Grading, Postproduction: 31.01.2023

Grading von »Avatar: The Way of Water« in DaVinci Resolve Studio

Tashi Trieu über das Grading mit DaVinci Resolve Studio an »Avatar: The Way Of Water«.

Colorist Tashi Trieu arbeitet bereits seit mehreren Jahren als DI-Editor mit James Cameron von Lightstorm Entertainment zusammen, unter anderem für das Remastering von »Terminator 2« und »Alita: Battle Angel«. Für »Avatar: The Way of Water« arbeitete Tashi Trieu als Colorist eng mit Regisseur Cameron zusammen.

In diesem Interview spricht er über sein Vorgehen bei »Avatar: The Way of Water« und seinen Grading-Prozess in DaVinci Resolve Studio.

© 2022 20th Century Studios. All Rights Reserved.

Sicherlich haben Sie zur Entwicklung der Looks bereits vor der Produktion eng mit Regisseur James Cameron zusammengearbeitet. Könnten Sie etwas von diesem Prozess berichten?

Tashi Trieu: Nachdem wir Anfang 2019 »Alita: Battle Angel« fertiggestellt hatten, war ich schon etwas an der Vorproduktion beteiligt. Ich hatte mir gemeinsam mit Kameramann Russell Carpenter die ersten stereoskopischen Tests angesehen und war hin und weg von der Präzision und Genauigkeit dieser Tests. Die polarisierte Reflexion ist in der Stereoskopie eine echte Herausforderung, da sie unterschiedliche Helligkeitsstufen und Texturen zwischen beiden Augen mit sich bringt. Das kann den Stereoeffekt beeinträchtigen. Ich erinnere mich, dass mit mehreren schwarzen Farbflächen getestet wurde, um die mit der geringsten Polarisation zu finden. Ich war zum ersten Mal an solchen detaillierten Kameratests beteiligt.

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Jake Sully (Sam Worthington).

Der Look wurde größtenteils bei WetaFX entwickelt. Jim arbeitet eng mit WetaFX zusammen. Auch bei diesem Projekt brillierten die VFX-Spezialisten mit ihrer Kunstfertigkeit für alles, von Live-Action-Aufnahmen bis hin zu vollständigen CGI-Aufnahmen. Ihr Ansatz bot uns bei der DI-Erstellung reichlich kreativen Spielraum. Unsere Show-LUT ist eine elegante, einfache S-Kurve mit einem unkomplizierten Mapping für Farbräume zwischen SGamut3.Cine und P3D65. Bei so viel Flexibilität konnten wir Momente des Films pastelliger gestalten oder für eine komplett fotorealistische Wiedergabe optieren.

Natürlich spielt sich der Film vor allem unter Wasser ab. Entsprechend wichtig war es, die riesigen Wasservolumen fotorealistisch darzustellen. Um den Maßstab gefühlt echt zu präsentieren, mussten wir die Volumendichte abstufen können. Nahaufnahmen sind meist klar, kontrastreich und stark gesättigt. Doch je weiter ein Motiv entfernt ist, desto mehr verblasst das Farbspektrum selbst im klarsten Wasser zu Blau. Einen solchen Effekt konnten wir schnell und interaktiv im DI einstellen. Wann immer wir Tiefe vermitteln wollten, fügten wir mehr Blau hinzu und nahmen Rot und Grün weg.

Wie war die Zusammenarbeit mit Cameron während des Mastering-Prozesses?

Tashi Trieu: Mir ist noch nie ein Regisseur begegnet, der sein kreatives Ziel so schnell und präzise vermitteln kann. Seine Liebe zum Detail und seine Fähigkeit, sehr durchdachte und kreative Entscheidungen instinktiv zu treffen, waren umwerfend. Auch für die kleinsten Grading- und Kadrierungsentscheidungen lieferte er seine Beweggründe. So bahnbrechend der Film auch ist, Cameron behandelt die Figuren, die Story und die enge Verbindung zum Publikum stets als Prioritäten.

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Ein langer Ritt: Es dauerte viele Jahre und brauchte ein enorm großes Team, um Teil 2 und 3 von »Avatar« zu realisieren.

Sie graden in DaVinci Resolve Studio. Haben Sie über die Color-Page hinaus auch die anderen Pages wie Fusion oder Edit verwendet?

Tashi Trieu: Ich komme aus dem DI-Bereich und kenne mich entsprechend gut mit Conforming und Editing aus. Für das Projekt habe ich auf den Edit- und Color-Pages ungefähr gleich viel Zeit verbracht. In Fusion war ich nicht zugange, weil das Resolve FX-Toolset mittlerweile stark erweitert wurde. Alle über den Grading-Prozess hinausgehenden Aufgaben konnte ich mit den Tools direkt auf der Color-Page erledigen. Das ging, weil die Gradings sich so bequem mit dem ColorTracing-Tool bearbeiten und zur Erstellung von unterschiedlichen Seiten- und Lichtverhältnissen auf andere Gradings gleichzeitig übertragen ließen.

Können Sie erklären, welchen Workflow Sie verwenden und wie die stereoskopischen Aufgaben ihn beeinflussen?

Tashi Trieu: Ich bin ein großer Fan davon, die Dinge einfach zu halten und möglichst viel zu automatisieren. Bei diesem Projekt habe ich viel Gebrauch von der Resolve Python API gemacht. Ich habe ein System geschrieben, dass die VFX-Deliverables direkt nach Erhalt in der DI-Abteilung mit einem Index versieht. So konnten mein DI-Editor Tim Willis von Park Road Post und ich schnell die neuesten Shot-Versionen laden. Über eine Schnittliste hatte ich auf alle gerade im Schnitt befindlichen Elemente Zugriff und war binnen Sekunden im Besitz einer aktualisierten Ebene mit den neuesten Einstellungen. Diese erlaubten uns die finale Überarbeitung der Stereoskopie im Kontext der Szene.

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Alle Szenen wurden komplett mit Schauspielern gedreht.

Dieser Film war eine doppelte Herausforderung, nicht nur wegen der stereoskopischen Shots, sondern auch, weil wir mit einer hohen Framerate von 48 fps arbeiteten. Selbst auf einer hochmodernen Workstation mit vier A6000-GPUs ist es schwierig, eine Echtzeit-Performance zu garantieren. Es ist heikel, ein Gleichgewicht zwischen dem zu finden, was über die SAN-Bandbreite machbar ist, und dem, was mit dem System trotzdem eine schnelle Dekodierung zulässt. Jede Einstellung wurde als OpenEXR-Frame mit bis zu fünf oder sechs Matte-Ebenen geliefert, die ich dann für das Grading verwendete. Ian Bidgood von Park Road hatte die clevere Idee, WetaFX eine RGB-Ebene in Form einer unkomprimierten Datei schreiben zu lassen und die Mattes in derselben Datei zu zippen. Dies ermöglichte uns eine höchst zuverlässige Wiedergabeleistung und schnelles Rendern für die Deliverables, obwohl die Dateien kaum größer waren als die ohne Mattes.

Waren die Herausforderungen beim Graden in SDR und in HDR unterschiedlich?

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Tashi Trieu: Wir hatten den einzigartigen Luxus, vom ersten Tag an in Dolby Vision 3D arbeiten zu können. Am besten gefiel uns die Grading-Version in Dolby 3D mit einer Leuchtdichte von 14 Footlambert im erweiterten Dynamikbereich. Auf diese Weise kann man alles einfach sehr schön sehen. Das ist beim Prüfen von stereoskopischen Inhalten entscheidend. Es muss ersichtlich sein, ob das Compositing richtig funktioniert oder ob man nachbessern muss.

Wer für Dolby Vision gegradet hat, empfindet Standard-Digitalkino in 2D mit 14 Footlambert als relativ einfache Transformation, die lediglich ein paar maßgeschneiderte Feinschnitte benötigt. Mit einem herkömmlichen DLP-Projektor gehen zwar die tiefen Schwarztöne verloren, aber die Helligkeit entspricht Dolby 3D. Am schwierigsten war es, das Grading mit einer Leuchtdichte von 3,5 Footlambert hinzubekommen, was leider die Norm für fast alle kommerziellen digitalen 3D-Kinos ist. Es erfordert viel Feingefühl, mit so wenig Licht die Illusion von Kontrast und Sättigung zu erzeugen. Dafür muss man zum Beispiel gelegentlich ein frühes Roll-off in den Highlights der Hintergründe zulassen, etwa um in Außenaufnahmen bei Tag den Kontrast in Szenen mit hohem Dynamikumfang zu bewahren. Nachtszenen sind da viel nachsichtiger.

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Avatar hat eine ganz eigene Produktionsweise entwickelt.

Was ist Ihr wichtigstes Werkzeug in DaVinci Resolve Studio?

Tashi Trieu: Das ColorTrace-Tool war für mich bei diesem Film unentbehrlich. Jede Filmrolle war in einem eigenen Resolve Projekt untergebracht. Dabei enthielt jedes Projekt schließlich elf einzelne Timelines für die Deliverables in verschiedenen Kinoformaten. Mein DI-Editor Tim Willis sorgte dafür, dass diese Timelines trotz bearbeiteter Schnitte und aktualisierten visuellen Effekten insgesamt übereinstimmten. Wenn ein Grading für ein Ausgabeformat stand, übertrug ich es mithilfe des ColorTrace-Tools auf andere Formate und trimmte dort weiter. Die in einem Ausgabeformat vorgenommenen Änderungen an Kadrierung und Compositing konnte ich problemlos für die anderen Formate übernehmen, ohne die vorhandenen Grading-Daten zu überschreiben. Dieser einfache und elegante Workflow bewahrte uns vor allzu vielen langen Nächten.

Gibt es eine Lieblingsszene im Film, die Ihnen beim Grading besonders gut gefiel oder eine besondere Herausforderung darstellte?

Tashi Trieu: Da fällt mir die in einem Rathaus stattfindende Szene ein, die den Austausch zwischen der Familie Sully und dem Metkayina-Clan während eines Regenschauers zeigt. Diese Szene ist absolut großartig und erinnert an Rembrandt. Ein kalter, bedeckter Himmel umhüllt die Figuren und erzeugt zusammen mit einem dezenten warmen Akzentlicht eine wunderschöne Dynamik. Es ist kaum zu glauben, wie realistisch jede einzelne Person aussieht. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass jedes Detail in dieser Sequenz von Künstlern kreiert wurde. Abgesehen von den Darbietungen der Schauspieler ist absolut nichts per se real. Ein wahrhaftiger Generationssprung in der Kunst der visuellen Effekte und ihrer Technik. Total außergewöhnlich.