Kommentar, Top-Story: 07.08.2003

Anspruch und Wirklichkeit, Totale und Detail

Aus dem großen, immer internationaler werdenden Fernsehgeschäft in Deutschland wollen wir ein Detail herausgreifen, das die Qualität der TV-Berichterstattung beleuchtet.

Die »Tagesthemen«, die zum Stolz der ARD gehören, eine Sendung, in der die News-Kompetenz der Öffentlich-Rechtlichen ihre volle Pracht entfalten soll, beglückte ihre Zuschauer am Montag dieser Woche mit einem Beitrag über eine Konferenz von Krebsorganisationen in Helsinki, wo zum verstärkten Kampf gegen das Rauchen aufgerufen wurde.

Eine der zum großen Teil auch handwerklich mangelhaft ausgeführten Einstellungen zeigte etliche Sekunden lang eine Kongressteilnehmerin, die herzhaft und ausgiebig gähnte. Zwei oder drei weitere Einstellungen widmeten sich kleineren Gruppen eingenickter Zuhörer. Bei einer anderen Einstellung war die Kamera so aufgebaut, dass die ohnehin etwas kleiner gewachsene Rednerin hinter ihrem Pult mehr als unglücklich ins Bild gesetzt war.

Alles nur Zufall? Das mag man kaum glauben, denn solche Bilder lassen sich bei jedem Kongress finden, wenn man die Veranstaltung absichtlich in schlechtem Licht darstellen will. Aber was soll uns das Ganze sagen? Tendenziöse Berichterstattung bei einem solchen Thema? Oder einfach doch schiere Unfähigkeit? Schwer zu sagen, was da schlimmer wäre.

So oder so: Dass die Top-Nachrichtensendung der ARD solche Beiträge zeigt, ist schwach. Vielleicht hatte man mit der Erstellung dieses Beitrags ja nur passionierte Raucher beauftragt, die von dem Thema des Kongresses per se schon genervt waren? Oder es waren demotivierte, frustrierte Zyniker am Werk, denen es schon zu viel Arbeit ist, das Stativ auf eine angemessene Höhe aus zu ziehen? Vielleicht kam es in der gesamten Produktionskette auch noch reihenweise zu unerklärlichen, vielleicht hitzebedingten Kompetenzausfällen?

Es kann aber keine wirklich stichhaltige Entschuldigung für die Unprofessionalität geben, in deren Folge eine solche Minderleistung über den Sender geht. Und so drängt sich eine zentrale Frage auf: Dafür wollt ihr mehr Gebühren?

Warum sich an einer solchen Kleinigkeit reiben? Weil man eklatante Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit nicht immer stillschweigend übergehen sollte! Beispiele dafür gibt es leider genug und es ändert sich nichts, wenn keiner was sagt.

Sie werden sehen.