächlich eingesetzt werden, erst mal unter realen Bedingungen im Zusammenspiel mit den anderen Systemkomponenten getestet werden, bevor sie tatsächlich eingesetzt werden. Das Testzentrum soll auch für künftige Setups und Updates erhalten bleiben, »sodass wir zumindest in diesem Bereich relativ entspannt agieren können«, sagt Hanke.

Was auch dem RBB natürlich nicht erspart bleiben wird, ist die Tatsache, das file-basierte, aus verschiedenen Softwares kombinierte Systeme eigentlich niemals einen finalen Stand erreichen werden, sondern permanent die Integration neuer Hard- und Software ansteht. Will man aber ein modernes, leistungsfähiges, zeitgemäßes System haben, muss man wohl oder übel in diesen sauren Apfel beißen — de facto gibt es keine Alternative mehr dazu.

Perspektiven und weitere Projekte

Im Herbst dieses Jahres wird Sono Studiotechnik den Schaltraum des RBB erneuern, erläutert Wolfgang Hanke: »Das ist wieder so eine Operation am offenen Herzen, denn ab dem 5. Dezember 2013 muss das System spielen, dann wollen wir mit einem neuen HD-Schaltraum und einer alten SD-Sendeabwicklung an den Start gehen. Mit diesem Konstrukt müssen wir leben, weil die Investitionen für die Erneuerung der SD-Abwicklung eben erst ab 2015 zur Verfügung stehen. Zusätzlich müssen wir hier parallel zum Umbau auch unser Regelgeschäft und die Sendeabwicklung realisieren.«

In anderen Bereichen muss ganz ähnlich gearbeitet werden, weil der reguläre Sendebetrieb eben immer erhalten werden muss. Wolfgang Hanke illustriert das mit einem weiteren Beispiel: »Im Dezember beginnt der Umbau der nächsten Regie und des nächsten Studios für „Brandenburg aktuell“. Um damit beginnen können, muss aber das SD-Nachrichtenstudio, das sich dort aktuell noch befindet, umziehen — und mit dem Studio muss auch die Regie in eine Übergangslösung ziehen — was bei 17 Jahre alter Technik auch ein gewisse Herausforderung darstellt«, so Hanke.

Fazit

Als entscheidenden Erfolgsfaktor fürs Gelingen des großen RBB-Projekts macht Oliver Paetschke die enge Zusammenarbeit von Technik und Redaktion aus, vor allem den Ansatz, die Bedenken und Ängste der Endanwender Ernst zu nehmen.

»Alle Beteiligten haben immer versucht, Probleme zu lösen und Vorbehalte zu berücksichtigen. Und so war es dann auch möglich, die schwierigen Projektphasen durchzustehen«, bilanziert auch Wolfgang Hanke und ist sich sicher, dass dieser Ansatz den wichtigen Unterschied zu anderen Projekten mache: »Der offene und ehrliche Umgang brachte den Erfolg — und glücklicherweise wurde er auch weiter nach außen getragen.«

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Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
Nonkonform (23), RBB / Oliver Ziebe (5) / Laubner (1) / Hanna Lippmann (3)

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