Messe: 14.09.2002

IBC2002: Sony fokussiert auf Solutions und Standards

Weil Sony während der IBC2002 keine Pressekonferenz im klassischen Sinn abhielt, blieb es in diesem Jahr jedem Besucher selbst überlassen, im Dialog mit Sony-Mitarbeitern und durch Rückschlüsse aus den gezeigten Produkten und Applikationen heraus zu filtern, wie das Unternehmen die Branche aktuell sieht und sich dazu positioniert.

Ein erster Eindruck: Man ist generell wieder etwas entspannter, obwohl natürlich auch bei Sony das Geschäft lange nicht mehr so brummt, wie das schon einmal der Fall war.

Ein Grund dafür: Erste Erfolge der in jüngster Zeit bei Sony im Rahmen der »Anycast«-Strategie erfolgten Fokussierung auf das »Solution«-Geschäft. Consulting, Beratungsdienstleistungen also, das Erarbeiten ganzer Konzepte auch unter Einbeziehung von Produkten anderer Hersteller, soll dabei im Zentrum stehen. Ein solcher Business-Ansatz bei einem Gerätehersteller ruft natürlich auch Skepsis hervor und muss erst in der Praxis untermauert werden und seine Realitätstauglichkeit beweisen.

Es müssen also Projekte her und die gibt es nun: Mit dem NAA, einer niederländischen Einrichtung, die mit kulturellem Auftrag ein nationales Archiv für Video- und Audiodokumente einrichten soll. Parlamentsdebatten, aber auch Beiträge des holländischen Staats-Broadcasters NOB sollen dort zentral archiviert werden, wenn sie historische Bedeutung haben, oder erlangen können. Für dieses Projekt mit einem Startetat von 1,8 Millionen Euro erhielt Sony den Zuschlag als Generalunternehmer und schlug dabei PriceWaterhouseCoopers/IBM. Umgesetzt wird das Projekt von Sony mit den Partnern Blue Order und CMG, einem IT-Service- und Systemhaus. Der Vermutung, Sony setze auf Solutions und Consulting, um am Ende doch wieder nur seine Videorecorder zu verkaufen, steht beim NAA entgegen, dass nur ein einziger Videorecorder in diesem Projekt enthalten sein soll. Weitere Projekte stehen laut Sony kurz vor Vertragsabschluss, Projektstart oder laufen schon.

Das Thema e-VTR, also den vernetzbaren Videorecorder, der auch asynchronen Datentransfer beherrscht, sieht man bei Sony mittlerweile als Schlüsseltechnologie für die Branche, ähnlich der, die einst SDI hatte, als Sony diese Schnittstelle und dieses Protokoll für den digitalen Austausch von Videodaten vorschlug und gleich auf den Markt brachte. Das Thema e-VTR, von manchen zur NAB2002 noch als Marketing-Gag ohne konkrete Anwendungen abgetan, spricht offenbar auch andere Firmen an, so kooperierte Sony hierbei im Vorfeld der IBC2002 mit Avid, Matrox, Quantel und anderen, die nun MXF-basierte Applikationen mit e-VTRs von Sony und ihren eigenen Systemen zur IBC2002 präsentieren.

Druck machen mit MXF und e-VTR auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber Arbeitsabläufe optimieren und Einsparmöglichkeiten für die Kunden in deren Arbeitsprozessen schaffen, das sind aus Sony-Sicht die richtigen Mittel, den Markt wieder in die richtige Richtung zu lenken.