Kamera-Praxistest: Canon C80
6K Raw und drei Basis-ISO-Werte im DSLM-Design – das sind die augenfälligsten Merkmale der C80. film-tv-video.de hat die Kamera getestet.
Autofunktionen und Bildqualität

Der Autofokus wurde verbessert, Canon nennt das Dual Pixel CMOS AF II mit EOS iTR AF X. Das Wichtigste: Der Fokus-Bereich deckt jetzt das ganze Bild ab. So kann der Autofokus sofort reagieren, wenn eine Person oder Hunde und Katzen im Bildrand sichtbar werden. Den üblichen Test mit »aus dem Bild treten« und »wieder reingehen« meistert der Autofokus ohne Probleme, solange das Bild normal oder etwas unterbelichtet ist. Ist der Autofokus auf Gesichter eingestellt, reagiert er nicht auf eine ins Bild gehaltene Hand und hält schön die Schärfeebene, ohne zu pumpen. Lediglich beim »Umdrehen« und »von der Kamera weggehen« hat mir der Fokus bei mehreren Versuchen nicht mehr folgen können. Sobald man sich dann umdreht, reagiert er schnell und stellt auf das Gesicht scharf.

Ist die Szenerie sehr dunkel oder in einem hellen Gegenlicht, fängt der Autofokus schnell an zu pumpen oder versagt den Dienst komplett. Wie schnell er reagiert und wie schnell er auf das neue Objekt verlagert, lässt sich im Menü einstellen. Da der Autofokus in der Grundeinstellung bei Canon etwas langsam ist, empfiehlt sich für dokumentarische Zwecke die maximale Geschwindigkeit bei der Reaktion des Autofokus und eine hohe Verlagerungsgeschwindigkeit von +2. Bei szenischen Aufgaben und geplanten Schärfeverlagerungen kann aber auch gut mit den langsameren Optionen gearbeitet werden. Verwendet man so das Antippen des Displays, um zwischen zwei Gesichtern zu verlagern, zieht die C80 die Schärfe in einem gleichmäßigen Übergang zur neuen Ebene.

Die Automatikbelichtung ist keineswegs schlecht und neigt nur wenig zum Pumpen, führt aber bei Schwenks oft doch zu starken sichtbaren Helligkeitsschwankungen. Wer im Vollautomatik-Modus drehen will, bekommt sicherlich immer ein halbwegs gut belichtetes Bild, aber die Reaktionen der Belichtungsautomatik sind doch deutlich zu sehen. Der nahtlose Weißabgleich macht einen guten Job, wenn man von Kunstlicht ins Tageslicht wechselt.

Bei der Bildqualität, vor allem dem Dynamikumfang, verspricht Canon mal wieder etwas viel, doch am Ende entscheiden viele Faktoren, wie etwa das Objektiv und das Grading, über die endgültige Bildqualität. Landschaftsausnahmen waren in meinem Test dynamisch und detailreich, und auch das 24-105mm-Objektiv hat fast durchweg eine gute bis sehr gute Performance. Lediglich bei 24mm sind die Helligkeits-Vignettierung und der Schärfeabfall zum rechten und linken Bildrand schon sehr deutlich.
Mit Festbrennweiten ist sicherlich noch einiges mehr an Detailschärfe aus dem Sensor herauszuholen. Der Dynamikumfang kam allerdings auch im Log-Modus eher an den einer Blackmagic Pocket heran und nicht an das, was nominelle 16-Blendenstufen-Dynamik erlauben dürfte. Zwei bis drei Blendenstufen verschwinden sicherlich im Grundrauschen der Aufnahmen, das vor allem in Canons Cinema Raw Light sehr stark ist.

Außenaufnahmen mit Details in den Schatten und sichtbarer Struktur in den Wolken sind ohne Probleme möglich. Aufnahmen im XF‑AVC-Intra-Codec sind sichtbar rauschfreier als die in 6K Raw. Im Hintergrund läuft also ein Denoiser, der sich im Menü auch einstellen lässt. Und auch wenn das Triple-Base-ISO auf den zweiten Blick nicht ganz so leistungsstark ist wie erhofft und das Rauschen über 12.800 ISO schnell ansteigt, können die Aufnahmen in XF-AVC bis 32.000 ISO und mit leichter Rauschreduzierung einwandfrei verwendet werden. Geht man in der ISO über 40.000, vor allem in Raw, wird ein auffälliges Farbrauschen sichtbar, das einiges an Postproduktion verlangt und zu einem deutlichen Abfall an Schärfe führt.

In Canon-Raw haben die Bilder generell ein Grundrauschen im dunklen Bereich, das in XF-AVC bis ISO 25.600 so gut wie nicht sichtbar ist. Danach steigen auch hier die Rauschpegel deutlicher an, lassen sich aber bis 40.000 ISO leicht beseitigen. Für dokumentarische Aufnahmen bietet Canon mit der C80 genügend Spielraum, um auch in dunklen Szenen noch ohne Licht drehen zu können. Aufnahmen im Licht einer Straßenlaterne oder schwacher Zimmerbeleuchtung bieten zumindest brauchbare Ergebnisse.

Bei dem Umschalten von 10.000 auf 12.800 ISO zeigt sich in Canon-Raw sehr deutlich, dass auf den »neuen« Basis-ISO-Wert gewechselt wird, denn das Rauschen reduziert sich sichtbar. Bei XF-AVC ist dieser Wechsel kaum sichtbar. Insgesamt macht der Denosierer hier einen guten Job, und wer es ausreizen will, der kann auch bei 102.400 ISO sogar noch brauchbare Videos herauskitzeln. Ein kleines Detail am Ende: Der Rolling Shutter ist auch bei schnellen Schwenks kaum zu bemerken.
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Fazit
Canon hat mit der C80 einen Spagat zwischen Cinema-Kamera und Doku-DSLM gewagt und dabei größtenteils einen guten Job gemacht – auch wenn es für beide Bereiche Einschränkungen bedeutet. Wer sich auf den Formfaktor einlassen will, bekommt eine Cinema-Kamera im Gehäuse einer übergroßen DSLM, die sich auch für Dokumentarisches eignet.

Angesichts der Bildqualität, Bedienung und Rundum-Sets an Features ist der Preis der günstigste Einstieg in die Cinema-Klasse, den Canon bis jetzt aufgerufen hat. Im Vergleich zum Marktumfeld ist die C80 immer noch nicht wirklich teuer, auch wenn man sie mit den sehr viel günstigeren Blackmagic-Pocket-Modellen im Vollformat vergleicht – sieht man die Summe an Features, ist die C80 durch die Bedienung, das Vollformat mit interner Raw-Aufzeichnung und das Triple-Base-ISO den Aufpreis allemal wert.

Vor allem der Autofokus, die Bedienung und die eingebauten ND-Filter machen die Kamera auch zu einer guten Option für dokumentarische Zwecke. Man muss in der Bedienung fast keine Abstriche mehr machen, außer bei den sehr kleinen Tasten, den Mini-XLR-Anschlüssen und der Tatsache, dass es keine Tasten für Kopfhörerlautstärke gibt. Zudem fehlt mir der Sucher wirklich, aber das ist auch eine Frage der Arbeitsweise. Dabei ist der elektronische Bildstabilisator die größte Schwäche.

Ob die C400 den Aufpreis wert ist, hängt vor allem von den Anschlüssen und der modularen Bauweise ab. Beim Aufnehmen vom Rig auf der Schulter ist der Griff der C400 doch ein erheblicher Mehrwert. Und die CFexpress-Karten in der C400 sind pro GB erheblich günstiger als V90-SD-Karten. Wer viel Material an einem Tag dreht, der kann einen Teil der Mehrkosten über die Speicherkarten wieder einsparen.
Martin Bilic beschreibt zahlreiche Funktionen der Canon-Kameras C80 und C400.
Die Bildqualität ist sehr gut, und auch wenn die C80 kein absoluter Low-Light-Spezialist ist, kann auch nachts bei Straßenlicht noch gut gedreht werden. Vor allem beim Canon-Raw-Format hat man schnell mit dem Rauschen zu kämpfen.

Die versprochene Dynamik erfüllt die Kamera nicht, aber sie bietet doch noch eine gute Dynamik für dokumentarische Aufgaben. Die C80 ist zwar eine Kamera, die ohne weiteres Zubehör (außer entkoppeltes Mikrofon) gut genutzt werden kann, dann aber doch zu schwer, um wie eine DSLM eingesetzt zu werden. Als Handkamera funktioniert sie vor allem für kurze Aufnahmen, eine lange stabile Handkameraaufnahme ist aber mit der C80 ohne Zubehör kaum möglich.
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