Broadcast, Remote, Studio, Top-Story, Ü-Wagen: 24.09.2020

NEP: Remote Production Regie

Im Sommer 2020 nahm NEP Switzerland seine neue Remote Production Regie in Betrieb. Für die Premiere stand mit der »ISU Skating Awards Show« eine internationale Produktion mit Teilnehmern aus der ganzen Welt auf dem Programm.



Warum Remote Production?

Remote Production wurde für NEP Switzerland nicht erst mit Corona zu einem großen Thema. Der Schweizer TV-Dienstleister hatte sich schon im vergangenen Jahr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und ein Konzept für eine Remote-Regie entwickelt. Dafür gab es mehrere Gründe: zum einen hatte NEP mit der Swiss Football League einen langfristigen Vertrag über Video-Assist-Referee-Dienstleistungen abgeschlossen. Zum anderen wollte NEP die eigene Produktionsweise effizienter gestalten.

NEP Remote Production Regie
NEP Switzerland hat seinen Sitz in Volketswil in der Nähe von Zürich.
Das neue VAR-Center (Video Assist Referee)

Der Fünfjahresvertrag zwischen NEP und der Swiss Football League sah vor, dass NEP das VAR-Center für die Schweizer Fußballliga betreibt (siehe Meldung). Der Deal erforderte umfangreiche Investitionen und eine Remote-Anbindung aller Schweizer Fußballstadien an ein zentrales VAR-Center.

NEP entschloss sich, dies in seinem neuen Broadcast Center in Volketswil unterzubringen. Das war letztlich schon der erste wichtige Schritt auf dem Weg zur Remote Production, denn wie in Deutschland findet die Analyse strittiger Szenen auch in der Schweiz zentral an einem Ort statt – eben bei NEP in Volketswil.

»Wir können mit unserem Hawk-Eye-VAR-System fünf Spiele gleichzeitig abwickeln und haben dafür die entsprechenden Arbeitsplätze in Volketswil«, erläutert Tomy Kögl. Im Master Control Room laufen dazu aus sämtlichen Stadien in der Schweiz die entsprechenden Leitungen auf und werden für die Video-Assist-Analyse verarbeitet.

NEP Remote Production Regie
Im Broadcaster Center in Volketswil …
Effizientere Produktion erwünscht

Der Wunsch, effizienter zu produzieren und Ressourcen besser zu nutzen, war bei NEP Switzerland schon längere Zeit virulent. Tomy Kögl erklärt: »Üblicherweise sind an den Wochenenden bis zu drei unserer Ü-Wagen für die Fußballproduktion im Einsatz. Bei zwei Spielen davon fungiert NEP als Host, bei den Beistellproduktionen ist der Einsatz eines großen Ü-Wagens durchaus gerechtfertigt. Das dritte Spiel produziert das Schweizer Fernsehen, NEP realisierte hier lediglich eine Beistellung für den Pay-TV-Anbieter Teleclub, musste dafür aber dennoch immer einen großen Ü-Wagen bereitstellen.«

Aus Sicht von NEP Switzerland eine ineffiziente Nutzung, die den dritten Ü-Wagen nicht wirklich auslastete. Deshalb strebte der Dienstleister auch hierfür eine Remote Production Lösung an.

NEP Remote Production Regie
… ist die neue Remote Regie untergebracht.

Die Idee: Das von der SRG produzierte Signal könnte direkt aus dem Stadion ins Broadcast Center von NEP übertragen und dort weiter bearbeitet werden. Was bis dato im NEP-Ü-Wagen am Stadion realisiert wurde, würde künftig direkt bei NEP in Volketswil stattfinden – und der große Ü-Wagen wäre somit wieder frei für andere Produktionen.

»Die Überlegungen hierfür begannen schon im vergangenen Jahr, und alle Entwicklungen zusammen sorgten letztlich für die schnelle Umsetzung unserer Pläne«, blickt Tomy Kögl zurück.


Gang durchs Broadcast Center von NEP Switzerland.
Das technische Konzept
NEP Switzerland arbeitet mit SMPTE ST 2110 oder komprimiertem JPEG XS, wenn keine Latenz erwünscht ist.

Trond Hermansen, CTO bei NEP Switzerland, war maßgeblich verantwortlich für die technische Planung des Projekts. Für ihn war es essenziell, dass die Remote Production Unit unterschiedlichste Produktionen bewältigen und mit hohen wie auch niedrigen Bandbreiten umgehen konnte.

Er erläutert: »Unsere Remote-Racks können sowohl B2B-Konnektivität als auch Produktionen über das öffentliche Internet verarbeiten. Wenn Null Latenzzeit erwünscht ist, wählen wir entweder unkomprimiertes SMPTE ST 2110 oder komprimiertes JPEG XS. Für niedrigere Bandbreiten entscheiden wir uns für eine ultraschnelle H.265-Komprimierung.«

Diese Flexibilität ist von entscheidender Bedeutung, sagt Hermansen und ergänzt: »Für viele Kunden ist die Konnektivität immer noch ein Hindernis für Remote-Produktionen. Bei einer einmaligen Veranstaltung können die Kosten für die Leitungsanbindung leicht das Produktionsbudget sprengen, deshalb ist es entscheidend, hier flexibel zu sein.«

Zentrale Equipment-Bausteine
NEP Remote Production Regie
Zentrale Systemkomponenten kommen von EVS, Grass Valley, Lawo und Riedel.

NEP Switzerland entschied sich bei der Ausstattung der Remote Production Unit für Hersteller, zu denen NEP ohnehin schon eine engere Beziehung unterhielt und deren Produkte sich im NEP-Produktionsalltag bewährt hatten.

So kamen etwa Grass Valley mit dem Video-Switcher Kula und LDX86N-Kameras zum Zug, Lawo mit den Audio-Systemen MC36 und Power Core RP sowie Riedel mit Artist Intercom, MicroN Matrix und Multiviewer. EVS-XT3-Server und eine VSM-Steuerung runden das eingesetzte Equipment der Remote Production Unit im NEP Broadcast Center in Volketswil ab.

Herausforderungen

»Bei einer Remote Production gibt es viele Herausforderungen«, sagt Trond Hermansen. Das fängt bei der Leitungsanbindung an, reicht über die Kompression bis hin zu den notwendigen IT-Strukturen. Darüber hinaus hat eine Remote Production aber auch erheblichen Einfluss auf die Arbeitsweise. Trond Hermansen erklärt: »Der verantwortliche Ingenieur im Sendezentrum kann bei einer Remote Production nicht einfach hinausgehen und sich um ein technisches Problem kümmern, wie er es tun würde, wenn alles vor Ort wäre.«

Andererseits sei es auch nicht möglich, dieses Problem zu lösen, indem man doppelt so viele Ingenieure einsetze – das würde die Idee der Remote Production letztlich ad absurdum führen. »Wir haben bei NEP deshalb versucht, Equipment-Racks zu entwickeln, die einen sehr guten Remote-Support bieten und nahezu wartungsfrei sind«, so Trond Hermansen.

Im September 2020 weihte NEP das neues Studio ein.
Neues Studio in Betrieb genommen

Als Ergänzung zur Remote Production Unit hat NEP Switzerland mit dem neuen Studio »A53« im Broadcast Center in Volketswil jetzt auch eine Möglichkeit, inhouse im eigenen Studio zu arbeiten. Das 350 Quadratmeter große Studio und die LED-Wand mit 8,4 Millionen Pixel bieten dafür das passende Ambiente – und die vorhandene Remote Production kann das Ganze mit Feeds aus aller Welt kombinieren.

Es hat eine Größe von 350 qm.
Erste Erfahrungen

Seit der Produktion der »ISU Skating Awards Show« im Juli 2020 hat NEP Switzerland die neue Remote Production Unit auch für sechs große Corporate Events eingesetzt, die virtuell bzw. dezentral gleichzeitig an unterschiedlichen Standorten stattfanden. Alle Kamerasignale wurden dabei in der Regie in Volketswil geschnitten und das fertige Programmsignal und zusätzlich zwei weitere Powerpoint- / Keynote-Signale an die Außenstandorte gesendet. »Die größte Herausforderung dabei war sicherlich die Kommunikation für das exakte Timing vor Ort«, so Tomy Kögl. Dazu wurde ein 4G-basiertes Intercomsystem benutzt, das eine gleichzeitige Kommunikation in unterschiedlichen Gruppen unterstützte.

Trond Hermansen, CTO.

Trond Hermansen glaubt ganz generell, dass regelmäßig stattfindende Sport-Events künftig verstärkt remote produziert werden könnten.

Großes Potenzial für die Remote Production sieht NEP Switzerland auch im Event-Bereich. Angesichts von Reise- und Kontaktbeschränkungen biete diese Form der Produktion eine attraktive Möglichkeit, um Live-Events online abzubilden.

»Ich halte es aber dennoch verfrüht zu sagen, dass Remote Production die ’neue Normalität‘ werden wird. Doch ganz sicher werden wir mehr Hybrid-Produktionen sehen, die mit gemischten Setups arbeiten«, prognostiziert Hermansen.

Seite 1: Hintergründe und Video zur neuen Remote Production Regie
Seite 2: Online-Award-Show, Video dazu
Seite 3: Technisches Konzept der Remote Production Regie, Video Broadcast Center

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