Branche, C2C, Cloud, Kamera, Top-Story, Wireless: 17.02.2022

Camera-to-Cloud

Ist das der nächste »Hot Shit« in unserer Branche? Könnte sein: Ein Blick auf diesen Trend.




Im AÜ-Bereich geht der Remote-Gedanke mittlerweile ebenfalls immer weiter.
Status Quo: Live-Produktionen

Im Live-TV-Bereich lag der Gedanke, »Remi-Productions« durchzuführen, eigentlich ziemlich nahe: Kameras und Set im engeren Sinn sind hier schon immer vom Großteil der Technik in einem Ü-Wagen oder einer Regie abgekoppelt — und mittlerweile gibt es eben Technologien, die es erlauben, Kameras und Regie auch sehr, sehr weit voneinander entfernt zu positionierten.

© Riedel, DTM
Bei einem Pilotprojekt der DTM.

In solchen Setups wird nur noch ein Teil der Hardware am Ort einer Veranstaltung oder eines Sets aufgebaut und dort auch betrieben. Am Produktionsort ist lediglich ein kleines TV-Team vorhanden, das sind eine Aufbaumannschaft und beim Dreh dann wenige Techniker und Kameraleute. Ein großer Teil der Technik und auch der Produktionsmitarbeitenden sind hingegen örtlich abgesetzt und nur virtuell angebunden: Gleichwohl schauen sie nicht nur zu, sondern greifen aktiv ein, bedienen aus der Ferne Teile des Equipments am Drehort (Beispiel: It’s Showtime – aber remote).

 © TV SKYLINE
Bei einem Live-Konzert-Pilotprojekt.

Das geht mittlerweile so gut, dass etwa auch Live-Konzerte so abgewickelt werden können — und der Tonmeister in New York einen Gig in Wacken live abmischen kann (Beispiel: Transatlantischer Remote-Workflow).

AWS, Gravity, Virtual-Live-Production
Beispiel für eine virtualisierte Sport-Live-Produktion von Gravity.

Remi-Produktionen sind bei TV-Dienstleistern wie TV Skyline, TPC, NEP und Gravity ebenso ein Teil des Daily-Business wie im Remote Operation Center von Riedel (Mission Control im Riedel ROC). Über einige von deren Produktionen hat film-tv-video.de schon berichtet (Beispiel: Virtualisierte Live-Produktion bei ATP-Turnier in Paris).

Remote-Production wird im TV-Bereich künftig zwar wahrscheinlich (noch) nicht der Regelfall werden, aber sicher auch keine absolute Ausnahme bleiben.

Solche dezentralen Arbeitsweisen erfordern sicher auch den einen oder anderen Kompromiss, aber es ist möglich, remote zu arbeiten – und es ist schon heute Stand der Technik.

Was technologisch ausreicht, um Live-Produktionen durchzuführen, das reicht prinzipiell ganz sicher auch im Filmbereich aus, auch wenn es hier (noch) um höhere Auflösungen geht. Dennoch: Warum sollte künftig nicht auch das Material, das an einem Filmset aufgenommen wird, in einer Grading-Suite unter optimalen Arbeitsbedingungen einem ersten, schnellen Live-Grading unterzogen werden?

Natürlich sind aber die leistungsfähigsten (Live)-Systeme teuer, Remote-Workflows bewegen sich aber in immer preisgünstigere Regionen. Denkt man das noch ein kleines bisschen weiter, ist man fast schon im Bereich Camera-to-Cloud.

LiveU
Technologien, die im Streaming-Bereich genutzt werden, fließen in Camera-to-Cloud-Workflows ein und konvergieren.
Fusion der Workflows und der Technologien

Preview- und Freigaben-Workflows remote zu erledigen, ist schon längst nicht mehr exotisch, und selbst das Editing in der Cloud ist Realität geworden. Das funktioniert nicht überall, man muss Kompromisse schließen, aber es ist möglich.

Ein Beispiel für einen einfachen Remote-Workflow: Etliche der Videos von film-tv-video.de werden in einem Homeoffice geschnitten und können von einem anderen Homeoffice aus angeschaut und freigegeben werden. Im Redaktionsbüro findet dann das Finishing statt. Wenn das alles superkompliziert und sündhaft teuer wäre, könnten wir es als kleines Team mit begrenzten Ressourcen gar nicht umsetzen.

MoovIT, Software, Helmut
MoovIT-Software Helmut.

Auf diesem Niveau bieten mittlerweile viele Anwender Tools und Workflows an, die das Ganze unterstützen. Aber auch wenn es anspruchsvoller wird, gibt es Lösungen: Avid kann das, Adobe und Editshare können das — und wenn man weitere, besondere Anforderungen hat, stehen Firmen wie etwa MoovIT, Nachtblau und ToolsOnAir mit Workflow-Lösungen bereit und können zudem noch passende Software entwickeln. Besonders im Postproduction-Bereich sind kollaborative und Remote-Workflows also längst umgesetzt.

Was hindert uns also noch daran, Camera-to-Cloud komplett umzusetzen? Nun: In manchen Bereichen fehlen noch ein paar technische Puzzle-Stücke, und insgesamt mangelt es eben auch noch an einem Stück Leistungsfähigkeit. Es ist das eine, ein akzeptables Bildsignal auf ein Tablet zu transportieren, das ausreicht, um den Bildausschnitt zu gestalten — aber etwas ganz anderes, 8K-Bilder in kompromissloser, voller Bildqualität gesichert in die Cloud zu transferieren und sie dort in Echtzeit bearbeiten zu können.

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Seite 2: Status Quo: Live-Produktionen, Fusion Workflows/Technologien
Seite 3: Wireless-Anbindung, Was heute schon geht
Seite 4: Was wird noch kommen? Kommt C-to-C?