Messe, Top-Story: 30.06.2004

NAB2004: Digital in 2K und 4K

Digital Film und der Digital-Intermediate-Prozess haben ihr Exotendasein längst hinter sich gelassen. Wer heute zeitgemäß produziert, kommt zumindest am Einsatz von Digital-Intermediate-Systemen nicht mehr vorbei. Das spiegelt sich natürlich auch in zahlreichen Produkten wider, die während der NAB2004 gezeigt wurden. Dieser Artikel fasst eine Auswahl zusammen.

Arri zeigte die neuesten Fortschritte des Filmscanners ArriScan. Im vergangenen Jahr noch im Prototypenstadium zu sehen, stand der ArriScan nun schon kurz vor seiner Auslieferung, die für Sommer 2004 geplant ist. Um eine gute Bildqualität zu erreichen, haben sich die Ingenieure beim ArriScan für die Verwendung einer LED-Beleuchtung entschieden. Der verwendete CMOS-Chip ist ein 35-mm-Sensor, der Bilder in 2K oder 4K liefert. In 3K-Auflösung schafft der ArriScan derzeit ein Bild pro Sekunde, was auch bei Downsampling auf 2K gilt. In 6K-Auflösung (auch bei Downsampling auf 2K und 4K) bringt es der ArriScan 0,25 Bilder pro Sekunde.
Work in Progress gab es beim Thema D-20 von Arri zu sehen: Das digitale Kamerasystem von Arri wird kontinuierlich weiter entwickelt. Arri zeigte also den aktuellen Stand seines D-20-Digitalkamera-Projekts und kündigte an, man werde die Kamera ab dem Jahr 2005 ausliefern. Die D-20 wird dann laut Hersteller mit einem CMOS-Chip mit 6 Millionen Bildpunkten bestückt sein. Der Sensor bietet laut Arri etliche Vorteile wie etwa einen sehr hohen Dynamikumfang, hohe Farbtreue und die Möglichkeit, mit variablen Frame-Raten zu drehen.
Avid stellte Version 7.5 des Nitris-DS-Systems vor. Nitris DS liefert aktuell Echtzeit-Effekte für zwei Kanäle in 10-Bit mit HD-Auflösung und für acht Kanäle in 10-Bit beim Arbeiten mit unkomprimiertem SD-Material. Das System unterstützt Formate von DV bis 2K, wobei neben digitalen auch analoge Audio- und Videosignale verarbeitet werden können. Eine wichtige Neuerung wenn mit Nitris DS in HD gearbeitet wird, ist DNxHD (Digital Nonlinear Extensible HD-Codec).
Dahinter verbirgt sich ein HD-Codec, mit dem sich HD-Signale auf handlichere Datenraten komprimieren lassen. DNxHD ist ein DCT-basierter Codec, der ausschließlich I-Frames produziert. Es handelt sich nicht um ein MPEG-Verfahren. (Mehr zu DNxHD finden Sie im Artikel »Nachfolger für MPEG-2 gesucht«.)
Das Schöne am neuen Avid-HD-Codec: Der HD-Workflow innerhalb einer Post-Facility kann dank DNxHD ganz so aussehen wie der SD-Workflow. Mehr noch: HD-Signale lassen sich laut Avid mit DNxHD so effektiv komprimieren, dass man in vielen Fällen keinen Unterschied zu unkomprimierten Signalen sieht, aber auf Datenraten kommt, die nur wenig über denen von unkomprimierten SD-Videodatenströmen liegen.
Die DNxHD-Encoding-Technologie soll zunächst drei Kompressionsstufen bieten: Mit 220 Mbps für wahlweise 10- und 8-Bit-Video oder mit 145 Mbps für 8-Bit-Video und 720p- oder 1080i-Auflösungen. Avid Nitris-Nutzer sollen dank Avid DNxHD-Technologie gleichzeitig mit mehreren effektbearbeiteten Strömen arbeiten können – in Echtzeit.
Weiter unterstützt Nitris Version 7.5 MXF-Support und bietet zudem etliche Funktionen, die beim Digital Intermediate Prozess hilfreich sind – etwa Timecode bei DPX-Files lesen und ausgeben zu können. Zudem bietet Version 7.5 laut Avid die Möglichkeit, bei der Bearbeitung von 2- und 4K-Material mit einer HD-Proxy-Auflösung zu arbeiten. Auch die Möglichkeiten der Farbkorrektur seien bei Nitris verbessert worden. Avid will Version 7.5 von DS Nitris und DS Nitris Editor noch im Sommer 2004 ausliefern.
Baytech zeigte seinen mobilen HD-Aufzeichnungsrecorder CineRAM nun in der Serienversion, die sich vom bislang gezeigten Prototypen schon vom Gehäusedesign deutlich unterscheidet.Neben der Integration von Dual-Gigabit-IP-Ethernet ist die Nutzung der Linux-Plattform bei CineRAM die wichtigste Neuheit. Dank der Linux-Integration lassen sich via Software zusätzliche Funktionen nutzen, die als Linux-Applikation laufen können – etwa die Fernsteuerung und Bedienung der angeschlossenen Kamera. Mit RAM-Größen von bis zu 32 GB kann ein einziger CineRAM mittlerweile bis zu 2,7 Minuten HD-RGB 4:4:4 (uncompressed, Dual Link) aufzeichnen. Bei Single-Link-Datenströmen, wie sie etwa Panasonics Varicam liefert, kann CineRAM bei 24 fps sogar bis zu 10 Minuten Material aufzeichnen. Hat der CineRAM-Buffer das Material einmal gespeichert, lässt es sich sofort in Echtzeit auf einen Diskrecorder oder einen RAID-basierenden Computer übertragen.
Zur NAB2004 präsentiert das Unternehmen die nächste Stufe der Entwicklung der 4K-Kamera Origin, die schon sehr seriennah sein soll. Zumindest das Hardware-Design der Kamera soll sich nicht mehr ändern. Lediglich den Chip will Dalsa noch austauschen, wobei sich aber an der Auflösung nichts ändern soll. Eventuell muss auch noch an der Software die eine oder andere Änderung erfolgen. Noch im November 2004 will Dalsa die Kamera ausliefern, wobei ein Verleihmodell avisiert ist. Die Leihpreise für die Kamera sollen sich bei rund 3.000 Dollar pro Tag bewegen.
DaVinci (D-Vertrieb: Datim) präsentiert mit Resolve ein software-basierendes Farbkorrektursystem. Die skalierbare und auflösungsunabhängige Resolve-Produktfamilie umfasst Resolve FX, Resolve DI und Resolve RT. Die Software läuft auf der Linux-Plattform. Von der Funktionalität her unterscheiden sich Resolve FX, DI und RT nicht, Unterschiede gibt es hingegen bei der Geschwindigkeit, mit der die drei Systeme arbeiten können. Wer also Resolve RT betreiben möchte, braucht dafür leistungsfähigere Rechner-Hardware als etwa für Resolve FX.
Die drei Systeme im Überblick: Resolve FX ist gewissermaßen das Einsteigersystem und für netzwerkbasierende Visual-Effects-Produktion optimiert. Resolve DI ist für den Digital-Intermediate-Prozess ausgelegt und Resolve RT ist für Mastering-Studios gedacht, die in Echtzeit in Auflösungen von 2K und höher arbeiten. DaVinci will die Systeme im Juli ausliefern.
Im Filmbereich sieht man bei Discreet einen starken Trend hin zu Digital-Intermediate-Prozessen. Mit seinem Color-Grading-System Lustre sieht sich Discreet hier gut aufgestellt und präsentierte in etlichen Technologie-Demos neue Software-Module für sein System. Discreet wird künftig für den Einsatz mit Lustre Kodaks Farbmanagementsystem »Display Manager« anbieten. Mit der Kodak-Lösung lassen sich digitale Bilder für die Projektion optimieren, so dass die digital bearbeiteten Bilder auf dem Monitor schon möglichst ähnlich aussehen, wie später nach der Rückbelichtung auf Film in der Projektion. Der Kodak Display Manager besteht aus einem Kalibrierungs-Tool für den Monitor und einer proprietären Color-Management-Software von Kodak. Kodak will seinen Display Manager ab Sommer 2004 ausliefern.
DVS stellte das 2K-Echtzeitsystem Clipster in den Mittelpunkt seiner NAB-Präsentationen. Clipster konnte sich in der vergleichsweise kurzen Zeit seit seiner ersten Vorstellung als leistungsstarkes Echtzeitsystem positionieren und ist bei etlichen Postproduktionshäusern installiert, die vor allem in der digitalen Filmnachbearbeitung engagiert sind. In dieser Richtung hat DVS das Clipster-System auch weiter ergänzt und die 2K-Echtzeitfunktionalität weiter ausgebaut. Clipster wurde im neuen Gehäuse mit 15 integrierten Festplattenlaufwerken gezeigt und auch an einem SAN-Array mit Echtzeit-File-Sharing von 2K-Material. Eine Besonderheit bei Clipster: Nach dem Capturing liegen die Clips im Windows-File-System offen vor, wobei Clipster die Clips in Original-Formaten, -Farbräumen, -Bit-Tiefe, Quantisierung und –Auflösungen speichert. Die primäre Farbkorrektur von Clipster hat DVS weiter optimiert. Kontrast, Gamma, Helligkeit, Farbort und Sättigung lassen sich in Echtzeit regeln, zusätzlich kann für jeden Clip ein Look-Up-Table geladen werden. Die Farbeinstellungen lassen sich für jeden Clip einzeln vornehmen, aber auch als Preset für weitere Projekte nutzen. Für die sekundäre Farbkorrektur, die über die Einstellungen der primären Farbkorrektur hinausgeht, sieht DVS bei Clipster die Teamarbeit mit den Color-Grading-Systemen von Pandora und DaVinci vor und hat hierfür neue Schnittstellen und Brücken entwickelt.
Filmlight, ein jüngeres britisches Unternehmen, ist in erster Linie bekannt durch den Northlight-Filmscanner, bietet aber auch zunehmend Software für die digitale Filmbearbeitung an.
Der Northlight-Scanner ist seit zwei Jahren verfügbar und Filmlight konnte bislang 21 Stück davon verkaufen. Filmlight hat aber auch noch andere Produkte im Angebot: So präsentierte das Unternehmen zur NAB2004 das Farbkorrektursystem Baselight in Version 2. Die Baselight-Software läuft auf Standard-Rechnern und ist speziell für den Digital-Intermediate-Prozess optimiert. In der jüngsten Version bietet sie etliche Neuheiten: Sie unterstützt jetzt HD-Ingest, -Playout und -Previews. Coloristen können also ihr bearbeitetes Material auch in HD ausgeben.
Als Technologie-Demo bei Filmlight zu sehen: Speed-FX, gewissermaßen eine Renderfarm für Color-Grading und digitale Filmbearbeitung. Hierbei setzt Filmlight eine clevere Lösung ein: Vereinfacht gesagt, wird jedes Frame in mehrere Streifen aufgeteilt und die Berechnung der Streifen an verschiedene Rechner verteilt. Jeder Speed-FX-Node bearbeitet einen Streifen und ein Combiner setzt die einzelnen Streifen am Ende der Bearbeitung wieder zusammen. Auf diese Weise lassen sich selbst Clips in 4K-Auflösung in Echtzeit wiedergeben und bearbeiten, ohne dafür Monsterrechner zu benötigen, sondern lediglich mehrere Standard-CPUs.
Iridas bietet sein FrameCycler-2K-Review-System jetzt in der Variante MP an. Das Kürzel steht für Multi Platform und bedeutet, dass sich das System jetzt auf der Linux- wie der Windows-Plattform nutzen lässt. Auch die Macintosh-Plattform soll im Laufe des Jahres noch unterstützt werden. FrameCycler MP sei von Grund auf neu entwickelt worden, so Iridas und lasse sich nun in Umgebungen einsetzen, die mit mehreren Plattformen arbeiteten. Zudem bietet FrameCycler MP laut Hersteller auch eine Vielzahl neuer Funktionen: So unterstützt das System auch 3D-LUT-basierende Film-Kalibrierungssysteme und zudem ist es möglich, Play-Listen wieder zu geben und dabei die entsprechenden Grading-Parameter zu berücksichtigen, die mit dem Iridas SpeedGrade-Farbkorrektursystem hinzugefügt worden sind.
Panasonic stellte zur NAB2004 ein Konzept vor, das es erlauben soll, 2K-RGB-Daten auf D5-Kassetten auf zu zeichnen. Dazu ist ein separater 2K-Prozessor notwendig, den das Unternehmen als Prototyp zeigte. Das Ganze soll so ablaufen: Über eine HSDL-Verbindung werden die digitalen Filmdaten (2K, RGB, 4:4:4) zum Prozessor übertragen. Der komprimiert die Daten mit einem von Panasonic hierfür entwickelten Algorithmus und gibt sie als SDI-Signal an den D5-Recorder AJ-HD3700 ab, der sie im SD-Modus unkomprimiert aufzeichnet. Das klappt laut Panasonic derzeit mit einer Geschwindigkeit von 15 fps, was bedeutet, dass zwei Stunden RGB-24P-Material in ungefähr drei Stunden auf Band übertragen werden können. Bei der Wiedergabe läuft der Prozess umgekehrt ab, der Prozessor kann dabei zusätzlich zum Daten-Playout ein down-konvertiertes Videosignal für Monitoring-Zwecke abgeben, laut Panasonic geht das auch im Shuttle-Betrieb. Zur Kompression lässt sich dabei folgendes sagen: Der Recorder AJ-HD3700 kann SD-Signale in voller Auflösung unkomprimiert aufnehmen, dieses Format ist als D5 bekannt und bietet eine Datenrate von 235 Mbps. In den Recorder integriert ist eine Funktion, die es erlaubt, auch HD-Signale mit dem Recorder zu verarbeiten. Die HD-Signale werden dabei so komprimiert, dass eine Datenrate von 235 Mbps übrig bleibt. Die von Panasonic konzipierte Lösung erlaubt also das Speichern und Auslagern von 2K-Filmdaten auf D5-Kassetten. Nicht in Echtzeit, sondern mit 15 Bildern pro Sekunde und mit einer Kompressionsrate von ungefähr 1:5.
Bei Quantel stand Version 2 der GenerationQ-Produktlinie im Mittelpunkt. Insgesamt gibt es laut Hersteller besonders in den Bereichen Editing, Workflow und Effekte Verbesserungen, auch die erweiterte Farbkorrektur und die bessere Eignung für HD-Grading von Clips und Spielfilmen betont Quantel. Zu den wichtigen Neuheiten der Software-Version 2 für die aktuellen Quantel-Produkte gehört auch der »Multi-View Compositor«: Eine neue Darstellungsfunktion für Mischerfunktionen, 3D-Kameras, schematische Prozesse und die DVE-Achsen. Ebenfalls neu: »Unlimited Layer Compositing«, das den Einsatz einer unbegrenzten Anzahl von Layern beim Compositing erlauben soll. Integrierte Plug-Ins und direkter Zugang zu benutzerdefinierten Effektverläufen im Editor komplettieren die neue Software. Eine weitere Neuheit: Für eQ gibt es ab sofort eine auch bei existierenden Systemen nachrüstbare HD-RGB-Option. Sie ermöglicht es, dass sich Signale, wie sie etwa Sonys HDCAM-SR-Systeme ausgeben, direkt verarbeiten lassen.
Snell & Wilcox präsentierte mit Niagra ein Grain-Management-System, das sich in einer Virtual Telecine-Umgebung im Zusammenspiel mit dem 2K-DaVinci-System nutzen lässt. Niagra kann laut Hersteller mit allen HD- und SD-Videostandards arbeiten und unterstützt AES-, AC3- und Dolby-E-Audio. Niagra bietet automatische Gamut-Legalization ebenso wie primäre Farbkorrektur. Um die typischen Smears und Unschärfen, die bei konventioneller Rauschreduzierung entstehen, zu minimieren, nutzt Niagra ein multidimensionales, wavelet-basierendem Analyse-Tool, das in Echtzeit arbeitet.
Sony zeigte bei HDCAM SR, der 4:4:4-Version seines HDCAM-Formats, eine weiterentwickelte Version des portablen HDCAM-SR-Recorders SRW-1 und des dazu gehörenden Digital-VTR-Adapter SRPC-1.
SRW-1 und SRPC-1 werden bei der Aufzeichnung nun mit einem einzigen Kabel verbunden, dann ist die Aufzeichnung mit 4:4:4-Signalprocessing in HDCAM SR möglich. Der Recorderteil SRW-1 lässt sich auch mit dem HDCAM-Camcorder HDW-F900 einsetzen, um dann in 4:2:2 und HDCAM auf zu zeichnen. Zur Verbreitung von HDCAM SR sagt Sony, dass schon 350 Einheiten ausgeliefert worden seien. Unter anderem nutzen laut Sony die US-Broadcaster Turner, CBS und Fox dieses Format.
Thomson stellte mit Bones eine neue Umgebung für Digital-Film-Applikationen vor. Bones ist gewissermaßen ein Framework, auf dem unterschiedliche Applikationen laufen können. Bones läuft in der zunächst vorgestellten Variante auf einem Linux-Computer, der sich mit einem SAN verbinden lässt, das von Thomson unterstützt wird. Bones fungiert in diesem Szenario als Steuerzentrale für die Applikationen, die unter dem Dach von Bones laufen und bietet eine Software-Oberfläche, mit der der gesamte Workflow vom Ingest bis hin zum fertigen digitalen Master verwaltet werden soll. Im Bones-Framework sollen auf lange Sicht viele verschiedene Applikationen laufen. Zunächst wird Bones sich direkt an Specter FS Virtual DataCine wie auch an den Spirit 4K DataCine anbinden lassen. Weitere zukünftige Applikationen unter dem Dach von Bones: Mit Bones Scaler werden sich etwa Bilder neu skalieren lassen. Bones Transfer beinhaltet die Funktionalität, die man vom Phantom Transfer Engine her kennt und bietet zusätzlich ein Video-I/O. Bones Mover ist ein Data-Management-Tool für Transfer und Archivierung von Bildern und Clips. Ein weiteres Modul ist Bones Repair, was letztlich die Linux-Variante der Restaurations-Software Shout darstellt. Repair alias Shout wird es wohl künftig nur noch für Linux-Plattform geben, auch wenn Thomson betont, dass die Irix-Variante derzeit noch verfügbar sei.

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