Branche: 18.09.1999

WDR ordert MPEG-Equipment bei Sony: Formatentscheidung?

Während der IBC99 gaben Sony und der WDR den Abschluss eines Vertrags über die schrittweise Umstellung der WDR-Produktionstechnik auf MPEG-2-Technik bekannt. Demnach erhält der WDR in den kommenden Jahren zunächst rund 50 Digital-Betacam-Recorder, dann 300 Recorder, 60 Camcorder und 90 Office-Viewer auf MPEG-50-Mbps-Basis.

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) prescht mit dieser Ankündigung innerhalb der ARD vor: Bislang hatten sich die einzelnen Sendeanstalten der ARD nicht explizit für oder gegen eines der neuen digitalen Videoformate entschieden, sondern schon seit längerem einen Sowohl-als-auch-Kurs gefahren. Mit dem WDR hat Sony nun in Deutschland einen großen Kunden für seine MPEG-2-Strategie gewonnen. Wichtig: Der WDR setzt nicht auf Betacam SX, sondern auf MPEG-2 in der Variante mit 50 Mbps und I-Frame-Only-Kodierung. Dieses Format hat Sony gemeinsam mit dem italienischen Broadcaster RAI entwickelt und erstmals zur NABŒ99 in Form eines MPEG-Recorders vorgestellt.
Bisher hatte vieles darauf hin gedeutet, daß sich in Deutschland eher DVCPRO durchsetzen werde, das Format des Sony-Konkurrenten Panasonic. So war Panasonic mit diesem Format schon beim ZDF und bei verschiedenen ARD-Installationen erfolgreich. Beim MDR und bei Radio Bremen sowie in etlichen ARD-Landesstudios fiel die Entscheidung in zahlreichen Einzelfällen zugunsten von DVCPRO. Auch das ARD-Hauptstadtstudio ˆ interessanterweise unter Federführung des WDR realisiert ˆ setzt auf DVCPRO. Nun sind die Karten neu gemischt und die Entscheidung des WDR wird sicher zahlreiche Diskussionen und Denkprozesse ˆ nicht nur innerhalb der ARD ˆ in Gang setzen.
Wichtig sind die Details der Vereinbarung zwischen WDR und Sony: Die erste Phase des Deals hat mit MPEG-2 eigentlich nichts zu tun: Der WDR ergänzt seinen Bestand an Digi-Beta-Mazen von 80 auf 130 Stück. Erst später sollen schrittweise MPEG-2-Geräte folgen. Heinz-Joachim Weber, Produktions-Chef des WDR, wies in der IBC-Pressekonferenz von Sony darauf hin, dass sein Sender über ein Archiv mit rund 250.000 analogen und digitalen Betacam-Kassetten verfüge. Es sei einer der wichtigsten Gründe für die Entscheidung des WDR gewesen, daß man diesen Bestand problemlos und unterbrechungsfrei weiter nutzen wolle.
Diese Forderung des WDR schlug sich auch in den am Sony-Stand gezeigten MPEG-Recordern nieder: Im Unterschied zu den bisher gezeigten Modellen, prangten auf der Gerätefront die Logos von Betacam SP, Betacam SX, Digital Betacam und das MPEG-Logo. Der MPEG-Recorder kann also in der neuesten Version Bänder all dieser Formate abspielen.