Automation, Broadcast, IP, Mischer, Workflow: 03.07.2019

Stage Tec launcht IP-Konsole Avatus

Der Berliner Audio-Spezialist Stage Tec hat Ende Juni seine neue Mischpult-Generation offiziell eingeführt. Das Konzept der Avatus-Konsole ist modular und basiert komplett auf IP.

Projektmanager Christian Fuchs gab beim Launch-Event eine kurze Einführung zum Avatus-Konzept.

Das kleinste Stage Tec Avatus-Modul hat 12 Fader, jedem ist ein Satz Drehregler zugeordnet. Sofort fällt die funktionsbezogene Farbkodierung der Drehregler und Fader ins Auge. Jeder Fader kann auf maximal acht Ebenen belegt werden. Oberhalb der Fader und der Drehregler zeigen zwei programmierbare 21 Zoll-Touchscreens die für die jeweilige Produktion bevorzugten Elemente und Funktionen an; die Metering Screens sind abnehmbar. Bis zu acht Module können zu größeren Einheiten mit mehr als 800 Eingangskanälen und 128 Summierbussen kombiniert werden. Produziert werden kann in allen Formaten bis 5.1 und 7.1.

Weil jedem Display und jeder Fader-Encoder-Einheit eine eigene IP-Adresse zugeordnet ist, wird letztlich auch der umgekehrte Weg möglich: Ein Modul könnte entnommen und extern aufgestellt werden. Schließlich gibt es noch einen weiteren Weg: Korrekturen an den Einstellungen und der Programmierung können über das Webinterface auch am Notebook oder Tablet und an einer beliebigen Abhörposition im Veranstaltungsraum vorgenommen werden.

Gut organisiert: Die benötigten Funktionen sind intuitiv zuschaltbar und programmierbar.

Der hohe Qualitätsanspruch an die Tonqualität wird durch den in sieben Stufen skalierbaren DSP-Core gewährleistet, der auf den RMDQ DSP-Karten von Stage Tec basiert. Diese Umgebung kann beim Ersetzen älterer Konsolen übernommen werden. Kern der Funktionalitäten bleibt das Routingkonzept des Nexus-Netzwerks, das für jeglichen Bedarf die passenden Eingangs-, Ausgangs- oder Steuerungsbaugruppen entsprechend der wichtigsten Standards vorhält. Erleichtert wird die Einbindung und Zuordnung der unterschiedlichen Elemente auf der Konsole durch das IP-basierte Konzept für Kommunikation und Datenaustausch aller Bauteile.

Automation als Kernfunktion

Nexus, das Audionetzwerk von Stage Tec
Nexus, das Audionetzwerk von Stage Tec.

Digitale und hochintegrierte Konzepte sind Alltag in der Tontechnik. Wo ist da noch Potenzial für Innovationen? Für Stage Tecs Produktmanager Christian Fuchs stellte sich die Frage konkreter: »Wie kann ich andere Geräte von einem Mischpult aus steuern. Und umgekehrt: Wie kann mein Mischpult ferngesteuert werden?« Die Erkenntnisse bei der Definition der Leistungen beschreibt er für dieses Teilthema so: »Im Bereich Rundfunk/Fernsehen betrifft das z.B. externe Ablaufsteuersysteme. Im Theaterbereich betrifft das Produktionen, wo Licht, Video und Ton miteinander vernetzt werden. Bei der Szenenautomation des Avatus haben wir uns an Handling und Workflow von zwei, drei Plattformen orientiert, die im Theater etabliert sind. Das bietet die Möglichkeit, sehr schnell nicht nur eine Szene aufzubauen, die ein Pult betrifft. Ich kann auch sagen: Zu einem bestimmten Zeitpunkt muss ich einen Timecode an die Lichtkollegen schicken, zum anderen Zeitpunkt einen Midi-Befehl herausgeben.«

Beim Launch Event konnten Kunden von Stage Tec Hand an das neue Avatus-Pult anlegen, das ihnen in mehreren Konfigurationen zur Verfügung stand.

Diese hochkomplexe Integration von Funktionsmöglichkeiten »erfordert, dass ich mit der Programmierung einer Show viel Zeit verbringen muss. Die ich wiederum speziell im Theater überhaupt nicht habe.« Daher setzt Stage Tec auf die intuitiv erfassbare Belegung der Touchscreens. Über verschiedene Steuerebenen werden die Fader unabhängig voneinander für ihre jeweilige Aufgabe eingerichtet. Das betrifft Standard- und spezielle Funktionen ebenso wie die Individualisierung der Oberfläche für unterschiedliche Projekte. »Wir müssen keine Funktionen permanent darstellen, die ein Anwender nicht haben will. In der Musikproduktion muss man die Bedienelemente für eine dynamische Automation anzeigen. Das will kein Fernsehmann, kein Theatermann. Andererseits: solange ich die dynamische Automation nicht benutze, sehe ich auch keine Bedienelemente und Anzeigen dazu. Mit der bildschirmorientierten Bedienung und Anzeige sieht das immer sehr schön aufgeräumt aus.«

Kundenanforderungen im Wandel

TPC setzt zwei Avatus-Pulte im neuen Ü-Wagen UHD1 ein, der komplett IP-basiert konzipiert wurde.

Avatus-Konsolen sind im UHD1-Truck und im Prowa2 von TPC bereits in einer vollständig auf dem IP-Standard ST 2110 basierenden Umgebung im Produktionseinsatz. Christian Fuchs sieht aber auch im Theater großes Potenzial für Avatus. Als weitere Kunden für die ersten Produkte nennt er die Volksbühne und das Konzerthaus in Berlin sowie das Staatstheater Mainz.

»Den ersten Schritt der Szenenautomation haben wir jetzt umgesetzt und liefern das nächste Woche aus. Wir werden bis August viele zusätzliche Funktionalitäten einarbeiten. Das ist der Löwenanteil der Software-Arbeit in den nächsten Wochen.« Christian Fuchs verweist auf den allgemeinen Trend zu IP-Produktionsumgebungen für den Rundfunk und zu Remote-Produktionsweisen. »Alle Hersteller, die die Medienbranche bedienen, bekommen ständig neue Anforderungen – neue Protokolle, neue Standards. Auch immersive Audio ist zum Thema geworden. In der Aurus-Konsole haben wir bereits den 5.1.4 Pan-Mode für Dolby Atmos umgesetzt. Wir arbeiten am 22.2 Pan-Mode.« Als Herausforderung erweise sich die Darstellung der Messanzeigen. »Es ist eine grafische Fleißarbeit, die 24 Meter, die wir brauchen, nicht zu groß und nicht zu klein darzustellen«, sagt Christian Fuchs. »Langweilig wird es nicht, weil sich die Art ändert, wie produziert wird und was produziert wird.«

Die Cantus-Konsole war das erste Mischpult von Stage Tec. Es wurde kurz nach der Gründung 1993 vorgestellt und setzt bereits Nexus-Produkte für flexibles Routinng ein.

Zum Produktlaunch hatte Stage Tec Kunden und Journalisten ins Studio 4 des ehemaligen Funkhauses an der Nalepastraße in Berlin-Oberschöneweide eingeladen. Nach einigen gescheiterten und skandalumwitterten Privatisierungsversuchen kontrastierten dort das 50er Jahre-Ambiente des denkmalgeschützten Gebäudes und die in der Nachwendezeit vernachlässigte Gebäudesubstanz mit Audio-Digitaltechnik vom neuesten Stand. Erster Blickfang beim Betreten des Studio 4 war übrigens eine Cantus-Konsole. Von diesem ersten Produkt, mit dem die Berliner ab 1994 bekannt wurden, sind etliche Exemplare noch im Einsatz, berichten Mitarbeiter mit Stolz.