Kamera, Test, Top-Story: 29.10.2011

Steht einer im Regen und filmt: Test HXR-NX70

Outdoor-Freunde behaupten ja oft, es gebe kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung. Und nun gibt es auch den zur Goretex-Jacke passenden Camcorder, einen der Regengüsse und Sandstürme unbeschadet überstehen soll. Wetterfeste Aufzeichnung in Full HD mit 50 Vollbildern in einer sehr kompakten Bauform: Sony hat den HXR-NX70 mit ordentlich Gummi abgedichtet. Ob der handliche Camcorder auch unter professionellen Gesichtspunkten überzeugen kann, zeigt der Test des robusten Mini-Camcorders.

Dass Camcorder-Hersteller mit der Wetterbeständigkeit ihrer Produkte werben, kommt eher selten vor — eigentlich verwunderlich, da die Geräte ja sehr oft draußen eingesetzt werden. Mit dem HXR-NX70 ergänzt Sony seine NXCAM-Familie um einen Camcorder, der gegen Staub und Regen geschützt ist — und hebt dieses Merkmal auch besonders hervor. So wurden schon bei der Ankündigung des NX70 auf der NAB2011 dessen »Outdoor-Fähigkeiten« recht anschaulich präsentiert: Das ausgestellte Gerät wurde in einem Glaskasten unter steter Wasserberieselung gehalten und zeigte auf seinem Ausklappschirm ein Live-Videosignal.

Tatsächlich gibt es im Preissegment des NX70 keine vergleichbaren Geräte, die von Hause aus für Einsätze im Regen oder in staubigen und unwirtlichen Umgebungen geeignet wären. In solchen Situationen muss der Anwender normalerweise auf einen Regenschutz zurückgreifen und empfindliche Bauteile zusätzlich »von Hand« abdichten. Diese Maßnahmen schränken die Bedienbarkeit eines Camcorders aber meistens erheblich ein und lassen das Gerät zudem recht unhandlich werden. Hier setzt das Konzept des NX70 an: Allzeit bereit, hält er Staub und Spritzwasser stand. Er ist wetterfest, aber nicht wasserdicht: Tauchen darf auch der NX70 nur in einem Tauchgehäuse.

Eckdaten

Der HXR-NX70 ist ein kompakter Handheld-Camcorder aus Sonys NXCAM-Familie, er nimmt also in AVCHD bandlos auf. Das 10fach-Zoomobjektiv bietet, umgerechnet auf Kleinbildverhältnisse, eine Anfangsbrennweite von 26,3 mm und ist damit sehr weitwinklig. Die maximale Empfindlichkeit in Weitwinkel-Stellung liegt bei Blende 1.8. In Teleposition schafft das Objektiv noch einen Wert von 3.4.

Der Single-CMOS-Sensor des NX70 misst rund 1/3-Zoll und nutzt im Videobetrieb gut 6 Megapixel. Die Aufzeichnung der Videosignale erfolgt im AVCHD-Format bis zu einer Auflösung von 1.920 x 1.080 bei 50 Vollbildern. Gespeichert wird das Material entweder auf einem internen Flash-Speicher mit 96 GB Speicherkapazität und/oder auf wechselbaren SDHC/XC-Karten oder Memory Sticks.

Das 16:9-Touchscreen-Display des Camcorders misst 3,5 Zoll Diagonale und bietet rund 921.000 Pixel. Der Sucher, ebenfalls in 16:9, erreicht bei einer Größe von 0,45 Zoll gut 1,2 Megapixel.

Das spezielle Merkmal des HXR-NX70 ist angesichts der Zahlenwerte also die Widerstandsfähigkeit des Camcorders gegen Staub und Regen: Das Gehäuse selbst sowie sämtliche Abdeckungen und Taster an dem Gerät wurden mit Dichtungen versehen, um das Innenleben des Camcorders vor Sand- und Staubpartikeln sowie Wasserspritzern zu schützen. Sony weißt jedoch darauf hin, dass der NX70 trotz dieser Maßnahmen nicht in Wasser getaucht oder mit einem gezielten Wasserstrahl abgespritzt werden sollte.

Seinen Anspruch auf professionellen Einsatz macht der NX70 — wie viele andere Camcorder im Grenzbereich zwischen Consumer- und Profibereich — durch einen Handgriff mit integrierten Audiofunktionen deutlich. Es sind zwei XLR-Anschlüsse für externes Tonequipment und die üblichen Regler zum manuellen oder automatischen Pegeln der Audiosignale integriert. Ebenfalls beigelegt ist ein passendes Richtmikrofon vom Typ Sony ECM-XM1. Der komplette Griff kann flexibel und je nach Bedarf angebracht oder entfernt werden. Die angesprochene Staub- und Regensicherheit büßt das Gerät bei Verwendung des Handgriffs jedoch ein: Sowohl die XLR-Stecker wie auch die elektrische Verbindung zwischen Griff und Camcorder sind nicht gegen Spritzwasser geschützt.

Das Gesamtsystem aus Camcorder, Handgriff, Mikrofon ECM-XM1 und Akku wiegt knapp 1,3 kg. Der HXR-NX70 ist zum Testzeitpunkt zu einem Netto-Straßenpreis von rund 2.500 Euro verfügbar.

Funktionen, Handling und Bedienung

Grundsätzlich liegt der HXR-NX70 gut in der Hand. Das Gehäuse ist griffig und robust verarbeitet. Auch am Handgriff kann der Camcorder gut und sicher geführt werden, wenngleich der NX70 hier eine zweite, kleine Zoomwippe sowie einen alternativen Start-Stopp-Knopf vermissen lässt. Damit wäre ein flexiblerer Einsatz des NX70 möglich, beispielsweise bei Aufnahmen aus der Froschperspektive. Die Montage des Griffs geht schnell und einfach. Lediglich das Öffnen der staub- und regengeschützten Abdeckung, hinter der sich der Anschluss für die elektrische Verbindung zwischen Camcorder und Handgriff befindet, gestaltet sich etwas fummelig. Der Henkel bietet  wiederum selbst einen Adapterschuh für das Anbringen von weiterem Zubehör wie etwa einer Kameraleuchte.

Der Objektivring des NX70 bietet einen angenehmen Widerstand und lässt feinfühliges Fokussieren zu. Über einen Schalter am Objektiv können dem Ring alternativ die Funktionen Zoom und Blende zugeteilt werden. Es gibt keine mechanische Verkopplung des Rings mit den Objektivelementen, der Ring steuert lediglich die jeweiligen Stellmotoren. Gleich unter dem Stellrad und gut zu ertasten, befindet sich der Umschalter für manuelles oder automatisches Fokussieren. Praktisch ist die Push-Auto-Iris-Funktion auf der rechten Objektivseite, mit dem die Blende einmalig optimiert werden kann und dann wieder gehalten wird. Der zugehörige Taster ist bequem mit dem kleinen Finger oder dem Ringfinger erreichbar.

Der NX70 bietet weitere wichtige Funktionen und manuelle Verstellmöglichkeiten, die man von einem Camcorder mit professionellem Anspruch erwartet: Als Belichtungshilfe ist eine Zebrafunktion und eine Histogramm-Anzeige mit an Bord. Zur Unterstützung beim Scharfstellen wurden eine Peaking-Funktion und eine Ausschnittvergrößerung integriert, zudem wird die Fokusentfernung als Meterangabe eingeblendet. Über eine Anzeige im Display kann der Audiopegel überwacht werden.

Die elektronischen Verstärkungswerte für das Videosignal lassen sich in Dreierschritten manuell zwischen 0 und 21 dB justieren. Die Verschlusszeit kann in einem Bereich von 1/6 bis 1/10.000 s geregelt werden. Eine Clear-Scan-Funktion, um den Shutter auf die Frequenz eines Monitors oder einer Lichtquelle einstellen lässt und so Flickern zu vermeiden, sucht man vergeblich. In dem für die flickerfreie Aufnahme zumeist relevanten Bereich bietet der NX70 nur feste Werte von 1/50, 1/60 und 1/100 s.

Der Weißabgleich kann zwischen Auto, den Fixwerten Außen (5.800 K) und Innen (3.200 K) sowie manuellem Abgleich umgeschaltet werden. Schön ist die von Sony integrierte Möglichkeit, die eingestellte Farbtemperatur zusätzlich zwischen »wärmer« und »kälter« zu variieren. Allerdings wird die Lichtfarbe nicht durch einen konkreten Kelvin-Wert im Display angezeigt. Auch die Verschiebung der Farbtemperatur geschieht in Werten zwischen -7 und +7, anstatt den Nutzer mit den genauen Kelvin-Werten zu informieren.

Das Menü des HXR-NX70 ist logisch und übersichtlich aufgebaut, nach kurzer Eingewöhnung findet man sich schnell zurecht. Sony beschränkt sich auf die wichtigsten Optionen. Die bei anderen Modellen oft vorhandenen »Effekt-Spielereien« und Consumer-Zusatzfunktionen finden sich kaum. Das hat den Vorteil, dass das Menü des NX70 relativ schlank und übersichtlich bleibt. Im Bereich der Zoomsteuerung oder dem Zuweisen von Individualfunktionen wäre etwas mehr Flexibilität im Menü aber wünschenswert. Auch das Ändern von Bildparametern wie Gradation oder Farbsättigung ist nicht möglich. Lediglich ein nicht editierbares Profil mit dem Namen »Cinematone« kann zugeschaltet werden.

Beim NX70 basiert das Bedienkonzept zu einem beträchtlichen Teil auf dem ausklappbaren Touchscreen. Für das Set-Up funktioniert dieses Bedienkonzept noch sehr gut — die grundlegenden Gerätefunktionen, wie etwa das Aufnahmeformat, können intuitiv und übersichtlich eingestellt werden. Generell ist aber die Touchscreen-Bedienung im Profibereich aber eher störend und hinderlich, besonders wenn man dokumentarisch dreht.

Zum Problem wird das Bedienkonzept besonders dann, wenn es um das schnelle Einrichten der konkreten Aufnahmeparameter geht. So können etwa Gain, Shutter und Weißabgleich nur über den Touchscreen verändert und zwischen manuellem und automatischem Betrieb umgeschaltet werden. Mitunter ist es sehr mühsam und es verzögert die Arbeit beträchtlich, diese Funktionen über das Display aufrufen und bedienen zu müssen. Auch Funktionen wie Zebra und Peaking können nur per Touchscreen bedient werden. Es ist immer der Weg durchs Menü notwendig, um diese Optionen zu nutzen.

Nicht ganz nachvollziehbar fanden die Tester, warum Sony jeweils fest definierte Taster zum Ein- und Ausschalten der Histogramm-Funktion sowie der Expanded-Focus-Funktion einbaute, dafür aber für Zebra- und Peaking-Funktion keine direkte Zugriffsmöglichkeit spendierte. Tasten mit den individuell für richtig und wichtig befundenen Funktionen zu belegen, das erlaubt der NX70 nicht — nur auf dem Touchscreen selbst gibt es frei belegbare Bildschirmbuttons: Im linken Display-Bereich stehen drei frei belegbare »virtuelle« Tasten zu Verfügung, von Sony als »My Button« bezeichnet. Aus insgesamt acht Funktionen kann der Anwender auswählen, was dort bereitstehen soll: Blende, Gain, Shutter, Weißabgleich, Punkt-Fokus, Fokus (AF/MF), automatische Belichtung und Farbtemperaturänderung.

Einige wirklich »greifbare« und mit den wichtigen Parametern belegbare Funktionstasten würden den Bedienkomfort des NX70 wesentlich erhöhen. Dreht man nicht mit Vollautomatik und greift stattdessen auf manuelle Einstellungen zurück, muss das Display während des Betriebs im Grunde immer aufgeklappt sein, um die wichtigen Funktionen zumindest einigermaßen schnell nutzen zu können. Steht genügend Vorbereitungszeit zur Verfügung, ist das Setzen der Aufnahmeparameter per Touchscreen gerade noch akzeptabel. Nach Meinung der Tester widerspricht die grundsätzlich »empfindliche« Bedienung per Touchscreen zudem dem eigentlichen Verwendungszweck des NX70: in rauen Situationen mit extremen Wetterbedingungen wären richtige Druckknöpfe sicher geeigneter als ein Touchscreen.

In Sachen Bildbeurteilung bietet der NX70 eine bessere Leistung: Das Display lässt sich aufgrund der matten Oberfläche auch in helleren Umgebungen noch relativ gut ablesen. Störende Spiegelungen und Reflexe werden gedämpft. Unter direkter Sonneneinstrahlung muss aber dennoch auf den Sucher zurückgegriffen werden. Mit diesem lässt sich jedoch erstaunlich gut arbeiten. In Kombination mit der Peaking-Funktion ist auch per Sucher ein relativ sicheres Scharfstellen möglich. Sehr vorteilhaft ist die große Augenmuschel, die Sony dem NX70 beilegt, und die das Sucherbild zuverlässig vor hellem Umgebungslicht schützt. Auch Brillenträger können den Sucher gut benutzen. Der gleichzeitige Betrieb von Sucher und Display ist nicht möglich und lässt sich auch über das Menü nicht aktivieren. Das kann die Arbeit in manchen Drehsituationen unnötig erschweren: Jedes Mal, wenn man eine der Camcorder-Funktionen über den Touchscreen verstellt hat, muss man das Display wieder schließen, um dann im Sucher ein Bild zu sehen.

Die Zoomsteuerung des HXR-NX70 reagiert vergleichsweise nervös und macht weiche, langsame Zoomfahrten extrem schwierig. Auch das vorsichtige Verändern der Geschwindigkeit während eines Zooms ist nur sehr schwer umsetzbar. Allzu oft »springt« der Zoommotor in groben Abständen von einer Geschwindigkeitsstufe zur nächsten. Typischer Fall: Wird die Zoomwippe betätigt, passiert zunächst gar nichts. Drückt man den Taster dann nur ein winziges Stück weiter nach unten, so sprintet der Zoommotor relativ unvermittelt los. Der Bereich, in dem sich der Zoom weich und langsam regulieren lässt, ist extrem klein.

Auch die Menüsteuerung bietet hier keine Abhilfe: Man kann die Zoomparameter und das Ansprechverhaltens der Zoomwippe nicht verstellen. Nach einiger Zeit kann man sich unter Umständen an das äußerst sensible Zoomverhalten des Camcorders gewöhnen. Doch selbst dann ist ein sehr »filigraner« Umgang mit der Zoomwippe nötig, der nicht zum ansonsten eher robusten Auftreten des NX70 passt.

Alternativ kann der Zoom auch über den Touchscreen bedient werden: Die betreffenden Tasten lassen sich am linken Display-Rand einblenden. Es ist aber nur das Zoomen mit einer konstanten Geschwindigkeit möglich, die nicht angepasst werden kann. Auch der »manuelle« Zoom per elektronischem Bedienring am Objektiv reagiert wenig differenziert und taugt kaum für eine sanfte Brennweitenänderung. Von Nachteil ist auch die nicht sehr präzise Angabe der momentanen Zoom-Position im Display: Die aktuelle Brennweite der Optik wird nur grob über einen Marker ausgegeben. Andere Geräte können den Zoombereich etwa mit Werten von 0 bis 100 versehen und so einigermaßen reproduzierbare Zoomfahrten ermöglichen.

Aufzeichnungsformate und Workflow

NXCAM-typisch verwendet der HXR-NX70 eine AVCHD-Codierung zur HD-Videoaufzeichnung. Das Videosignal wird in Form von mts-Dateien in der gebräuchlichen AVCHD-Verzeichnisstruktur gespeichert. Neu ist beim NX70 — etwa im Vergleich zum HXR-NX5 —, dass man im PS-Modus auch in 1080p50 aufzeichnen kann. Die Datenrate beträgt hierbei 28 Mbps. Diese Werte versprechen eine recht gute Wiedergabe von Bewegungen sowie geringe Kompressionsartefakte. Auch der kürzlich von film-tv-video getestete Sony NEX-FS100 (Test) bietet diesen neuen PS-Aufzeichnungsmodus.

Bei der PS-Mode-Aufzeichnung mit 1080p50 handelt es sich um eine Erweiterung des momentanen AVCHD-Standards, die jedoch noch nicht weit verbreitet ist. So wurde der neue 50p-Modus mit 28 Mbps zum Testzeitpunkt noch nicht von aktuellen Schnittsystemen unterstützt: Weder in Final Cut Pro 7, Final Cut Pro X, noch Avid Media Composer 5.5 erlaubten es, die 50p-Files direkt zu importieren. Der Umweg über das Kodierprogramm Adobe Media Encoder CS5 ermöglichte die Wandlung des nativen 50p-Materials in eine ProRes– oder DNxHD-Datei, die dann im Apple- und im Avid-NLE verwendet werden konnte. Lediglich in Premiere Pro CS 5 kann das 50p-material direkt importiert und abgespielt werden. Allerdings erfolgen Verarbeitung und Schnitt nicht mit 50 Vollbildern, sondern im Format 1080p25.

Ansonsten bietet der NX70 die von NXCAM-Geräten bekannten Aufzeichnungsmodi: Bei einer Auflösung von 1.920 x 1080 in 50i/25p stehen die Datenraten FX (24 Mbps) und FH (17 Mbps) zur Verfügung. Im HQ- und LP-Modus zeichnet der NX70 im reduzierten Raster von 1.440 x 1.080 mit 50i bei einer Datenrate von 9 und 5 Mbps auf. Ebenfalls möglich ist die SD-Aufzeichnung in MPEG-2 mit 9 Mbps. In 1.280 x 720 kann mit dem NX70 nicht aufgenommen werden.

Die Audioaufzeichnung erfolgt auf zwei Kanälen, die wahlweise als PCM-Datei mit 16 Bit / 48 kHz oder in Dolby-Digital gespeichert werden.

Der interne Speicher mit 96 GB reicht für rund 7,5 Stunden Aufzeichnung, wenn die höchste Qualitätsstufe des Geräts ausgewählt wurde (1080p50, PS-Mode mit 28 Mbps, Audio als PCM). In FX-Qualität passen ungefähr neun Stunden in 1080i50 auf den internen Speicher.

Will man mit dem NX70 einen direkten und mit den verbreiteten Editing-Programmen kompatiblen Workflow bei guter Bildqualität nutzen, sollte man sich also auf den bekannten FX-Modus mit 50i- oder 25p-Aufzeichnung beschränken. Die im Rahmen dieses Tests gemachten Aufnahmen wurden in Final Cut Pro 7.0.3 geschnitten. Soweit es sich um Dateien in FX-Qualität handelte, konnte das Material wie von anderen NXCAM-Modellen gewohnt über den »Loggen und Übertragen« Dialog nach ProRes gewandelt und dann bearbeitet werden. Bei 1080p50-Material musste der beschriebene Umweg über Adobe Media Encoder gegangen werden. Bleibt zu hoffen, dass die aktuellen Schnittsysteme den hochwertigeren PS-Codec mit 50 Vollbildern demnächst direkt unterstützen und die Anwender davon profitieren können.

Nicht unerwähnt bleiben soll der so genannte »Smooth Slow Rec«-Modus, den der NX70 bietet. Hier nimmt der Camcorder eine bis zu 3 Sekunden lange Sequenz mit 100 fps auf. Beim Abspielen wird die Szene auf rund 12 Sekunden gedehnt und es entsteht ein Slow-Motion-Effekt. Die Bildqualität ist in diesem Modus allerdings stark reduziert.

Intervall- oder Zeitrafferaufnahmen sind mit dem HXR-NX70 nicht möglich. Im Foto-Modus können Standbilder mit 12,3 Megapixel gespeichert werden.

Bildqualität

Im PS- und FX-Modus konnten die Bilder des HXR-NX70 für ein Gerät seiner Baugröße und Preisstufe überzeugen: kräftige Farben, die Durchzeichnung und Detailwiedergabe waren insgesamt gut. Die Bilder hinterließen einen stimmigen Gesamteindruck. Auch in dunklen Situationen schlug sich der NX70, wenn man den kleinen Sensor mit der hohen Pixeldichte bedenkt, sehr respektabel. Das Rauschen blieb selbst bei höchsten Verstärkungswerten vertretbar.

Zwischen dem neuen PS-Aufzeichnungsmodus mit 50 Vollbildern und dem FX-Modus im Interlaced-Verfahren zeigten sich die Qualitätsunterschiede erwartungsgemäß besonders in der Wiedergabe von bewegten Objekten: Bei zügig vorbeifahrenden Autos oder schnellen Schwenks ergibt die Aufzeichnung mit 50 Vollbildern eine wesentlich schärfere Bewegungswiedergabe als die Zeilensprung-Aufzeichnung im FX-Modus. Bei eher statischen Einstellungen waren Unterschiede zwischen dem PS-Modus mit einer Datenrate von 28 Mbps und dem FX-Modus mit 24 Mbps nur schwer erkennbar. Selbst bei Details, wie sich langsam im Wind bewegenden Blättern oder Schriften auf entfernten Schildern und Plakaten, waren kaum Unterschiede auszumachen.

Die weitere Reduzierung der Bitrate, vom FH-Modus (17 Mbps) bis hinunter zum LP-Modus (5 Mbps), machte sich hauptsächlich bei bewegten Motiven bemerkbar, die unschärfer abgebildet wurden. Auch feine Details, wie beispielsweise die Oberleitung einer Straßenbahn, schmierten immer stärker zu. Ohne »Referenz«, also den direkten Vergleich mit höheren Bildraten, hinterlässt jedoch auch der FH-Modus mit 17 Mbps einen noch guten Gesamteindruck. Aufgrund des reichlichen internen Speichers von 96 GB sollte es aber auch kein Problem sein, in den höheren Qualitätsstufen aufzuzeichnen.

In einigen Aufnahmesituationen fielen chromatische Aberrationen des Objektivs auf: Zum Beispiel waren immer wieder grüne und magenta-farbene Ränder an Objektübergängen mit hohem Kontrast zu sehen.

Damit Sie sich selbst einen Eindruck von der Bildqualität machen können, stehen zusätzlich zum eingebundenen Vimeo-Video am Ende des Textes einige Originaldateien aus dem NX70 mit unterschiedlichen Datenraten zum Download bereit.

Sony HXR-NX70: Tag- und Nachtaufnahmen in 1080/50i.
Anschlüsse und weitere Ausstattung

Sämtliche Anschlüsse sind hinter Abdeckungen verborgen, die zusätzlich abgedichtet wurden. Auf der linken Gehäuseseite befindet sich ein HDMI– und USB-Anschluss, rechts in der Nähe der Handschlaufe stehen Verbindungen für analoge Video- und Komponentensignale sowie eine Fernsteuerbuchse zur Verfügung. Der Kopfhöreranschluss sowie eine Buchse für den Netzstecker sind auf der Geräterückseite angebracht. Da kein separates Akkuladegerät im Lieferumfang enthalten ist, müssen die Akkus mit Hilfe des Netzteils innerhalb des NX70 geladen werden.

Über den staub- und regengeschützten Speicherkarteneinschub können zusätzlich zum internen Speicher auch SDHC/XC-Karten und Memory Sticks benutzt werden. Neben der direkten Aufnahme auf die Speicherkarte gibt es auch die Option, einzelne Einstellungen oder den kompletten Inhalt aus dem internen Speicher auf die Wechselmedien zu kopieren. Diese Funktion kann durchaus nützlich sein, um beispielsweise direkt ein Backup wichtiger Aufnahmen zu erstellen. Auf der Speicherkarte wird eine eigenständige Verzeichnisstruktur angelegt, die AVCHD-kompatibel ist. Für rechnerunabhängige Sicherungen des gesamten Materials kann zudem eine FAT32-formatierte USB-Platte angeschlossen werden, um die Dateien des NX70 zu »überspielen«. Eine sinnvolle Option, wenn man mit leichtem Gepäck unterwegs sein muss oder der Platz für einen Laptop zur Sicherung fehlt. Eine Formatwandlung während des Kopiervorgangs ist nicht möglich.

An weiteren Ausstattungsmerkmalen besitzt der NX70 einen optischen Bildstabilisator, der im Modus »Active Steady Shot« mit einer digitalen Stabilisierung kombiniert wird. Dabei wird leicht in das Bild hineinskaliert, um Wackelbewegungen zusätzlich digital über die Verschiebung des Bildes auszugleichen. Das zieht natürlich einen Auflösungsverlust nach sich, den man aber rein optisch kaum wahrnehmen kann: Es entsteht auch im Modus »Active Steady Shot« keine sichtbar schlechtere Bildqualität. In puncto Stabilisierung wurden hingegen sehr gute Ergebnisse erzielt. Allerdings kommt die Vergrößerung des Bildes einer Verlängerung der Anfangs- und Endbrennweite des NX70 gleich. Somit büsst der Anwender bei Verwendung des »Active Steady Shot« etwas Weitwinkelwirkung ein. Der gesamte Brennweitenbereich verlängert sich um den Faktor 1,4.

Mit einer Funktion Namens »Tele-Makro« lässt sich die Optik auf Objekte scharfstellen, die bis zu 32 cm nah an der Linse sind. Beim Aktivieren von »Tele-Makro« per Menü fährt der NX70 das Objektiv automatisch in die maximale Teleposition. Wird die Brennweite anschließend geändert, erlischt auch die Makro-Funktion. Der Mindestabstand zum Scharfstellen liegt im Telebereich dann wieder bei den üblichen rund 80 cm.

Ebenfalls mit an Bord ist ein GPS-Empfänger, dessen Daten aufgezeichnet und im beigelegten Sony Content Management Utility unter Windows ausgewertet werden können.

Fazit

Das bestechende Merkmal des Sony HXR-NX70 ist in der Tat seine Beständigkeit gegen Regen und Staub. Dieses Feature erkauft man sich jedoch durch ein Bedienkonzept und ein Handling, das an vielen Stellen besser sein könnte.

Größter Kritikpunkt ist sicherlich die »nervöse« Zoomsteuerung, die für einen Praxiseinsatz unter rauen Bedingungen einfach zu empfindlich reagiert. Wird auf das Gestaltungsmittel Zoom verzichtet, lässt sich dieser Nachteil unter Umständen verschmerzen. Einem möglichst flexiblen Einsatz des Camcorders widerspricht das allerdings. Auch eine zweite Zoomwippe sowie ein zusätzlicher Record-Knopf am Handgriff sind in der Geräteliga, die Sony mit dem NX70 anvisiert, nicht zuviel verlangt.

Es bleibt die grundsätzliche Frage, ob professionelles Arbeiten mit einem Camcorder mit der Bedienung via Touchscreen vereinbar ist. Nach Meinung der Tester hinterlässt die stark auf den Touchscreen ausgerichtete Bedienung des HXR-NX70 einen eher negativen Eindruck: »Virtuell« vorhandene Funktionstasten, die sich zudem nur sehr eingeschränkt belegen lassen, sind ein Hindernis für zügiges und unkompliziertes Arbeiten. Gerade beim professionellen Umgang mit einem Camcorder ist es sinnvoll, häufig benötigte Geräteoptionen wie etwa manuelle Belichtungssteuerung, mit einem Tastendruck auf »richtigen« Knöpfen verfügbar zu haben.

Überzeugend war — immer unter Berücksichtigung der Geräteklasse und des Preises — der Sucher des NX70. Belichtung und Schärfe konnten sehr gut beurteilt werden, die große Augenmuschel hielt selbst bei Brillenträgern das Umgebungslicht vom Sucher fern. Vorteilhaft ist auch der abnehmbare Handgriff: so lässt sich der ohnehin schon sehr kompakte Camcorder noch weiter verkleinern und flexibel einsetzen. Auch der Brennweitenbereich des 10fach-Zooms macht den NX70 interessant.

Für Einsätze unter widrigen Bedingungen kann der NX70 tatsächlich eine funktionierende Option darstellen, da auf den oft unhandlichen Regenschutz verzichtet werden kann. Der Anwender erhält einen kompakten, wetterfesten Camcorder mit guter Bildqualität und flexibler Zoom-Optik. Kann man auf die »Outdoor-Features« des HXR-NX70 verzichten, ist der Blick auf andere Geräte in dieser Preisklasse lohnenswert.

Downloads zum Artikel:

01_NX70_50p_PS.MTS
02_NX70_50i_FX.MTS
03_NX70_50i_FH.MTS
04_NX70_50i_HQ.MTS
05_NX70_50i_LP.MTS
06_NX70_25p_FX.MTS
07_NX70_25p_FH.MTS
08_NX70_Slomo_50i_HQ.MTS

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Autor
Felix Holderer, red

Bildrechte
Nonkonform, Archiv

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