Kameratag und Amira Award beim Dokfest München
Derzeit und noch bis zum 13. Mai 2018 läuft das Dokfest München. Neu ist dort in diesem Jahr unter anderem die Veranstaltungreihe »Beyond the Images«, wo es um das Thema Kameratechnik und Kameraarbeit geht.

Am heutigen 7. Mai läuft beim Dokfest München parallel zu den anderen Veranstaltungssträngen auch erstmals die Reihe »Beyond the Images – Kameratag presented by Arri«. Dabei stehen Themen aus dem Bereich Kameratechnik und Kameraarbeit im Vordergrund und am Abend wird der »Arri Amira Award« für herausragende Kameraarbeit bei einem Dokumentarfilm verliehen.

Beyond the Images
Die Arbeit der Bildgestaltung für Dokumentarfilme ist für Kameraleute in den allermeisten Fällen besonders herausfordernd. Sie haben selten die Möglichkeit, szenische Momente umfassend planen zu können, sie müssen viele Entscheidungen spontan treffen. Durch die Digitalisierung sind die Ansprüche an Kameraleute nochmals sehr gewachsen.

Mit Vorträgen zu technischen Themen, einer Panel-Diskussion, Workshops, der Vorstellung eines Kameratests, einem Vortrag zum Thema Gage und einer Masterclass mit Richard Ladkani wurde das Thema aus verschiedenen Perspektiven während des Kameratags im Rahmen des Dokfests bearbeitet.
Ladkani erwarb zuletzt mit seiner Netflix-Dokumentation »Ivory Game« über illegalen Elfenbeinhandel, an der Leonardo DiCaprio als Executive Producer beteiligt war, internationale Anerkennung und diverse Preise. In der Masterclass spricht er über sein aktuelles Filmprojekt: Es handelt vom Kampf gegen die Zerstörung eines gesamten Ökosystems in den Gewässern vor der Küste Mexikos.

Am Abend findet dann die Preisverleihung des Arri Amira Awards an einen der hierfür nominierten Filme statt (Infos zu den Nominierten).
Dieser Preis ist als reihenübergreifende Auszeichnung für eine herausragende künstlerische Leistung im Bereich Kamera konzipiert, dotiert mit 5.000 Euro, die Arri stiftet. Den Gewinner hat eine Jury aus Ulrike Tortora, Prof. Tom Fährmann und Pia Lenz schon vor Beginn des Festivals ausgesucht (mehr dazu im entsprechenden Abschnitt dieses Artikels).
Keynote und Panel-Diskussion

Prof. Dr. Peter Slansky zeigte in seiner Keynote anhand von Beispielen aus seinem jüngsten Buch die Wechselwirkung zwischen Technik, Inhalt und Gestaltung im Dokumentarfilmumfeld auf: Die Verfügbarkeit bestimmter Technologien und die Entscheidung für eine bestimmte Kamera können einen massiven Einfluss auf Gestaltung und auch Inhalt eines Dokumentarfilms ausüben — das belegte Slansky mit konkreten Beispielen.
An Slanskys Vortrag schloss sich eine Panel-Diskussion an, bei der unter Leitung von Prof. Michael Leuthner der Editor Christoph Hutterer, die BR-Redakteurin Petra Felber und der Produzent Ingo Fliess das Thema diskutieren wollten »Was Produktion, Redaktion und Schnitt von DoPs erwarten«.

Petra Felber führte aus, dass die Persönlichkeit von Kamerafrau oder Kameramann für die Redaktion eine große Rolle spiele, wenn es um Dokumentarfilme gehe. Ingo Fliess erklärte, dass die ästhetischen Anforderungen an Kameraarbeit, Postproduction und Grading im Dokumentarfilmbereich innerhalb seines Berufslebens massiv angewachsen seien. Christoph Hutterer mahnte eine viel intensivere, bessere Kommunikation zwischen den an einem Dokumentarfilm beteiligten Gewerken an, weil man dadruch bessere Endprodukte erreichen können. Aus Sicht von Ingo Fliess ist es aber wichtig für das Endergebnis, wer zu welchem Zeitpunkt was zu sehen bekommt und sieht den Produzenten in der Pflicht, das zu steuern.
So bewegte sich die Panel-Diskussion zwischen vielen durchaus interessanten Aspekten hin und her, wenngleich etliche Fragen unbeantwortet blieben.
Arri Amira Award 2018 geht an den Film »Caniba«

Bereits zum dritten Mal wird im Rahmen des Dokfests der Arri Amira Award verliehen. Ausgezeichnet werden in diesem Jahr Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor für ihre Leistung bei »Caniba«, bei dem Véréna Paravel auch Regie führte. Der Film erzählt die verstörende Geschichte eines Japaners, der 1981 als 32-jähriger Student an der Sorbonne verhaftet wurde: Er hatte einer Kommilitonin in den Kopf geschossen, sie vergewaltigt und Teile ihres Körpers gegessen.

Aus der Jurybegründung: »Immer größer wird das eigene Bedürfnis, auf Abstand zu gehen, wir fühlen uns bedrängt, winden uns regelrecht vor der Leinwand, doch entziehen können wir uns nicht. Diese unausweichliche Konfrontation schaffen Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor durch ihre kluge und konsequente Bildgestaltung. Sie zwingen uns, eigenen Grenzen nachzuspüren und sie zeitgleich zu überschreiten.«
Die Jury bildeten Ulrike Tortora (Filmeditorin), Prof. Tom Fährmann (Kameramann, Fotograf, Drehbuchautor, HFF-Professor) und Pia Lenz (Dokumentarfilmemacherin, Grimme-Preisträgerin 2018 für »Alles Gut«.
