Kurznachrichten: 10.03.2022

News: Kurz und knackig – KW 10/2022

Bis 7: Mrd. € für einen Medienchampion. Unter 700: Weiter Streit um UHF-Restband. Über 60: Digitale Spaltung. Über 75: Musikstreaming-Umsätze. Mehr als 2: Mio. DAB+-Radios gehandelt. Nur 89: von 581 Services digital. Mindestens 15: Russland blockiert Mio. IP-Adressen.

Unternehmen

Bertelsmann-Chef Thomas Rabe propagiert weiter eine Fusion von RTL und ProSiebenSat1. Es sollte doch möglich sein, in Deutschland »einen Medienchampion aufzubauen, der im Wettbewerb mit den amerikanischen Plattformen besteht«. Das wolle man sich bis 7 Mrd. € kosten lassen. Die P7S1-Spitze lehnt diesen Vorstoß wie auch den seines Minderheitsaktionärs Mediaset (Berlusconi) ab.
Für 5,4 Mrd. $ (5 Mrd. €)  will Google die US-Firma Mandiant erwerben. Das Angebot entspricht einem Aufschlag von mehr als 50% auf den Aktienkurs des Sicherheitsspezialisten, der u.a. zur Analyse von Cyberangriffen konsultiert wird und in die Cloud-Sparte integriert wird.

Broadcast

Nach vorbereitenden Gesprächen für die Wellenkonferenz WRC-23 sieht der europäische Senderverbund EBU keine Lösung im Streit zwischen 5G-Mobilfunk und Broadcast um die künftige Nutzung des von DVB-T2 genutzten UHF-Restbandes unterhalb von 700 MHz.
Nach einer Verpflichtung von 2020 legt der RTL-Produktionsarm erstmals Zahlen zur Onscreen-Diversity für 45 Produktionen mit 3.205 Rollen vor: Der 45,3%-Anteil von Frauenrollen liegt unter dem Bundesschnitt von 50,7% (Destatis). Auch bei »People of Color« (7,6%), LGBTIQ+ (4,6%) und Behinderten (1,6%) liegen die Anteile teils erheblich unter geschätzten Bundeswerten.
Südafrika wird die analoge TV-Terrestrik am 31. März nach einem Jahr Übergang endgültig abschalten. Die Versorgung mit DVB-T2 sei ausreichend. Arme Haushalte bekommen Hilfen für den Gerätekauf.

Filme, Förderungen, Festivals

Die Filmförderungsanstalt und die Landesförderer unterstützen den »Emergency Fund for Filmmakers from Ukraine« mit 100.000 €. Die International Coalition for Filmmakers at Risk (ICFR) ist Initiator.

Radio, Audio

2021 wurden erstmals mehr als 2 Mio. stationäre DAB+-Radios verkauft. Laut dem Hemix-Handelsindex ging der Abverkauf von UKW-Geräten um 16% zurück. Hybride Geräte mit UKW, DAB+ und IP-Radio) liegen unter 10% Marktanteil. Nicht erfasst sind Webkäufe im Ausland und Radios in Neuwagen.
Die NRW-Medienanstalt LfM hat die erste landesweite UKW-Kette an Radio 345 (AT) vergeben. Elf Unternehmen wollen 10 Mio. € investieren. Mit je 24,5% halten Radio NRW und Antenne NRW die größten Anteile.
Mit einem eigenen Radiokanal will Brillux, Hersteller von Farben und Lacken, demnächst über DAB+ und Online Themen wie »Renovieren, Sanieren und Umgestalten« propagieren. Es handelt sich – nach dem Sender der Kreuzfahrtreederei Aida – um das zweite derartige Programmkonzept via DAB+.
Mit seinen drei Wellen ist Deutschlandradio erstmalig im Ausland terrestrisch on Air. Die Aufschaltung erfolgte in den DAB+-Sendeinseln Berner Oberland, Oberwallis und Südostschweiz des Small Scale-Netzpioniers Digris.

Streaming

Eine werbefinanzierte Version des Maus-Streamers ist zunächst in den USA und ab 2023 darüber hinaus geplant. Der Abopreis soll unter dem bisherigen (Deutschland: 8,99 €) liegen.
Der Streaming-Primus nennt 2022 ein »Lernjahr« für seinen Einstieg in den Spiele-Markt. Ein werbefinanziertes Angebot sei nicht geplant.
Laut Berichten soll der Abodienst des US-Newskanals CNN 5,99 $ monatlich bzw. 59,00 $ im Jahr kosten. Das sei das Doppelte, was im UK für den CNN-Livestream verlangt werde. Warner und Discovery finanzieren den Dienst mit 350 Mio. $.

Studien, Statistiken

Laut Onlinezugangsgesetz sollen alle Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 digitalisiert sein. Laut Vergleichsportal Verivox lassen sich aber nur 89 von 581 (15%) Leistungen, darunter 70% Services des Bundes, online erledigen. Bei 40% der Online-Leistungen fehle oft der digitale Upload von Dokumenten.
Die aktuelle SIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zeigt die digitale Spaltung bei älteren Deutschen: Der Anteil derer, die selten online sind, sinkt von 81% der Personen ab 60 Jahren über rund 50% der ab 80-jährigen bis auf 1/3 der über 85-jährigen. Das wird mit fehlendem Bedarf und geringem persönlichen Mehrwert sowie mit Sicherheitsbedenken und mangelnder Unterstützung begründet.
Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia beschäftigte sich 2021 u.a. mit 14.205 Beschwerden – mehr als doppelt so viele wie 2020 (6.024). 52% waren Darstellungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, gefolgt von Pornografie (37%). Die Entfernung solcher Webseiten dauere im Schnitt 1,4 Tage; alle Seiten wurden entfernt.
Die Umsätze der deutschen Musikindustrie sind 2021 trotz Corona um 10% auf 1,96 Mrd. € gestiegen. Laut dem Bundesverband Musikindustrie liegt der Digitalanteil jetzt bei 76,4 (2020: 71,5)%. Der Anteil von Streaming am Gesamtmarkt stieg von 63,4 auf 68,3%. Das sind plus 18,6 (Vorjahr: 24,6)%. Das größte Segment der physischen Datenträger, die CD-Alben, fiel 2021 weiter – von 21,6 auf 16,3%. Seit 2013 stieg der Abruf kostenpflichtiger Musikstreams von 5,9 auf 164,9 Mrd.
Die Umsätze der Home Electronics Branchen sind 2021 laut dem Branchenindex Hemix, basierend auf GfK-Zahlen, und trotz des abfallenden Corona-Booms um 3,1% auf über 49 Mrd. € gestiegen. Das trifft nicht – trotz eines um 16% höheren Stückpreises von 677 € – und angesichts des Verkaufs von nur rund 5,8 Mrd. Stück (minus 19,7%) auf Fernseher zu. Auch für Fotoapparate/Actioncams, Computer und Spielekonsolen stiegen die Stückpreise um 5 bis über 15%.

Medienkrieg Russland/Ukraine

Laut Meldungen blockiert Russland den Messengerdienst Telegram, nachdem dieser die Übergabe von Masterschlüsseln verweigerte. Mindestens 15 Mio. IP-Adressen wurden laut Golem gesperrt, darunter zusammen rund 1,8 Mio. Adressen von Amazons und Googles Cloud-Diensten. Der Kreml hat sich wohl selbst geschadet: Laut Bloomberg mussten Regierungsmitarbeiter auf ICQ ausweichen.
Die russischen Eroberer haben sofort nach Übernahme der südukrainischen Küstenstadt Cherson dort die ukrainischen DVB-T2-Kanäle durch russische Programme ersetzt. Zuvor wurden die Broadcast-Standorte in Kiew und Charkiw beschossen.
Weil ein neues russisches Gesetz nicht gleichgeschaltete Berichte über den Ukraine-Krieg mit bis zu 15 Jahren Haft bedroht, haben ARD, ZDF, CNN, CBC Kanada und weitere ausländische Medien ihre Arbeit von Moskau aus ausgesetzt. Die Deutsche Welle verlegte ihre Redaktion nach Riga.
Angesichts russischer Angriffe auf ukrainische Broadcast-Standorte reaktivierte das britische Auslandsradio zwei Kurzwellen für vier Stunden täglich. Innerhalb einer Woche stiegen die Zugriffe auf die russischsprachigen BBC-Webseiten im Vergleichszeitraum von 3,1 auf 10,7 Mio. Die englischsprachige Berichterstattung aus Moskau wurde – in Abwägung der Bedrohung durch das Gesetz und der Notwendigkeit, von dort zu informieren – wieder aufgenommen.
Auf Kurzwelle, betrieben von der Techniktochter ORS, bietet der ORF die drei täglichen Info-Magazine seines Ö1-Radios europaweit an. Der Empfang sei möglich, wenn lokale Mobilfunknetze und andere Medien-Infrastrukturen nicht mehr funktionieren.
Das erste Radio des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks NTU wird von den Sendenetzern Teleko und RTI in ihre DAB+-Netze in Tschechien bzw. Polen eingespeist, um Flüchtlinge zu informieren. Die tschechische ÖR-Anstalt CRO übernimmt die Welle per Stream und App.
Ein tägliches Newsangebot in ukrainischer Sprache richtet sich per Radio und ARD-Podcast, ab 22 Uhr auch bei Cosmo, an Geflüchtete und bei uns lebende Ukrainer.
Die UKW-Frequenz Lübz 107,3 MHz des mecklenburg-vorpommerschen Privatradios wurde am 3. März zeitweise durch einen Sender gestört, der Putin-Propaganda verbreitete. Die Bundesnetzagentur wurde eingeschaltet.

 

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