40. Dokfest München – die Auszeichnungen
Das 40. Internationale Dokumentarfilmfestival München ging am Samstag mit der Preisverleihung zu Ende. Zahlreiche Filme sind noch bis zum 25. Mai »@home« auf Abruf zu sehen.
Im Jubiläumsjahr präsentierte das Festival 105 Filme aus 58 Ländern an 27 Spielstätten. 19 Beiträge waren Welt- und 49 Deutschlandpremieren.
Um der Rolle der Frauen in der Filmbranche Nachdruck zu verleihen, wurden die Festivalpreise von »Viktor« in »Viktoria« umgenannt.
Folgende Auszeichnungen, die insgesamt mit 64.000 € dotiert sind, wurden vergeben:
Viktoria DOK.international Main Competition

Eliza Petkova wurde für »Silent Observers« ausgezeichnet. Sie beobachtete die Menschen eines bulgarischen Bergdorfes aus der Perspektive von sechs Tieren. Die experimentelle Arbeit »erscheint akribisch geplant, einschließlich des kühnen experimentellen und beunruhigenden Soundtracks«, so die Jury. »Wir tauchen ein in epische Bergbilder, in die Einzelheiten von Nachbarschaftsstreitigkeiten und in die Details von Fell, vier Beinen und tiefen, unergründlichen Augen. Der Respekt der Filmemacherin vor den lokalen Traditionen ist offensichtlich.« Die Auszeichnung ist vom Bayerischen Rundfunk mit 10.000 € dotiert.
Eine Lobende Erwähnung sprach die Jury für »The Invisible Contract« aus, in dem Luciana Kaplan über Frauen berichtet. die in Mexico Stadt im Reinigungssektor arbeiten.
Viktoria DOK.deutsch Wettbewerb

Die Schweizer Biopioniere Stephanie und Ruedi übernahmen einen Einödhof in Frankreich. Nun wollen sie das Anwesen an ihren Sohn vererben. Der findet Erben unmoralisch und filmt den Entscheidungsprozess. Simon Baumann reißt in »Wir Erben« unterschiedliche Lebensentwürfe zweier Generationen auf und sucht Antworten auf die Frage, was vom Leben bleibt. Den Geldpreis von 7.500 Euro stiftete Sky.
Dokhorizonte Competition – Cinema of Urgency

In »Rashid, l’enfant de Sinjar« erzählt Jasna Krajinovic über den Teenager Rashid, der vor der Frage steht, um die Zukunft seines irakischen Heimatorts Sindschar zu kämpfen oder Familie und Freunde zurückzulassen, um im Ausland nach einem besseren Leben zu suchen. Die Jury erläutert ihre Entscheidung u.a.: »Der Film vermittelt auf subtile Weise eine allgegenwärtige Gefahr, und in einem erschütternden Moment werden wir Zeug_innen davon, wie das Trauma der Vergangenheit in der Gegenwart weiterwirkt. Das Einfühlungsvermögen den Protagonist_innen gegenüber ist bemerkenswert, wobei stets ihre Grenzen gewahrt werden.« Die Petra Kelly-Stiftung dotierte den Preis mit 5.000 Euro. Die Leistung von Jasna Krajinovic wurde auch mit dem Preis der SOS Kinderdörfer gewürdigt.
Megaherz Student Award
Die mit 3.000 € von Megaherz gestiftete Auszeichnung geht an die dffb-Absolventin, Regisseurin und Kamerafrau Klara Harden. In »Woman/Mother« porträtiert sie ihre langjährige Freundin Mara und berichtet »ehrlich über Schuldgefühle, darüber, sich fehlerhaft und ungenügend zu fühlen und die Mutterrolle nicht zu jedem Zeitpunkt zu lieben. Die Regisseurin bleibt präsent, wenn die elterliche Pflicht ihrer Freundin zur Überforderung wird. Dabei nimmt sie ihre Rolle als Autorin kritisch in den Blick und hinterfragt, inwiefern sie selbst die kapitalistisch-patriarchalen Erwartungen an funktionierende Mütter auf ihre Freundin Mara projiziert«, begründet die Jury ihre Entscheidung u.a.
Weitere Auszeichnungen
Der vom BR und 3Sat gestiftete Kinokino Publikumspreis ging an Najiba Noori und Rasul Noori für »Writing Hawa«.
Die Filmkomponistin Mirjam Skal wurde mit zwei Preisen gewürdigt: Für »Vracht« (Regie Max Carlo Kohal) bekam sie den Deutschen Dokumentarfilm-Musikpreis; für »Der Engelmacher« (Regie Marina Klauser) wurde sie mit dem Dokcomposition Award beim Dokforum ausgezeichnet.
Die Produzentinnen Ulla Lehmann und Andrea Roggon wurden mit dem VFF-Dokumentarfilm-Produktionspreis für »Das fast normale Leben« (Regie Stefan Sick) ausgezeichnet.
Der Dokedit Award – presented by Adobe ging an Timo Langer für den Schnitt von Mark Cousins Film »A Sudden Glimpse to Deeper Things«.
An Teilnehmerfilme des DOK.forum wurden vergeben:
Dokdigital Award: Anja Reiß und Jann Anderegg für »Traces of Responsibility«.
Dokarchive Award: Andy Malafaia und Caroline Höfs für »Febre Tropical / Tropical Fever« .
Doktalent Award: Patrick Wira für »Familie, LOL«.
Online auf der digitalen Leinwand ist der Großteil der Filme noch bis zum 25. Mai zu sehen. Einige Filme können (im monatliche Wechsel) für je 5 Euro auf Abruf angesehen werden.
Erstmals Referenzpunkte der FFA
Die Veranstalter freuen sich über die Aufnahme in den Katalog der Filmförderungsanstalt für Referenzförderung. Produzent*innen deutscher Beiträge, die am Wettbewerb DOK.international Main Competition teilnehmen, erhalten demnach 50.000 Referenzpunkte. »Für die Bedeutung des Festivals ist das ein Quantensprung«, so die Veranstalter. Die Vergabe von Referenzpunkten richtet sich nach Festivalteilnahmen, Auszeichnungen und dem Kinobesuch. Der Punktewert wird einmal jährlich festgelegt. Der Förderbetrag ist zur Finanzierung künftiger Produktionen zu verwenden.
Personalia

Ab Oktober übernimmt Adele Kohout Leitung und Geschäftsführung des Dokfest München. Die bisherige Stellvertreterin folgt auf Daniel Sponsel, der nach 16 Jahren als Präsident und Nachfolger von Bettina Reitz zur Münchner Filmhochschule wechselt. Maya Reichert, bisher Leiterin der Bildungsplattform Dokeducation, übernimmt zeitgleich Kohouts Stellvertretung in beiden Funktionen.