Branche, Top-Story: 31.08.1999

Wir sind so gut wie die in USA oder England

Rudi Dolezal und Hannes Rossacher gründeten in den 70er Jahren die DoRo-Filmproduktion Wien. Was als Zweimann-Projekt der beiden Ex-ORF-Mitarbeiter begann, hat sich zur Topadresse für Musikvideos und Musikdokumentationen gemausert.

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Rudi Dolezal und Hannes Rossacher

www.film-tv-video.de: Wie sieht denn der Alltag eines Musikvideo-Produzenten und -Regisseurs aus?

HR: Weniger spektakulär als man glaubt, das ist auch viel Organisationsarbeit. Aber natürlich gibt es auch Ausnahmen. Für mich war es zum Beispiel ein Highlight, zwei Wochen lang die Stones zu begleiten und mit ihnen zu arbeiten. Das kommt daher, daß unsere Leidenschaft in der Musik und rund um die Musik liegt. Das ist nicht immer so, viele junge Regisseure wollen Videos nur deshalb machen, um einen Einstieg in die Werbung zu finden. Denen fehlt einfach die Leidenschaft für unser Metier.

www.film-tv-video.de: Wie schaffen Sie es, in diesem sehr schnellebigen Metier ganz oben und ganz vorne zu bleiben?

HR: Uns geht es nicht nur darum, für die ganz Großen zu produzieren. Natürlich ist es wichtig, auch die großen Namen nennen zu können. Das ist schön fürs Ego. Aber die Auseinandersetzung mit Popmusik ist auch eine permanente Weiterentwicklung, und dabei geht es nicht nur darum, die Etablierten in ihrem Klischee zu bestätigen, sondern auch den Jungen zum Aufstieg zu verhelfen. Und das ist für mich der stärkere Beweis, daß ich noch ganz vorne mit dabei bin. Wenn es mir zum Beispiel gelingt, eine Gruppe wie die H-Blockx zu begleiten und deren Videos zu machen, so daß denen Platin-Platten verliehen werden. Ich finde das ist die Bestätigung dafür, daß man mit der Band eine gemeinsame Sprache findet, obwohl man auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun hat. So lange das gelingt, weiß ich, daß ich den Anschluß nicht verpaßt habe.

www.film-tv-video.de: Hat sich die Art und Weise, wie Videos heutzutage produziert werden und wie sie aussehen, durch die neuen technischen Möglichkeiten und Geräte massiv verändert?

HR: Ich denke schon. Ich glaube aber auch, daß sich unabhängig von der Technik einiges in der modernen Bildsprache getan hat, wie sie zum Beispiel bei Viva zu sehen ist. Und zwar auch in den dokumentarischen und reportageartigen Passagen. Hier hat sich meiner Meinung nach eine Ästhetik etabliert, die man Clip-Ästhetik nennen könnte.

www.film-tv-video.de: Glauben Sie, daß die sinkenden Preise bei steigender Qualität des Equipments mehr Leuten die Chance eröffnen, erfolgreich zu produzieren?Wird künftig das Budget weniger über den Erfolg entscheiden?

HR: Ja, davon gehe ich aus. Dazu muß ich etwas weiter ausholen: Als ich 1973 Filmstudent war, da gab es eine Bolex-Kamera mit Federaufzug. Die lief immer um die 20 Sekunden, und dann mußte man sie wieder aufziehen. Das Material war dabei ein heiliges Gut. Ich hatte zum Glück Eltern, die mir auch mal 1 000 Mark gegeben haben, damit ich für meinen Studentenfilm drei Rollen Film kaufen konnte. Andere waren nicht in dieser Situation. Doch wenn man visuelle Ambitionen hat, geht es immer ums Machen, Produzieren und Erfahrungsammeln. Dank DV ist das „Üben“ jetzt auch für junge Filmemacher erschwinglich. Mit diesem Equipment können sie einfach loslegen. Sich selbst zu erfahren ist wunderbar mit diesen Kameras, auch deshalb, weil die Qualität jetzt mehrere Generationen im Schnitt erlaubt. Das war mit der analogen Technik mit VHS oder Hi8 nicht möglich.

www.film-tv-video.de: Bei welchen professionellen Produktionen haben Sie selber schon Consumer-Technik eingesetzt?

HR: Wir haben mit den Fantastischen Vier die Sendereihe Die 4. Dimension produziert. Damals haben wir erstmals als entscheidendes Gestaltungsmittel den Sprung zwischen professioneller Betacam-Technik und Amateurtechnik eingesetzt und beides miteinander verwoben. Die Musiker haben die Videokameras wie ein visuelles Tagebuch benutzt, die Kameras also rund um die Uhr bei sich gehabt und darauf Monologe, lose Assoziationen aufgezeichnet. Ganz so, wie es Rap- oder Hiphop-Musiker tun, den Wortfluß direkt aus dem Kopf in die Viewcam kanalisiert. Hierfür war die Consumertechnik ein tolles Instrument.

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