Branche: 21.04.2004

NAB2004: Nachfolger für MPEG-2 gesucht

»Go beyond. The next level is at NAB.« Das diesjährige Motto der Messe in Las Vegas trifft ganz besonders auf ein Thema zu, das bei den konkreten Produkten noch keine ganz große Rolle spielt, aber auf der Technologie-Ebene intensiv diskutiert wird: neue Kompressionsverfahren.

Der Hauptfokus der meisten Besucher und auch der Redaktion von www.film-tv-video.de, liegt während der NAB2004 auf den konkreten Produkten: Hier spielt die Musik, hier wird Geld verdient, hier liegt die aktuell größte Praxisbedeutung. Oberhalb dieser Produktebene liegt aber während der NAB, wie auch bei anderen Messen, eine zweite Ebene: In Vorträgen und Workshops, aber auch bei vielen inoffiziellen Treffen, werden Themen diskutiert, die erst in den kommenden Jahren Auswirkungen in der Produktebene haben werden.

In diesem Jahr ganz oben auf der Agenda in der Technologieebene: Kompressionsverfahren. Kaum hat sich die Produktebene mit MPEG-2 angefreundet, sind die Standards so langsam etabliert, hat man gelernt, sich mit Files zu befassen und diese unter Geräten verschiedener Hersteller aus zu tauschen, stellt man sich in der Technologieebene schon die Frage, was danach kommen soll.

Es geht so zu sagen um den Nachfolger von MPEG-2. Zwei konkurrierende Verfahren werden dabei derzeit am heißesten didkutiert und wurden von verschiedenen Gremien, Verbänden und Allianzen in die engere Wahls genommen: Das ist zum einen Windows Media 9, ein von Microsoft entwickeltes Verfahren, das auch als VC9 bezeichnet wird, was firmenneutraler klingt und für Video Codec 9 steht. Zum anderen MPEG-4 und zwar in der Variante MPEG-4 Part 10 (Advanced Video Codec) kurz MPEG-4 AVC genannt. Weil dieses Verfahren im Kern einem Standard ähnelt, den die ITU für den Bereich Telekommunikation unter der Bezeichnung H264 verwendet, liest und hört man als Bezeichnung hierfür auch AVC/H264 oder MPEG-4 AVC/H.264 und ähnliche Kombinationen.

Beide Verfahren, also MPEG-4 AVC H.264 einerseits und VC9/WM9 andererseits, sind nicht direkt mit MPEG-2 kompatibel, sondern es muss umkodiert werden, wenn man Inhalte vom einen ins andere Format übertragen will. MPEG-4 nutzt aber die gleichen Transport- und Steuer-Protokolle, liegt also in diesem Aspekt näher an MPEG-2. WM9 soll dagegen billiger sein, was die Lizenzgebühren und die Umsetzung in Kodier-Chips betrifft.

Wieso braucht man überhaupt ein neues Kompressionsverfahren? Kurz gesagt: Weil MPEG-2 aus technologischer Sicht schon ein alter Hut ist, weil die beiden neuen Verfahren effektiver komprimieren, also bessere Bildqualität bei gleicher oder niedrigerer File-Größe bieten. Das wird mit den größeren Datenmengen, die HD mit sich bringt, immer wichtiger.

Noch ist hier vieles im Fluß, kein klares Ende absehbar und es wird viel diskutiert. Vielleicht kommen auch wieder andere, derzeit bei der Mehrheit abgemeldete Kompressionsverfahren in die Diskussion, vielleicht setzt sich auch weder das eine noch das andere Verfahren wirklich durch, vielleicht ergibt sich sogar eine einigermaßen friedliche Koexistenz. Und manchmal schafft schließlich auch die Produktebene ganz andere Fakten, als die Technologieebene plante oder absehen konnte. So arbeiten etwa HD-DVD und HDV, die in ersten Ansätzen schon verfügbaren, als nächstes kommenden Consumer-Formate mit MPEG-2-Kodierung.