Wenn Realität und Stop-Motion nahtlos verschmelzen
»Ordures« ist ein 48-minütiger Film, der Stop-Motion und Live-Action miteinander verbindet. Damit das funktioniert, arbeiteten unterschiedliche Gewerke remote und in der Cloud.
Das Projekt entstand aus Gesprächen zwischen der Pariser Produktionsfirma und ihrem langjährigen Partner, dem französisch-deutschen öffentlich-rechtlichen Sender, aus dem gemeinsamen Wunsch heraus, die ökologische Absurdität von Einwegartikeln anzugehen.
Der von Darjeeling, Arte, Foliascope, Inthebox und Auvergne-Rhône-Alpes Cinéma produzierte Film »Ordures« begleitet Gobi, einen Einwegbecher, auf seiner Reise, um seine Besitzerin Marie zu finden, und behandelt dabei Themen wie Abfall, Recycling, Überkonsum und ökologische Nachhaltigkeit.

»Wir wollten uns schon lange mit dem Thema Abfall auseinandersetzen, insbesondere mit unserer Beziehung zu Einwegartikeln, die ökologisch absurd sind«, erklärt Marc Lustigman, Produzent bei Darjeeling. »Von Anfang an war es das Ziel, sowohl junge Erwachsene als auch Erwachsene anzusprechen. Wir haben uns für eine komödiantische Herangehensweise entschieden und eine fantastische und absurde Geschichte entwickelt, die das Publikum zum gemeinsamen Lachen bringt, ohne ein schlechtes Gewissen zu hinterlassen, und gleichzeitig zum Nachdenken über unseren Umgang mit Abfall anregt.«

Für Foliascope passte das Projekt perfekt zu seiner Mission. »Foliascope hat schon immer audiovisuelle Werke unterstützt, die menschliche, historische und ökologische Botschaften vermitteln«, sagt Nicolas Flory, künstlerischer und technischer Leiter bei Foliascope, der als leitender Redakteur an der Serie mitgearbeitet hat. »‚Ordures‘ nimmt die einzigartige Perspektive des Mülls ein, um Geschichten über uns als Menschen zu erzählen. Es wirft ein Licht auf Abfallwirtschaft, Überkonsum und unsere Wegwerfkultur.«

Die Serie folgt einem absurden Abenteuer, in dem das Publikum Gobi zusammen mit anderen weggeworfenen Figuren trifft: Odette, eine abgenutzte alte Tasse; Jordan, ein Smartphone mit Teenagerstimme; und Sasha, eine Dose, die als Aschenbecher wiederverwendet wird. »Gemeinsam reflektieren sie über ihre Existenz, ihren Platz in der Welt und uns, die sie die ‚Mover‘ nennen«, erklärt Flory.

Foliascope wurde ursprünglich beauftragt, Animationstests zu produzieren, bevor man sich einer umfassenden Analyse der technischen und kreativen Herausforderungen des Films widmete. »Eine der größten Herausforderungen war die Erstellung eines fotorealistischen Hybridfilms, der Live-Action mit Stop-Motion mit dem Budget einer TV-Serie verband«, verrät Flory. Zu diesem Zweck entschied sich das Team, seine Post-Pipeline auf DaVinci Resolve Studio und Blackmagic Cloud aufzubauen, um die Zusammenarbeit zu erleichtern.
Live-Action mit Stop-Motion verbinden
Die Vorproduktionsphase erforderte eine sorgfältige Planung anhand von Animatic-Breakdowns, um die Anzahl und Komplexität der Stop-Motion-Aufnahmen zu begrenzen. Zu den größten Herausforderungen gehörten die Gestaltung der Puppen aus vorgefertigten Objekten, die Erfassung technischer Daten von den Live-Action-Teams zu Beleuchtung, Kamerawinkeln und Objektiven, um die Bedingungen im Stop-Motion-Studio originalgetreu nachzubilden, sowie die Koordination zwischen den Live-Action- und Stop-Motion-Teams. Eine der komplexesten Aufgaben war die Animation der Stop-Motion-Figuren in aquatischen Umgebungen, darunter auch in der Kanalisation der Stadt.
Das Kreativteam musste einen einzigartigen Ansatz für das Charakterdesign und den Produktionsworkflow entwickeln. »Zuerst mussten wir unsere Charaktere entwerfen, recycelte Objekte, denen wir Augen, Nasen und Münder hinzufügten, um sie zum Leben zu erwecken. Diese scheinbar einfachen Puppen sind tatsächlich sehr detailreich: wasserdicht, verstärkt, mit einem Gestell versehen und für die Animation gebaut«, erklärt Flory.
Ab der Storyboard-Phase entwickelte das Team Strategien, um den Fotorealismus zu bewahren und gleichzeitig die Kosten im Rahmen zu halten. Das bedeutete, Live-Aufnahmen mit Animationen zu mischen, Live-Manipulationen mit Stäben oder Angelschnüren durchzuführen und unnötige Set-Bauten zu vermeiden. Viele Drehorte – Pariser Straßen, Kanalisation, Gartenhäuschen – waren reale Umgebungen, die nicht nachgebaut werden mussten.

»Für die meisten Kanalisation-Szenen haben wir bei Foliascope einen speziellen Tank gebaut, um sowohl die Live-Action- als auch die Stop-Motion-Aufnahmen besser kontrollieren zu können. Einige Hintergründe wurden in 3D erstellt, und für Compositing, VFX und 3D-Expertise haben wir das Animationsstudio Inthebox hinzugezogen«, erklärt Flory.
Im Gegensatz zu traditionellen Stop-Motion-Produktionen, bei denen vor den Dreharbeiten alles genau geplant wird, erforderte »Ordures« aufgrund seiner Live-Action-Komponente Flexibilität. »Die Animation von Figuren im Wasser oder die Interaktion mit Menschen und Tieren zwangen uns, sowohl narrativ als auch technisch spontan anzupassen«, erklärt Flory.
Komplexe Workflows mit Cloud-Zusammenarbeit verwalten
Die hybride Natur von »Ordures« erforderte die Koordination mehrerer Teams: eine Live-Action-Einheit in der Region Paris, ein Live-Action-Team, das im Studio von Foliascope arbeitete, ein Stop-Motion-Team in Valence, Frankreich, und ein 3D-/Compositing-/VFX-Team bei Inthebox in Annecy. In den meisten Fällen wurden zuerst die Live-Action-Szenen gedreht und geschnitten, dann vorab gradiert und für die Stop-Motion-Animation bei Foliascope exportiert.

»Blackmagic Cloud war für die Produktion von entscheidender Bedeutung, insbesondere für die Remote-Zusammenarbeit zwischen dem Regisseur und Foliascope. Außerdem konnten wir so jede Produktionsphase mit dem Regisseur, dem Kameramann, dem Coloristen, dem VFX-/Compositing-Team und dem Produktionsteam teilen«, erklärte Flory. »Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Blackmagic Cloud in den Mittelpunkt des kreativen Prozesses für ‚Ordures‘ zu stellen, um die Produktion zu organisieren und zu optimieren. Die Abteilungsleiter konnten den Fortschritt täglich verfolgen, und wir konnten gemeinsam Probleme beheben und technische Entscheidungen über die Teams für Live-Action, Animation und Postproduktion hinweg treffen.«
Foliascope nutzte seine umfangreiche Erfahrung mit DaVinci Resolve Studio und Fusion Studio aus zahlreichen Produktionen. »Angesichts des hybriden Charakters von ‚Ordures‘ schien es das richtige Projekt zu sein, um die Cloud-Kollaborationsfunktionen von DaVinci Resolve voll auszuschöpfen«, so Flory.

Während der gesamten Produktion ermöglichte der Workflow eine nahtlose Koordination zwischen den verteilten Teams. »Während bei Foliascope die Animation und der Schnitt stattfanden, drehte und schnitt der Regisseur in Paris noch neues Live-Action-Material. Wir teilten die sich entwickelnde Zeitleiste mit dem Coloristen aus der Ferne, um die Live-Action-Basis vor dem Import in Dragonframe für die Stop-Motion-Animation vorab zu gradieren.«
Das Team verwendete DaVinci Resolve Studio für den Schnitt, die Planbeschriftung und die Workflow-Verfolgung, während Fusion Studio dabei half, die Aufnahmen vor Beginn der Stop-Motion-Animation vorab zu visualisieren und anschließend zu bereinigen – indem Rigs und Greenscreens entfernt, die Aufnahmen stabilisiert und farbkorrigiert wurden, bevor sie zur endgültigen Komposition an Inthebox gesendet wurden. »Resolve und ShotGrid wurden zu unseren Dreh- und Angelpunkten für die technische und kreative Verfolgung. Wir haben den Präsentationsmodus von Resolve auch für Besprechungen mit dem Produktionsteam genutzt. Damit konnten wir eine Zeitleiste oder ein Segment rendern, das wir ganz einfach teilen konnten.«

Während Flory cloudbasierte Workflows einführte, behielt er klare Grenzen für die kreative Kontrolle bei. »Mit Blackmagic Cloud ist es einfach, Tagesaufnahmen zu überprüfen und Entwürfe von Sequenzen aus der Ferne zu teilen. So hat jeder Einblick in die laufenden Arbeiten. Für die Hauptzeitleisten behalte ich jedoch lieber die Kontrolle vor Ort. Das sind Momente, in denen ich mich voll und ganz einbringen muss.«
Das Team schätzte besonders die Flexibilität des cloudbasierten Workflows bei engen Produktionsplänen. »Nach den ersten Live-Aufnahmen haben wir den Schnitt an unseren Coloristen weitergeleitet, der eine Vorabstimmung vorgenommen hat, bevor wir ihn für die Animation importiert haben. Während die Animation bei Foliascope voranschritt, wurden in Paris neue Live-Aufnahmen gedreht und geschnitten. Dank Blackmagic Cloud konnten wir trotz des engen Zeitplans den Zeitplan einhalten.«
Auswirkungen auf die Umwelt und Partnerschaften
Über seine technischen Innovationen hinaus dient »Ordures« einem größeren Zweck in der Umwelterziehung. »Während die Figuren über ihr Leben nachdenken, werden die Zuschauer sanft dazu angeregt, über ihre eigenen Gewohnheiten nachzudenken – darüber, wie wir Dinge konsumieren, wegwerfen und wertschätzen«, erklärte Flory.

Der Film hat die Unterstützung von Umweltorganisationen wie Syctom (Abfallentsorgungsbehörde für den Großraum Paris), Alcome (Organisation gegen Zigarettenmüll), Gestes Propres (Agentur zur Vermeidung von Müll) und Refashion (Organisation für Textilrecycling) gewonnen, die sich der Botschaft der Serie angeschlossen haben.
»Im Idealfall tauchen die Zuschauer in die Geschichte ein und denken nicht darüber nach, wie sie entstanden ist. Die Verschmelzung von Live-Action und Stop-Motion war jedoch eine tägliche technische und kreative Herausforderung. Unser Ziel war es, den Müll wirklich lebendig wirken zu lassen. Ob im Zusammenspiel mit Menschen, Tieren oder Wasser – diese Szenen waren komplex in der Umsetzung, mussten aber mühelos wirken, um die Emotionen zu transportieren«, so Flory abschließend.
»Ordures« – in kompletter Länge.