Postproduction, Test, Top-Story: 27.08.2002

X-Faktor

Eine neue Stufe von Echtzeitfunktionalität in seiner Preisklasse erreicht das Matrox-Board RT.X100 im Zusammenspiel mit der Editing-Software Premiere. Voraussetzung dafür ist ein schneller PC, mit dem sich das Board die Rechenlast teilt.

Die jüngste PC-Steckkarte von Matrox trägt die Bezeichnung RT.X100 und wird vom Hersteller zwischen der Digisuite-Board-Familie und der Mid-Range-Lösung RT2500 positioniert. Hinter dem mysteriösen X-Faktor, den das neue Board im Namen trägt, verbirgt sich ganz bodenständige Technik, allerdings neu aufbereitet.

Setzen die bisher verfügbaren Echtzeit-Karten für den Semiprofi-Markt entweder ganz auf die Rechenkraft der eigenen Spezial-Chips oder verlangen alternativ dazu beim Hauptprozessor nach enormer Leistung im Gigahertz-Bereich, so kombiniert die RT.X100 diese beiden Ansätze.

Die Matrox-Hardware kümmert sich mit spezialisierten Chips um 2D- und 3D-Geometrieeffekte, insgesamt stehen 14 verschiedene Gruppen zur Auswahl. Auch der Live-DV-Ausgang, das Echtzeit-MPEG-2-Encoding und die Verarbeitung analoger Signale gehören zum Aufgabenbereich der Board-Elektronik. Dem Hauptprozessor des Computers fallen dagegen alle Effekte zu, bei denen es um individuelle Pixelmanipulationen geht. Dazu zählen etwa die Farbkorrektur mit 18 einstellbaren Parametern und die Stanzeffekte mit Luminanz– oder Chrominanz-Key. Auch das Dekodieren von DV-Datenströmen sowie die Zeitlupen- und Zeitrafferberechnung delegiert das Board im Schnittbetrieb an die CPU.

SYSTEMANFORDERUNGEN
Die Anforderungen an den Rechner sind entsprechend hoch. Die RT.X100-Karte verlangt mindestens einen Pentium-III-PC mit 1 Gigahertz Taktfrequenz oder einen Rechner mit AMD Athlon XP 1500+ im Herzen. Für anspruchsvolle, eher professionell orientierte Einsätze ist noch mehr Rechenpower ratsam, etwa in Form einer Dual-Processor-Maschine.

Zudem setzt die RT.X100 das Betriebssystem Windows 2000 oder XP und 512 MB Hauptspeicher voraus. Im Internet gibt Matrox weitere Ratschläge zur optimalen Systemkonfiguration und bietet eine Liste positiv getesteter Hardware. Darauf finden sich geprüfte PC-Motherboards, Grafikkarten, DV-Geräte und vieles mehr. Außerdem umfasst das Internet-Angebot von Matrox auch ein umfangreiches Forum für Fragen aller Art.

LIEFERUMFANG
Das RT.X100-Bundle besteht aus einer Steckkarte für den PCI-Bus mit halber Maximallänge. Das mitgelieferte, rund zwei Meter lange Video- und Audio-Anschlusskabel endet in einer kleinen Anschlussbox: FBAS– und Y/C-Buchsen für die Bildübertragung, Stereo-Cinch für den Ton, also die analogen Ports finden sich hier.

Die FireWire-Buchse für den Anschluss von DV-Peripherie befindet sich direkt an der PCI-Karte. Als Zuspieler und Recorder eignen sich verschiedene DV- und DVCAM-Geräte.

Adobe Premiere liegt als Schnittprogramm bei, für die DVD-Erstellung dient Sonic Solutions DVDIt LE.

TESTSYSTEM, INSTALLATION
Die für den Test bei www.film-tv-video.de bereits verfügbare, jüngste Premiere-Version 6.5 erwies sich als deutlich instabiler gegenüber der Version 6. Das Handbuch und die Matrox-Software waren zum Testzeitpunkt noch in englischer Sprache gehalten, eine lokalisierte deutsche Version soll aber noch folgen.

Für den Test stand ein Komplettsystem mit Athlon XP 2000+ Prozessor zu Verfügung. Das System lief von Beginn an einwandfrei, die zudem ausprobierte manuelle Installation zeigte ebenfalls keine Probleme. Wichtig ist aber die Installationsreihenfolge: Unbedingt Adobe Premiere vor den Matrox-Programmen installieren, sonst landen die Plug-Ins nicht in den richtigen Verzeichnissen. Mitgeliefert werden Plug-Ins für Adobe After Effects, Discreet 3D Max und NewTek Lightwave 3D. Sie ermöglichen die analoge Ausgabe der Arbeitsfläche über die Hardware der RT.X100 und bieten so die Möglichkeit zur Kontrolle des aktuellen Materials auf einem Videomonitor.

MEHR ECHTZEIT DANK PLATZIERUNGSLOGIK
Die RT.X100 erweitert Premiere um 9 Übergangs- und 18 Langzeiteffekte. Sie befinden sich ordentlich gruppiert in der Effektbibliothek. Außerdem beschleunigt die Matrox-Hardware alle premiere-eigenen Übergänge auf Echtzeitniveau. Jeweils zwei Video- und zwei Grafikspuren bewältigte die Karte im Test ohne Rendering. Dabei unterstützt sie – im Gegensatz zur älteren RT 2500 – endlich alle Grafikformate in Echtzeit. Wie viele Operatoren gleichzeitig anwendbar sind, ohne die Realtime-Fähigkeit zu verlieren, liegt auch am Können des Cutters. Die kombinierte Berechnung von dedizierter Hardware und PC-Prozessor verlangt nach einer ausgeklügelten Platzierungslogik: Zuerst die bildverändernden Effekte einsetzten, dann mehrdimensionale Langzeitoperatoren oder Transitions. Das Handbuch widmet dieser Problematik mehrere Seiten. Werden die Tips und Hinweise des Handbuchs befolgt, sind gleichzeitig vier Spuren inklusive zwei transparenter Grafik-Layer, zweier Farbkorrekturen des Videobilds und einem 3D-Übergang, kein Problem und in Echtzeit möglich.

Irgendwann ist natürlich bei jedem System Schluss und die Echtzeitfähigkeit endet. Wenn dieser Fall beim Betrieb mit der RT.X100 eintritt, kommt der sehr schnelle Software-DV-Codec Matrox »TurboDV« bei der Berechnung zum Einsatz.

FAZIT
Matrox definiert mit der RT.X100 ein neues Stück Echtzeit im Preissegment dieses Bundles. Die parallele Verwendung von eigener Spezial-Hardware in Kombination mit der Leistung des Hauptprozessors ermöglicht eine Menge hochwertiger Effekte, ohne Render-Zeit zu verlangen – das spart Wartezeit und Nerven, hält die kreative Arbeit im Fluss. Die Echtzeit-Unterstützung für MPEG-2 ist einfach klasse, wenn es um das Erstellen einer DVD geht. Allerdings setzt die RT.X100 hochwertige PC-Hardware voraus und verlangt vom Cutter Kenntnisse über die Anwendungsreihenfolge der Effekte. Optimierungsmöglichkeiten gibt es noch bei der Effektvorschau und den Matrox Media Tools. Mit wenigen Verbesserungen könnten sie zum universellen Capture-Modul aufsteigen.

Downloads zum Artikel:

T_0802_Matrox_RTX100.pdf