HDR, Investition, Live, Site-Report, Streaming, Top-Story: 07.06.2018

Site-Report: Philharmonisch ins Netz

Die Berliner Philharmoniker betreiben über ein Tochterunternehmen eine eigene Streaming-Plattform namens »Digital Concert Hall« und bieten dort gegen Abo-Gebühr Live-Konzerte und Zugriff auf ihr umfangreiches Archiv an. film-tv-video.de hat sich angeschaut, wie die Konzerte dafür produziert werden.






Kammermusiksaal, Philharmonie Berlin, © Nonkonform
Ab 1984 wurde der baulich mit der Philharmonie verbundene, kleinere Kammermusiksaal errichtet und 1987 eingeweiht.
Vorbereitung und Planung für 4K

Die schon genannten Rahmenbedingungen durch Gebäude, Orchestervorgaben und Spielplan, bleiben natürlich auch für die Zeit nach dem Wechsel auf 4K/HDR weiter bestehen. Außerdem sollte auch nach der Technikmodernisierung der eingespielte, bewährte Workflow für das Team hinter der Digital Concert Hall in weiten Teilen erhalten bleiben.

In der Praxis bedeutete das, dass bei den Interfaces und Softwares Anpassungen nötig waren und das Projekt erforderte umfangreiche Integrationsarbeit auch zwischen Panasonic und anderen Herstellern. Außerdem war es zum Zeitpunkt, als die Entscheidung für 4K und HDR fiel, noch keineswegs so, dass überall schon fertig entwickelte 4K/HDR-Lösungen in den Regalen der Hersteller gelegen hätten, die man einfach nur hätte bestellen und installieren können. Es gab also gewisse Risiken und man musste mit Verzögerungen rechnen.

Berliner Philharmoniker, Saal, Kamera
Sichtbarstes Zeichen des Einzugs von 4K in der Philharmonie: Festinstallierte Kameras des Typs UB300 von Panasonic.

So fiel die Entscheidung, das Projekt in zwei Phasen zu untergliedern, um hier etwas mehr Flexibilität und Sicherheit zu erreichen: Was nicht verfügbar ist, kann man eben auch nicht in einem Projekt verwenden und in eine Regie einbauen.

Berliner Philharmoniker, Regie, Camera Control
An den ROPs der Kameras entsteht wesentlich der Look der 4K/HDR-Produktionen.

Schon früh begann das Team hinter der Digital Concert Hall, neben der Planung der rein technischen Aspekte, auch mit Überlegungen zum Look, den man mit 4K/HDR umsetzen wollte. Sollte man einen realistischen Look anstreben, der möglichst nah an dem liegt, was auch die Besucher in der Philharmonie sehen? Eine andere Möglichkeit besteht darin, dem Zuschauer zuhause sogar einen besseren, harmonischeren, detailreicheren und in der Tonalität feiner abgestuften Look anzubieten oder einen knackigeren, dynamischeren, helleren Bildeindruck zu vermitteln. Das alles gibt die Technik schließlich her, angefangen von den lichtstarken Kameras mit hohem Dynamikumfang, über die dahinter liegende Bildtechnik und die Postproduction. Auch von der gestalterischen Seite eröffnet die neue Technik eben zusätzliche Horizonte.

Berliner Philharmoniker, Technik, Diagramm
Die Technik, die hinter der Digital Concert Hall steht im Überblick.
Umstieg auf 4K: Phase 1

In der Spielpause der Berliner Philharmoniker im Jahr 2017 wurden große Teile der bis dahin für die Digital Concert Hall installierten HD-AV-Technik ausgebaut und durch neues 4K/HDR-fähiges Equipment ersetzt. Das war aus verschiedenen Aspekten ein anspruchsvolles Projekt.

So mussten acht Wochen Spielpause für die Deinstallation alter Technik, sowie den physischen, mechanischen Einbau der neuen Technik inklusive der Erneuerung großer Teile der Kabelinfrastruktur, der Installation des neuen Equipments und der Inbetriebnahme ausreichen. Dafür mussten in der Hochphase bis zu zehn Mitarbeiter an 7 Tagen pro Woche ran, sonst wäre dieser recht ehrgeizige Zeitplan mit klarem Endtermin nicht umsetzbar gewesen.

Berliner Philharmoniker, Saal, © Nonkonform
In Phase I wurden die HD-Kameras durch UHD-Kameras ersetzt.

In Phase I wurden die HD-Kameras durch UHD-Kameras ersetzt, die Verkabelung entsprechend erneuert und eine hybride Regie eingerichtet, deren Herz ein HD-Mischer darstellt, der für die HD-Live-Produktion genutzt wird, der aber sozusagen im Hintergrund eine 4K/HDR-Aufzeichnung parallel mitzieht. Außerdem wurde eine 4K-Postproduction-Möglichkeit geschaffen.

Im einzelnen stellt sich das so dar, wie im folgenden ausgeführt.

Schon in der Planungsphase war klar geworden, dass die neue Technik in manchen Bereichen auch einen größeren Platzbedarf mitbringt. Unter den gegebenen Bedingungen war daher ein Split nötig, weil die neue Technik nicht komplett in den bisherigen Geräteraum gepasst hätte. So wurden unter der Bühne zwei Racks installiert, in die einzelne Komponenten ausgelagert werden konnten — und im Keller fand sich im IT-Serverraum der Philharmonie auch noch etwas Platz für Videoserver.

Berliner Philharmoniker, Regie
Die Regie befindet sich unter dem Dach, der Serverraum befindet sich sechs Etagen tiefer im Keller.

Diese verteilte Technikinstallation und die neuen Kameras, galt es dann effizient zu vernetzen. Hierfür wurde überwiegend auf Glasfaser-Technik gesetzt. Das war allein schon wegen der teilweise aufgrund der baulichen und denkmalschützerischen Vorgaben sehr langen Kabelwege unumgänglich. Außerdem sitzt die Regie unter dem Dach und der Serverraum befindet sich sechs Etagen tiefer im Keller.

Berliner Philharmoniker, Saal, Radamec, Kamera, © Nonkonform
Mit den motorisierten Remote-Heads von Vinten-Radamec werden die Kameras bewegt.

Der physische Austausch der Kameras war im Vergleich dazu ein relativ einfaches Unterfangen. Die HD-Kameras wurden demontiert und kompakte UHD-Kameras des Typs UB300 auf den vorhandenen Radamec-Systemen installiert. Ein weiteres Radamec-System und eine weitere Kamera wurden ergänzt, so dass nun im Konzertsaal der Philharmonie acht festinstallierte Kameras zur Verfügung stehen. Anpassungen in der Software der Kameras selbst und auch bei den Radamec-Positionierungssystemen mussten ebenfalls realisiert werden.

Berliner Philharmoniker, Regie, © Nonkonform
Die Kameras werden über ROP-Bedienpanels in den Bildparametern und über Vinten-Panels in puncto Position, Schärfe und Zoom ferngesteuert.
Panasonic, Kamera. AK-UC3000
Bei besonderen Anlässen wird eine UC3000 von Panasonic zusätzlich zu den fest installierten Remote-Kameras als bemannte Kamera eingesetzt.

Bei besonderen Anlässen wird zusätzlich zu den fest installierten Remote-Kameras eine bemannte Kamera eingesetzt. Das ist nun eine UC3000 von Panasonic, eine Studio-4K-Kamera.

Für diese Kamera gibt es im Zuschauerraum vier Anschlusspunkte, an denen sie positioniert und genutzt werden kann.

Panasonic, Grafik, Pixelgröße
Größere Pixel/Photosites sind der Vorteil großer Sensoren.

Die verwendeten Panasonic-Kameras sind mit einem Sensor mit 1 Zoll Bilddiagonale ausgerüstet. Im Vergleich zu einer Kamera mit 2/3-Zoll-Sensoren ist dadurch das einzelne Pixel wesentlich größer, die Fläche pro Pixel ist fast doppelt so groß. Das zahlt sich aus: höhere Empfindlichkeit, besserer Signal/Rausch-Abstand und höherer Kontrastumfang sind damit möglich — alles Aspekte, die in der Philharmonie große Wichtigkeit besitzen.

Panasonic, Kamera, Grafik
Die fest eingebaute Expansion-Lens erlaubt die Verbindung von großem Sensor und B4-Mount in einer Kamera.

Um aber mit gängigen Objektiven kompatibel zu sein und sich hier keine unnötigen Beschränkungen in Bezug auf Objektivauswahl und Schärfentiefe einzuhandeln, bestückt Panasonic die genannten Kameras mit einem B4-Mount als Wechselobjektivanschluss.

Die Kombination aus B4-Mount und großem Sensor bewerkstelligt Panasonic durch eine Besonderheit der Kameras: Fest eingebaut ist ein optisches Element (Expansion Lens), das die Anpassung der Bildgröße sicherstellt und diese Kombination überhaupt erst möglich macht.

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Ziel-Plattformen / Produktion: Rahmenbedingungen
Seite 3: Produktion: Programm, Zeitplan / Produktionstechnik: Historie
Seite 4: Vorbereitung und Planung für 4K / Umstieg auf 4K: Phase 1
Seite 5: Umstieg auf 4K: Phase 1
Seite 6: Phase 2: Volle, durchgängige 4K-Produktion / Fazit

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Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
Nonkonform (13), Berlin Phil Media (2), Rittershaus (3), Schindler (2), Höderath (1), Adamik (2), Panasonic (9)

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