Kurznachrichten: 30.06.2022

News: Kurz und knackig – KW 26/2022

Steinmeier: Starke ÖR-Sender in der Krise wichtig. Filmpreise: Lolas für »Thomas«. 30 Jahre: Mobiles Funken. Crossmedial: RBB stellt um. UKW: D-Radio verzichtet. Mäßig: Digitalkompetenz. Internet: Lieber zuverlässig als schnell. Ausgesetzt: Hausverbot für Teslas.

Unternehmen

Digital9 übernahm 48,02% des britischen Sendenetzers und Betreibers der Freenet-Plattform für 459,3 Mio. £ (532 Mio. €). Der Investor hatte beim Börsengang 2021 300 Mio. £ eingespielt und plant weitere Investitionen in Medientechnik.
Der Streamer will nach 150 Entlassungen im Mai in den USA weitere 300 Stellen abbauen. Das sei eine Konsequenz aus dem Verlust von 200.000 Abonnenten seit Ende 2021, der im Geschäftsjahr auf weltweit bis zu 2 Mio. steigen könnte.
Der US-Spezialist für cloudbasierte Kundensupport- und Teamarbeits-Plattformen wurde für 10,2 Mrd. $ an eine von Permira und Hellman & Friedman geführte Investoren-Allianz verkauft. Die 77,50 $ je Anteil liegen zwar 34% über dem aktuellen Kurs, jedoch unter dem abgewiesenen Erstgebot von 17 Mrd. $.
In den USA testet Instagram eine automatische Alterserkennung mittels Selfie-Videos. Die von der Firma Yoti gestellte Software sei nur darauf, nicht auf die Identifikation der Einsender gerichtet, die Videos würden gelöscht.

Broadcast

»Wir brauchen auch in Zukunft starke öffentlich-rechtliche Sender, die ihrem Auftrag konsequent und auf hohem Niveau nachkommen können. Sie werden in einer Zeit der Krise aus meiner Sicht sogar noch wichtiger.« Das erklärte Bundespräsident Steinmeier auf einem Festakt zum 30. Jubiläum des MDR.
Auf 2 Etagen und 2.400 qm des Berliner Fernsehzentrums wurden 170 Arbeitsplätze für Nachrichten geschaffen. Kern des Crossmedialen Newscenters (CNC) ist ein 400 qm-Newsroom; zudem gibt es multifunktionale Schnitt- und Grafikarbeitsplätze und ein smartes News-Studio. 2026 will der RBB sein digitales Medienhaus in Betrieb nehmen.
Die Dreiländeranstalt legt bis Jahresende ihre Hauptredaktionen Kultur und Junge Angebote zusammen. Ab 1. August soll Jana Cebulla, bisher für die Jungen Angebote verantwortlich, als Leiterin der gemeinsamen HA Kultur auf allen Ausspielwegen lineare und digitale Inhalte entwickeln und vernetzen.
Mit dem Berliner Mega-Sportevent erreichten ARD und ZDF einen Marktanteil von 12,7% bzw. 1,81 Mio. Zuschauer in der Spitze am Sonntag mit dem Leichtathletik-Schwerpunkt. Am Samstag und Sonntag lagen die Werte durchgängig über 10%. Von den 190 Meisterschaften in 14 Sportarten berichteten ARD/ZDF 25 Stunden live.
Ein Streik bei den öffentlich-rechtlichen Sendern Frankreichs am 28. Juni richtete sich gegen den Regierungsplan, die Gebührenfinanzierung (z. Zt. 138 € pa für das 3 Mrd. €-Budget) durch Steuern zu ersetzen. Das setze die Redaktionen der Willkür und ständigem politischem Druck aus; die Gewerkschaften befürchten auch eine Zerschlagung der Öffentlich-rechtlichen zugunsten des Privatfunks.
13 polnische Privatsender protestieren gegen die Folgen des am 27. Juni beendeten Umstiegs auf DVB-T2/HEVC. Sie hätten aufgrund einseitiger staatlicher Regulierung 2,5 Mio. potenzielle Zuseher. Das staatliche TVP dürfe jedoch bis Ende 2023 in DVB-T senden.

Streaming

Die BBC produziert das Tennis-Event in UltraHD und streamt das Geschehen am Centre Court täglich ab 11 Uhr für iPlayer-Nutzer auf Produkte von Hisense, Samsung, Humax, LG, Sony und Toshiba. Das gilt nicht für Kunden von Sky Q.
Nachdem der Streamer Disney in der ersten Woche nach dem Start am 14. Juni in Polen 1,9 Mio. Zuschauer (davon 1,2 Mio. am TV) zählte, korrigierte der Maus-Konzern seine Erwartungen auf weltweit 230 bis 260 Mio. Abos zum Ende des Geschäftsjahres 2024.
Die Watch App für die Wiedergabe von Facebook-Videos wurde bei AppleTV blockiert. Alternativ bleibt das Streamen über Apples Airplay. Vodafone hatte die App im September 2021 in seine TV-Plattformen für Deutschland und Spanien integriert.

Filme, Festivals, Kinos

Bei den Lolas 2022 räumte das Biopic »Thomas« ab. Neben der Stele für den Besten Spielfilm in Gold (Silber: »Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush«) nahmen Andreas Kleinert (Regie), Thomas Wendrich (Drehbuch), Jella Haase und Albrecht Schuch (Hauptrollen), Johann Feindt (Kamera), Gisela Zick (Schnitt), Myrna Drews (Szenenbild) und Anne-Gret Oehme (Kostümbild) Lolas entgegen. Für sein Lebenswerk wurde Bildgestalter Jürgen Jürges geehrt.

Radio

»Mit Blick auf die regional sehr gute DAB+ Versorgung« seiner vier Programme verzichtet Deutschlandradio am 30. Juni auf folgende 7 UKW-Sendeanlagen: Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur am Standort Pforzheim, Dlf an den Standorten Dessau, Eschwege und Hofgeismar und Dlf Kultur in Bad Camberg und Gießen.

Netze

Vor 30 Jahren – am 1. Juli 1992 – begann die Telekom die Vermarktung ihres GSM-Mobilfunknetzes D1, Mannesmann hatte seinen D2-Start auf dem 30.6. vorgezogen, um als erster in die Geschichte der digitalen Funktelefonie einzugehen. Das Netz und die ersten klobigen (teils mit Akkus in einem Henkelteil gespeisten) Telefone konnten ab 1994 sogar kurze Textnachrichten handhaben. 1999 gab es 48 Mio. Kunden. Wie es weiterging, haben wir heute mitunter nicht mehr in der Hand.

F&E

Amazons Sprachsteuerung soll künftig schon aus kurzen Clips deutlich längere Abfolgen generieren, so dass teure stundenlange Aufnahmesessions entfallen. F&E-Chef Rohit Prasad nannte eine Einschlafgeschichte, die den Enkeln mit der Stimme der verstorbenen Oma vorgelesen wird.

Märkte, Studien, Statistiken

Zuverlässige Internetverbindungen (94% der Nennungen) sind in Deutschland wichtiger als der Preis (63%), die Inhouse-Vernetzung und das Download-Tempo (49%) und die Upload-Leistung (37%). Knapp 30% bemängelten Verbindungsprobleme mindestens einmal im Monat – keine Verbesserung zum Vorjahr, so die Analysten.
Nur 38% der Deutschen halten ihre Digitalkompetenz für »gut«, so eine Studie für die Initiative »Digital für alle«. Die 16- bis 29-Jährigen geben sich die Schulnote 2,6, die über 75-Jährigen sehen sich von 4,8 auf 3,9 verbessert.
19,57 Mio. UK-Haushalte haben VOD-Abos. Laut den Barb-Analysten steigerte Disney+ seine Abozahl vom Q1/21 zum Q1/22 um 19% auf 6,53 Mio. Haushalte. AppleTV steigerte sich um 27% auf 1,57 Mio. Netflix (3%) und Amazon (6%) kommen mit diesem Wachstum nicht mit. 13,2 Mio. Haushalte (46,3%) nutzen mehrere Dienste.

Recht

Ab dem 1. Juli müssen auch Supermärkte und Discounter mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 qm alte Elektrogeräte zurücknehmen, wenn sie mehrmals im Jahr oder dauerhaft Elektro- und Elektronikgeräte verkaufen. Das betrifft Produkte mit maximal 25cm Kantenlänge. Die Rücknahmequote bei E-Schrott lag 2019 bei 44,3% und damit erheblich unter der EU-Forderung von 65%.
Ein Hausverbot für die Elektroautos bei Berlins Polizei wurde b.a.W. ausgesetzt. Weil alle Modelle »permanent ereignisunabhängige Videoaufzeichnungen des Fahrzeugumfeldes anfertigen und diese Aufnahmen ausleiten« könnten u. U. geheime Informationen ausgeforscht werden. Laut Datenschutz muss für eine Videoüberwachung im Straßenverkehr vorab »berechtigtes Interesse« nachgewiesen werden; bei Beschwerden Dritter drohen Bußgelder.

Medienkrieg Russland/Ukraine

Infolge der Sanktionen fehlen Russland bis zu 170.000 IT-Experten. Um die »erhebliche« Abwanderung zu stoppen, forderte Vize-Innenminister Subow ein Gesetz, das ausländischen Spezialisten den Aufenthalt erleichtert. Telekom und Deutsche Bank hatten mehrere hundert ihrer russischen Angestellten nach Deutschland geholt.

Verbände

Der Verband der Filmkunstkinos feierte »50 Jahre Leidenschaft fürs Kino und mutige Cineast:innen« in Berlin. Erst das Kinopublikum macht einen Film zu etwas Besonderem, so Regisseur Volker Schlöndorff.

Personalia

Nach dem Wechsel von Katrin Neukamm zum WDR bildet Frauke Pieper die juristische Doppelspitze mit Alexandra Köth. Der Berufung Piepers, juristische Referentin beim ZDF, stimmte der SWR-Verwaltungsrat zu.
Eva Lindenau wird den ARD/ZDF-Eventkanal weitere fünf Jahre als ARD-Geschäftsführerin leiten und die Gesprächsformate (»Internationaler Frühschoppen« etc.)  sowie Wahlsendungen moderieren.
Am 1. August beginnt der Dienst von Marc-Oliver Kühle als Head of Video der Nachrichtenagentur. Er bringt Erfahrungen als Produzent und Journalist mit, zuletzt als Leiter und Senior Producer von »Bild-Live«.
Neuer Geschäftsführer für den Medienbereich der österreichischen Regulierungs-GmbH RTR ist Wolfgang Struber. Der Chef von Radio Arabella wurde unter vier Bewerbern als Nachfolger von Oliver Stribl (wechselte in die Geschäftsführung der stadteigenen Wien Holding) gewählt. Das wurde als parteipolitische Entscheidung im Sinne der mitregierenden ÖVP kritisiert.

 

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