Broadcast, Top-Story: 29.10.2007

Digi TV: Mobile Produktion mit vernetzten Avid-Systemen

Der Fernsehdienstleister Digi TV aus Holzgerlingen hat ein völlig neues Bearbeitungskonzept für den mobilen TV-Bereich in seinem Produktionsfahrzeug HD8-Edit realisiert: Der Truck ist vom Equipment und der Raumplanung speziell für Schnitt und Slow-Motion in HD und SD optimiert. Im Zentrum stehen dabei vernetzte Media Composer Adrenaline von Avid, die bei Bedarf um EVS-Server ergänzt werden können.

Digi TV ergänzt mit dem HD8-Edit seine Ü-Wagen-Flotte um ein Fahrzeug, das ganz aus dem Rahmen der üblichen Schnittmobile fällt. Schon durch das Raumkonzept und vor allem durch die technische Ausstattung eröffnet dieses Fahrzeug neue Möglichkeiten in der Live-Berichterstattung. Das server-basierte Arbeiten erlaubt es etwa, das gesamte Material einer mehrtägigen Sportveranstaltung oder einer ganzen Veranstaltungsreihe vorzuhalten und jederzeit darauf zurückzugreifen. Auf Basis dieser »Saison-Festplatte« kann jederzeit ein Rückblick, ein Trailer, ein Beitrag oder ein Highlight-Schnitt hergestellt werden — unter gleichzeitiger Verwendung von früher aufgezeichnetem und topaktuellem Material. Außerdem erlaubt es HD8-Edit, solche Passagen in Live-Übertragungen einzubinden.

»Wir haben das umgesetzt und auf die Straße gebracht, was wir unter einem zeitgemäßen Editing-Fahrzeug verstehen. Mit dem HD8-Edit können wir aufzeichnen und während die Live-Übertragung und die Aufzeichnung weiterlaufen, mit vollem Avid-Komfort schneiden und bearbeiten. Dadurch sind wir sehr viel schneller, wenn es darum geht, topaktuelle Zusammenfassungen und Rückblicke während einer Live-Übertragung herzustellen und On-Air zu bringen — etwa bei Wahlen oder Sportveranstaltungen. Außerdem steht uns die volle Funktionalität vernetzter, nonlinarer Schnittplätze zur Verfügung«, fasst Manfred Edel die Grundidee des neuen Fahrzeugs von Digi TV zusammen.

Edel ist ein erfahrener Cutter und Operator, der auf langjährige Praxis im Live-TV-Bereich zurückblicken kann. Über etliche Jahre trieb Edel im Wechselspiel mit Wolfgang Braun, dem Geschäftsführer von Digi TV, die Entwicklung eines solchen Fahrzeugs voran. Edel und Braun arbeiten schon lange zusammen, Digi TV beschäftigte den Cutter und Operator Edel bei zahllosen Einsätzen im Sport- und Event-Bereich. Als Initiator und geistiger Vater des Fahrzeugs gab Edel viele Ideen und Anregungen, die dann unter Federführung der Digi-TV-Mitarbeiter Michael Lindermeir und Martin Schwöri im Zusammenspiel mit den Planungs- und Studiobau-Experten von Wireworx und dem Karosseriebauer Achleitner umgesetzt wurden.

»Praktische Erfahrungen, die wir mit unserem Ü7 gesammelt hatten, der ebenfalls schon über Avid-Schnittplätze verfügte, konnten wir bei der Konzeption des HD8-Edit nutzen«, resümiert Wolfgang Braun. Der Ü7 (Einsatzbericht hier) war so etwas wie das Pilotprojekt für den HD8-Edit.

Der HD8-Edit unterscheidet sich vom Raumkonzept deutlich von anderen Fahrzeugen, die in der mobilen TV-Produktion eingesetzt werden: Durch zahlreiche, große Fenster zwischen den einzelnen Bereichen und durch Fenster nach draußen wirkt der Wagen sehr viel offener und größer, als man das etwa von Ü-Wagen her kennt. So entsteht nicht nur eine angenehmere, sondern auch eine kommunikativere Atmosphäre, die sich aus Sicht von Manfred Edel auch sehr positiv auf die gesamte Arbeit im HD8-Edit auswirkt. Das Ganze wird dadurch unterstützt, dass die Cutter nicht nur ihr eigenes Material sehen, sondern auf Monitoren, die über Multiviewer beschickt werden, auch alles ankommende Material und die Ergebnisse der anderen im Blick haben. »Dadurch kriegt man viel mehr mit, kann schneller reagieren und kreativer arbeiten«, beschreibt Manfred Edel die Arbeit im HD8-Edit. »Alle Cutter können, schon während Kassetten oder Live-Signale auf den Server gespielt werden, dieses Material sehen und darauf zugreifen. Im Hintergrund läuft das Einspielen weiter, währen die drei Cutter schon mit dem Material arbeiten. Das geht in dieser Form nur mit dem vernetzten Avid-System, wie wir es im HD8-Edit einsetzen. Zudem können an den Schnittplätzen oder auch an einem Assistenten- oder Redaktionsarbeitsplatz Locator gesetzt werden, um bestimmte Ereignisse zu markieren. Diese Locator sind dann auch an den anderen Arbeitsplätzen sichtbar und können für die Bearbeitung genutzt werden, was die Abläufe enorm beschleunigt. Auch das ist eine Besonderheit der Avid-Lösung.«

Das Fahrzeug kann je nach Einsatz mit verschiedenem Equipment bestückt werden, Flexibilität hatte hierbei hohe Priorität. In der Normalausstattung sind die drei großen Räume des HD8-Edit mit je einem Media Composer Adrenaline von Avid ausgestattet. Diese Schnittsysteme sind in einer LANShare-Architektur verknüpft, das Material wird zentral auf einem Server mit acht Terabyte Speicherkapazität abgelegt, bereitgestellt und verwaltet. Mit Avids Interplay steht im HD8-Edit auch ein leistungsfähiges Tool für das Daten-Management zur Verfügung. Zur Ein- und Ausgabe der Signale sind Airspeed-Server und Newscutter von Avid im Einsatz.

HD8-Edit ist als Sattelauflieger mit rund 13 m Länge (inklusive Zugmaschine) und 2,55 m Breite konzipiert. Für den Betrieb wird seitlich eine Schublade auf 3,7 m Breite ausgezogen. In diesem Auszug sind zwei Nachvertonungskabinen eingerichtet, die aber auch als Sicht-, Vorschnitt- oder Redaktionsarbeitsplätze genutzt werden können. Soll hier geschnitten werden, geschieht das mit Laptops und Avid-Software. Die mobilen Schnitteinheiten lassen sich ebenfalls an das zentrale Speichersystem anbinden. Neben den drei Media Composern können bis zu sieben weitere Schnittsysteme in das Netzwerk integriert werden. Um diese insgesamt doch recht komplexe Avid-Installation verwalten, überwachen und steuern zu können, steht auch ein Admin-Arbeitsplatz zur Verfügung.

Mit Ausnahme der Laptops sind alle Computer, Speichersysteme und MAZen sowie weiteres, größeres Equipment in einem separaten Technikraum untergebracht. »Dadurch sind die Schnitträume ruhig, der niedrige Geräuschpegel unterstützt das konzentrierte Arbeiten und wirkt sich natürlich positiv auf die Tonbearbeitung aus«, erläutert Wolfgang Braun. Der Geräteraum nimmt je nach Einsatz und Kundenwunsch anstelle von bis zu fünf MAZen auch alternativ einen 6-Kanal-Server von EVS auf, mit dem sich zeitversetztes Senden und Slomos realisieren lassen. Bei Bedarf kann zudem auch jeder Schnittraum mit je zwei MAZen bestückt werden, um dort dezentral Beiträge ausspielen, EB-Material sichten und/oder auf den Server laden zu können. An allen Plätzen gibt es eine Anschluss- und Abhörmöglichkeit für iPods oder andere MP3-Player, sodass Redakteure die von ihnen gewünschten Musikstücke oder andere Töne auch auf diesen Medien mitbringen und direkt nutzen können.

Drei bis vier Eingangskanäle kann der HD8-Edit in der Grundkonfiguration gleichzeitig verarbeiten, etwa einen World-Feed, ein Sendersignal, einen Downlink und einen Clean-Feed — parallel zum Einspielen von Bändern. Damit ist das Fahrzeug gut gerüstet, um auch komplexe, aufwändige Einsätze nicht nur abwickeln, sondern mit neuer Funktionalität besser und schneller umsetzen zu können. Nimmt man das EVS-System hinzu, stehen sechs weitere Kanäle zur Verfügung.

Zwischen dem EVS-Server und den Avids besteht die Möglichkeit, Material auszutauschen, so können diese Systeme im HD8-Edit nicht einfach nur parallel betrieben, sondern miteinander verknüpft werden. »Wir würden uns natürlich eine noch engere Integration der Systeme wünschen, aber die Hersteller verfolgen hier eine andere Strategie«, erklärt Manfred Edel.

Es ist beim HD8-Edit jede Kombination aus Avid- und EVS-Arbeitsplätzen möglich, so kann das Fahrzeug auch komplett mit EVS-Arbeitsplätzen bestückt werden, temporär lassen sich bis zu drei EVS-Server einbauen. Manfred Edel: »Wenn diese Anforderung kommt, sind wir dafür gerüstet: Das Fahrzeug kann auch mit 18 Kanälen in EVS-Funktionalität bestückt werden.« Realistischer ist aber der Mischbetrieb mit zwei Avid-Systemen und einem 6-Kanal-System von EVS. So wird der HD8-Edit nämlich aller Voraussicht nach für verschiedende Sender in Kürze in den Wintersporteinsatz gehen.

Eine technische Besonderheit des Fahrzeugs besteht darin, dass die komplette Audio-Installation in Form von Embedded Audio realisiert wurde und auch die Tonsignale somit über SDI-Verkabelung verteilt werden. »Das bringt noch einmal sehr viel Flexibilität, wir können Setups schnell ändern und auch ungewöhnliche Aufgabenstellungen rasch lösen«, sagt Manfred Edel. Technikplaner Rainer Kampe von Wireworx ergänzt: »Die eingesetzten Audiomischer — Mix4 von Jünger — verarbeiten die Embedded-Audio-Signale direkt, ob in SDI oder HD-SDI. Dadurch wird es möglich, ein völlig neues, sehr flexibles Audiokonzept zu realisieren.« Warum das wichtig ist, erklärt Wolfgang Braun: »Bei Außenübertragungen muss man oft improvisieren, da hilft die Flexibilität, unnötigen Produktionsstress zu vermeiden. Viele Möglichkeiten zu haben, ist eine Notwendigkeit, die man von vorn herein einplanen muss.«

Eine zentrale Rolle nimmt im Technikraum eine 64×64-HD-Kreuzschiene von Network ein. Sie dient unter anderem dazu, die zahlreichen Flach-Displays im HD8-Edit mit Bildern zu füttern. Alle eingesetzten Displays arbeiten mit voller HD-Auflösung von 1.920 x 1.080 Bildpunkten. Um viele Quellen auf einem Schirm darstellen zu können, setzte Wireworx auf Multiviewer-Systeme von Zandar. Ebenfalls im Technikraum eingebaut: zahlreiche Boards aus dem Modular-Angebot von Lynx Technik. Zur Kommunikation dient eine Riedel-Kommandoanlage. Rainer Kampe von Wireworx: »Technisch ist der HD8-Edit ganz weit vorne. Wir haben gemeinsam mit Digi TV bei diesem Fahrzeug viele Lösungen gefunden und so umgesetzt, dass neue Arbeitsweisen und maximale Flexibilität bei hoher Betriebssicherheit gewährleistet sind. Dazu mussten wir teilweise Neuland betreten, aber der Erfolg des neuen Konzepts gibt Manfred Edel und Wolfgang Braun Recht darin, diese Herausforderung anzunehmen.«

Anfängliche Probleme mit dem Asset- und Daten-Management des komplexen Systems etwa konnte Digi TV im Zusammenspiel mit dem Avid-Partner Media Online lösen.

Eingesetzt wurde der HD8-Edit unter anderem schon beim Sommer-Skispringen in Oberhof, im Radsport bei der Deutschland-Rundfahrt sowie bei der Leichtathletik-Veranstaltung World Athletic Finals und dem Basketball-Länderspiel Deutschland gegen China.

Wolfgang Braun von Digi TV ist mit dem HD8-Edit zufrieden: »Es war sicher auch ein Wagnis, so ein Fahrzeug zu bauen, aber unsere Kunden haben sofort erkannt, welche Vorteile es bietet und was damit möglich ist. Die Vor-Ort-Produktion macht damit einen ganzen Sprung vorwärts und wir sind heute schon mit diesen neuen Möglichkeiten auf dem Markt. So etwas geht nur mit verlässlichen und erfahrenen Partnern, wie Digi TV sie in Manfred Edel und in Wireworx hat.«

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