Kamera, Postproduction, Test, Top-Story, VFX, Virtual Set: 20.03.2020

Kann man mit Prosumer-Kameras Greenscreen-Produktionen umsetzen?

film-tv-video.de hat praktisch ausprobiert, ob man mit Kameras für 2.000 bis 5.000 Euro eine Greenscreen-Produktion umsetzen kann. Das Ergebnis barg durchaus Überraschungen.






Die Kameras in der Einzelkritik
Greenscreen, Studio, Blackmagic, Kamera, PCC6K
Für die Tester ist die Blackmagic PCC6K eindeutig der Champion.
Blackmagic PCC6K

Für die Tester ist die Blackmagic PCC6K eindeutig der Champion. Sie hält in der Praxis das, was ihr Datenblatt schon versprach. Die Performance ist für den aktuellen Preis von rund 2.500 Euro schlichtweg unglaublich.

Raw mit »variable Bitrate« auf »Quality-Preference« liefert eine sehr eindrucksvolle Bildqualität. Auch wenn man in ProRes 4:2:2 aufzeichnete, gelang mit unserem Material das 1-Klick-Keying — und man spart dann auch noch Zeit und Geld.

Perfekt ist aber auch diese Kamera nicht. Ein wirklich großes Manko — und in Anbetracht unserer Zwecke auch das einzig Nennenswerte, ist der große Crop-Faktor, welcher uns für identische oder gewünschte Bildausschnitte zu einer erhöhten Entfernung zum gefilmten Objekt zwang.

Warum ist das ein Problem? Die Lichtintensität nimmt mit der Entfernung im Quadrat ab: Man verliert also schon bei 1 bis 2 m Entfernung wertvolle Blendenstufen, die man im Grunde nur mit höheren ISO-Werten ausgleichen kann — denn weder über die Blende, Framerate oder sonstiges will/darf man den Lichtverlust kompensieren, wenn man gleichbleibende, gute Ergebnisse haben will. Also bleibt nur der ISO-Wert. Das wiederum erhöht das Bildrauschen, und das Bild wird technisch — wenn auch nicht immer gleich augenscheinlich — qualitativ schlechter für den Key.  

Nun könnte man sagen: Nimm halt eine kürzere Brennweite. Mag logisch klingen, kann aber schwer fallen, wenn man etwa Plates matchen muss — hier sollte man für technisch einwandfreie Ergebnisse mit der gleichen Optik arbeiten. Oder wenn einem die Charakteristik einer bestimmten Optik besonders wichtig ist.

Ein weiteres kleineres Manko der PCC6K ist das Handling. So ist etwa die Leistungsaufnahme im Vergleich zur Akkugröße ungünstig: Die Akkus sind ruckzuck leer. Im Studiobetrieb ist das zwar weniger störend, aber lästig kann es trotzdem sein.

Weniger gefallen hat uns auch das sehr plastikmäßige Gehäuse und dass viele Anschlüsse weniger robust wirken.

Panasonic, Kamera, S1H
Die S1H lag fast gleichauf mit der GH5.
Panasonic S1H

Die S1H lag fast gleichauf mit der GH5. Beim Keyen war hier mehr Rauschen zu sehen als bei der Blackmagic-Kamera. Ein großer Vorteil dieser Kamera ist aber ihre Haptik — ausgestattet mit allen möglichen Helferlein, einem Sucher und den Scopes, ist sie einfach direkt aus dem Karton drehfertig.

Panasonic, Kamera, GH5
Die GH5 folgt gleich danach, allerdings muss man hier im Vergleich zur S1H die Lichtstärke beachten.
Panasonic GH5

Die GH5 folgt gleich danach, allerdings muss man hier im Vergleich zur S1H die Lichtstärke beachten. Im gut ausgeleuchteten Studio ist das natürlich zu vernachlässigen. Auch die GH5 hat einen Crop von 2x, der sich durch den Speedbooster um 0,71 verkleinert hat.

Beim Keying-Prozess waren zwischen den zwei Panasonic Kameras kaum Unterschiede zu merken.

Sony A7SII

Wie eingangs erläutert, war schon von Anfang an klar, dass dies ein unfairer Vergleich war: Die Sony A7SII war nie ernsthaft mit anderen 10-Bit-Wettbewerbern vergleichbar. Aber sie war in unserem Test ein gutes Beispiel, um zu zeigen, dass 10 Bit/ 4:2:2 gerade bei Greenscreen sehr hilfreich und arbeitserleichternd sein kann.

Greenscreen, Studio
Im Großen und Ganzen zeigten die Kameras das, was man auch von der Papierform erwartet hatte, aber die Differenzen fielen teilweise anders aus, als man vermutet hätte.
Fazit

Der Test hat letztlich untermauert, was die Datenblätter der Kameras versprachen. Das folgende kann man also zusammenfassen, wenn man mit einer Prosumer-Kamera Greenscreen-Aufnahmen umsetzen will:

Eine Kamera, die zwischen derzeit ungefähr zwischen 2.500 und 5.000 Euro kostet, kann man durchaus für Greenscreen-Aufnahmen nutzen, auch wenn man sie ohne externen Recorder nutzt, der in vielen Fällen mehr Bildqualität schaffen würde.

Die Kamera sollte im Idealfall ProRes 4:2:2 (oder 4:4:4) sowie 4K-Raw bis 50 oder 60 fps schaffen. Weist sie hier geringes Rauschen auf, bietet zusätzlich vielleicht Dual-Native-ISO sowie HDR, ist das noch besser. Ein geringer Crop-Faktor sowie geringes Chroma-Subsampling und eine vernünftige Raw-Komprimierung runden das Paket ab.

Klar ist: In der genannten Preiskategorie kann man keine perfekten Werte bei allen Variablen bekommen. Aber mit diesen Kriterien zu checken, kann zu einer guten Kaufentscheidung beitragen.

Unser Chromascreen-Champion ist klar: die Blackmagic PCC6K.  Wahrscheinlich nicht nur von diesen, aber definitiv von den getesteten Kameras, würden wir in der genannten Preis-Range eindeutig zur PCC6K greifen, wenn es um Chromascreen-Aufnahmen geht.

Danksagung

film-tv-video.de un die Autoren wollen sich an dieser Stelle noch einmal herzlich bei den Studio-Hamburg Ateliers, MCI und BPM Broadcast & Professional Media in Hamburg für die logistische und technische Unterstützung bedanken.

 

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Juan García, Porträt
Juan García, VFX-Supervisor, VFX-Producer, Autor.
Zu den Autoren

Juan García ist unabhängiger VFX-Supervisor sowie VFX-Producer. Seit 2007 realisiert er Produktionen mit großen Anteilen an VFX.

Als VFX-Supervisor und Producer betreute er von Werbefilmen über TV-Produktionen bis hin zu namhaften Spielfilmen und Forschungsprojekten bereits zahlreiche, unterschiedlichste Arten von Produktionen. Unter dem Motto »Your one step for all VFX needs« gründete er im Jahr 2014 die Pixelgate Media GmbH mit dem Ziel, Kunden, Produktionsfirmen, Produzenten und Postproduktions- sowie VFX-Studios als unabhängiger Dienstleister zur Seite zu stehen.

García ist gelernter Fotomedienfachmann mit Fokus auf Digital Imaging, studierte Produktion für Film und Fernsehen in Kanada, arbeitete anschließend als Aufnahmeleiter bei der ARD (NDR/HR/WDR) und arbeitete bei Reallifefilm International GmbH zusammen mit dem VR- und S3D-Pionier Sönke Kirchhof (INVR GmbH/Berlin) im Rahmen eines Stipendiums im Haus der jungen Produzenten von Studio Hamburg.

Sas Kaykha, Porträt
Sas Kaykha, Regisseur, Drehbuchautor, DoP und Autor.

Sas Kaykha ist unabhängiger Regisseur, Drehbuchautor und DoP. Seit 2016 konzentriert er sich im Kamerabereich auf  Werbung, Musikvideos und Motorsport. Weitere Infos und Beispiele seiner Arbeit finden Sie hier.

Vorher hat er unter anderem auch als Regisseur der TV-Show »Steven liebt Kino« (Pro7, Tele5, Kabel1) gearbeitet, und als DoP im TV-Bereich bei Cartoon Network, ZDF und weiteren. Er war aber auch schon in anderen Gewerken der Medienbranche aktiv: als Steadicam Operator, Stunt Coordinator, Stuntman und Schauspieler.

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Seite 2: Preisfrage, Parameter/Einflussgrößen
Seite 3: Balance der Parameter
Seite 4: Kameras und Objektive, Test im Greenscreen-Studio
Seite 5: Zwischenwertung, erste Keying-Ergebnisse
Seite 6: Einzelkritik, Fazit, Danksagung