Editorial, Kommentar, Top-Story: 05.10.2012

Alte Helden

Dieser Tage kündigten zwei Sportheroen, die vielen Sportfans in Deutschland über lange Jahre Spannung und Freude bereitet hatten, das Ende ihrer Laufbahnen an: Michael Ballack und Michael Schumacher. Beide haben große Karrieren hinter sich, der Rückzug kommt bei beiden nicht wirklich überraschend — und aus der Außensicht vielleicht sogar einen Tick zu spät.

Warum tat sich Schumacher das an, nach seinem ersten Rückzug 2006 nochmal in den Formel-1-Zirkus einzusteigen und ein Auto zu bewegen, das nicht an der Spitze mitfahren konnte? Wieso tat sich Ballack so schwer, loszulassen und aufzuhören?

Von außen betrachtet, lassen sich solche Fragen jeweils ganz leicht dahin sagen. Wer aber über Jahre in seinem Metier sehr erfolgreich war, der tut sich eben mitunter besonders schwer, von dem zu lassen, was er kann und ihm Spaß macht — auch wenn es nicht mehr für die ganz vorderen Ränge reicht. So kann es auch ein Fluch sein, ganz oben zu stehen — zumal in Bereichen, wo schon kleine körperliche Schwächen oder Motivationsprobleme zum Absturz aus dem Olymp führen können.

Ballack und Schumacher mögen in ihren jeweiligen Metiers als Senioren gelten, aber wenn sie wollen, können sie ja noch viele andere Ziele anstreben und erreichen — anders als viele andere, die viel zu spät aufhören (müssen).

Das Phänomen, immer weiter machen zu wollen, es ist in vielen Bereichen zu beobachten: Manchmal sehr traurig anzusehen, manchmal aber auch sehr ermutigend — nämlich immer dann, wenn der Wechsel in eine andere Rolle gelingt. Und natürlich stellt sich andererseits auch die Frage, ob etwa Jopi Heesters 108 geworden wäre, wenn er sich mit 70 in einen Lehnstuhl gesetzt und nur noch ferngesehen hätte.

Und gilt nicht für Unternehmen oft dasselbe, was auch für Menschen gilt? Fällt denen nicht auch der Wandel oft sehr schwer — und besonders dann, wenn sie bis vor kurzem noch einsame Spitze in ihrem Bereich waren? Der Wandel tut oft weh und ist anstrengend, aber er muss eben sein — wenn man nicht für die anderen anstrengend werden will.

Sie werden sehen.