Editorial, Kommentar: 02.02.2018

Fake News, Fake Pictures

Dieser Tage veröffentlichte das Institut für Publizistik der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz erste Befunde einer Langzeitstudie zum Thema Medienvertrauen in Deutschland. Demnach nimmt das Medienvertrauen hierzulande wieder zu und die Lügenpresse-Hysterie ebbt im Vergleich zu den Vorjahren ab.

Dass das Medienvertrauen wieder zunimmt, hören Menschen, die im Medienbereich arbeiten, natürlich gern — die Redaktion von film-tv-video.de eingeschlossen. (Die Veröffentlichung der Uni Mainz finden Sie hier.)
 
Gleichzeitig muss man aber vielleicht auch das größere Gesamtbild betrachten: Es wird in manchen Aspekten immer schwerer, echt und wahr einerseits, von falsch und erfunden andererseits, zu unterscheiden. Die Fälschungen werden immer besser, die Mittel, die dafür bereit stehen, immer perfekter.

Das kann man auch an ganz harmlosen Beispielen sehen, etwa daran, was im Bereich VFX heute möglich ist — und bei weitem nicht mehr bloß bei den ganz großen Blockbustern umgesetzt wird. Was man zur Schaffung von Kinoillusionen nutzen kann, lässt sich eben auch anderweitig einsetzen.
 
So zeigt etwa ein VFX-Demoreel zur Netflix-Serie »Mindhunter«, dass Szenen, die man problemlos auch anders hätte drehen können, heute oft erst in der Postproduction fertiggestellt werden, weil es dort eben schneller oder billiger geht. Beispiele dafür sind im genannten Clip etwa die Szenen, wo Kameraschienen nachträglich aus dem Bild entfernt wurden. Mit einem Kran oder Jib-Arm hätte man schon beim Originaldreh am Set vermeiden können, dass die Schienen überhaupt ins Bild kommen. Aber so war es offenbar einfacher und/oder billiger.
 
Fake NewsBeispiele dafür lassen sich heutzutage in reicher Zahl finden. Die Zeiten, in denen exorbitante Preise oder extremer Zeitaufwand diese Art von Bildmanipulationen in »normalen« Produktionen verhinderten, sind vorbei. Und mit künstlicher Intelligenz wird es künftig auch weiterhin immer einfacher und billiger werden, solche Veränderung glaubhaft, realistisch und im Ergebnis kaum als solche erkennbar durchzuführen.
 
So liegen — wie so oft — Segen und Fluch eng beisammen. Es gibt aber auch Versuche, mehr Transparenz zu erzwingen: In Frankreich etwa müssen Fotos, bei denen die Proportionen von Models nachträglich per Bildbearbeitung modifiziert wurden, seit dem 1. Oktober 2017 gekennzeichnet werden. Ob das wirklich helfen kann?
 
Vielleicht müssen wir letztlich damit leben, dass selbst das, was wir mit eigenen Augen sehen, oft gar nicht der Wirklichkeit und Wahrheit entspricht. So gibt es etwa Hinweise darauf, dass viele Magersüchtige unter einer Wahrnehmungsstörung leiden, was den eigenen Körper betrifft: Die Erkrankten nehmen wirklich nicht wahr, wie mager sie schon sind.
 
Offenbar werden manche Dinge mit zunehmender Recherche und Erkenntnis nicht einfacher und klarer, sondern nur verworrener und komplexer.
 
Sie werden sehen.

Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller
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