Branche, Signaltechnik, Top-Story, Trend: 03.03.2015

AV-Schnittstellen und Signalverteilung für 4K

4K bringt auf der Aufzeichnungs- und Übertragungsseite neue Codecs und Speichermedien mit sich, aber auch am anderen Ende der Kette gibt es Veränderungen: Um Signale in 4K abspielen, verteilen und auf Bildschirmen darstellen zu können, sind neue Schnittstellen nötig.

Im Consumer-Elektronik-Bereich sind die Würfel schon länger gefallen: HDMI 2.0 wird hier als wichtigste Schnittstelle für UHD/4K-Sig­nale genutzt. Im Computer-Bereich wird wohl zusätzlich Display-Port eine wesentliche Rolle spielen. Diese beiden Schnittstellen werden im folgenden Artikel aber nur kurz gestreift, der Hauptfokus liegt auf dem aktuellen Trend im Profibereich, in der Signalverteilung von SDI-Infrastrukturen auf IP-Infrastrukturen zu wechseln. Dieser Trend ist auch unabhängig von 4K zu spüren, erhält aber durch 4K zusätzlichen Aufwind.

Consumer-Bereich: HDMI

Im Consumer-Bereich wird unter dem Schlagwort 4K in der Regel ein Raster von 3.840 x 2.160 Bildpunkten verstanden — also die vierfache »Full-HD«-Auflösung, wie sie etwa in Form von UHD-Signalen ins Haus kommt. Dabei werden Bilder in diesem Raster in progressiver Folge mit Bildraten bis 60 Hz dargestellt. Hierbei stößt der aktuelle HDMI-1.4-Standard an seine Grenze, denn die darin erlaubten Datenraten von maximal 10,2 Gbit/s reichen dafür nicht aus.

Folgerichtig wurde mit HDMI 2.0 ein neuer Standard geschaffen, der zwar die gleichen Buchsen und Stecker nutzt wie bisher, aber eine maximale Datenrate von 18 Gbit/s erreicht. Damit kann neben UHD-Material auch »echtes« 4K-Material mit 4.096 x 2.160 Bildpunkten und bis zu 60 Hz übertragen werden. HDMI 2.0 ist abwärtskompatibel, man kann darüber also bei Bedarf auch niedriger gerastertes Material mit geringeren Bildraten übertragen. Weiter erlaubt HDMI 2.0 bis zu 32 Audiokanäle und unterstützt auch das Breitbildformat 21:9.

Außerdem wird von HDMI 2.0 der in der Richtlinie BT.2020 definierte, erweiterte Farbraum unterstützt. Den kann zwar derzeit noch kein Display vollständig darstellen, aber das wird kommen. Teil von HDMI 2.0 ist auch der neue Kopierschutz HDCP 2.2.

Die erste Generation von UHD-Fernsehern wies noch HDMI-1.4-Anschlüsse auf. Seit der Consumer-Messe CES2015 ist aber klar: Kommende UHD-fähige TV-Geräte werden in aller Regel eine HDMI-2.0-Schnittstelle aufweisen.

Computer-Bereich: Display-Port 1.2

Der Display-Port ist eine Grafikschnittstelle, die im Computerbereich genutzt wird. Hier sind vielfältige Raster in Gebrauch, die von dieser Schnittstelle unterstützt werden. 4K/UHD-Monitore bieten eine ausreichend hohe Auflösung, um sie für verschiedene Zwecke auch im Computerbereich nutzen zu können. Daher bieten etliche 4K-Fernseher und -Monitore auch eine Display-Port-Schnittstelle.

Ähnlich wie bei HDMI, muss man aber auch hier darauf achten, dass die verwendeten Geräte die passende Version der Schnittstelle nutzen, nämlich mindestens Display-Port 1.2 (der noch leistungsfähigere Display-Port 1.3 soll ab September 2015 eingeführt werden): Erst Display-Port 1.2 schafft es, Bildraten bis zu 60 Hz in 4K-Auflösung zu übertragen.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, dass es intelligente Konverter zwischen Display-Port und HDMI gibt, die mit der Schnittstellen-Hardware in den jeweiligen Geräten kommunizieren und so die richtigen Signale und Spannungen bereitstellen. Teilweise wird aber über Probleme mit dem Kopierschutz berichtet — also besser vorher testen, bevor man sich auf eine solche Lösung verlässt.

Profi-Bereich: Goodbye SDI?

Über viele Jahre galt die SDI-Buchse an einem Gerät sozusagen als sichtbarer Beleg dafür, dass es sich um Profi-Equipment handelt. Eine BNC-Buchse, über die früher mal analoge Videosignale verteilt wurden, hatte sich zur digitalen Schnittstelle entwickelt, die Anschluss an professionelle Infrastrukturen bot.

Nun zeichnet sich aber immer deutlicher ab, dass die Dominanz von SDI auch im professionellen Markt nicht mehr von langer Dauer sein könnte. Dabei stehen jedoch — zumindest derzeit — nicht etwa Produkte wie Camcorder oder Monitore im Zentrum des Wandels, sondern größere Verteilstrukturen: Netzwerkanwendungen und Infrastruktur-Produkte. Vielleicht bleibt die BNC-Buchse, über die SDI-Signale ausgetauscht werden, bei Camcordern und Monitoren sogar noch länger erhalten. Wo sie hingegen jetzt schon auf dem Rückzug ist, das ist der infrastrukturelle Bereich.

Warum ist das so? Es geht ums Geld: Mit dem Schritt hin zu IP könne die Branche endlich von sündhaft teuren Speziallösungen wegkommen und besser, schneller und unmittelbarer von der raschen Weiterentwicklung im Computerbereich profitieren. Verwendet man Standard-IT-Hardware, muss man keine speziell für die Branche entwickelten Lösungen mehr bezahlen, so die Logik.

Alles schon ein alter Hut?

Aber ist es nicht schon lange so, dass in professionellen Installationen im Broadcast-Bereich die einzelnen Systeme über IT-Netzwerke verbunden sind? Stimmt natürlich: Shared-Storage-Architekturen, vernetzte Sichtungs- und Bearbeitungsplätze — das alles und mehr, setzt schon seit Jahren auf IT-Netzwerke, in denen Daten heutzutage meist IP-basiert übertragen werden. Aber dennoch ist es besonders im Live-Bereich und im Playout heute noch ganz normal, dass es auch eine SDI-Infrastruktur gibt, dass etwa Kamerasignale über SDI-Verbindungen geleitet werden und dass an verschiedenen Stellen der Workflows Dateien in SDI-Sig­nale gewandelt und dann als Videosignalströme verteilt werden.

Der Trend geht nun dahin, das zu ändern und etwa auch Live-Signale per IP zu verteilen. 4K ist dabei einer von mehreren Treibern hinter dieser Entwicklung. Ein Beispiel kann das verdeutlichen: Bei Mischern wird 4K-Fähigkeit derzeit in den meisten Fällen dadurch hergestellt, dass jeweils mehrere (SDI-)Ein- und Ausgänge zusammengefasst und für die gemeinsame Übertragung eines 4K/UHD-Signals genutzt werden. Man benutzt also mehrere Kabel, um ein einziges 4K-Signal zu- und wieder abzuführen, was dann auch im Mischer mehrere Ports und Kanäle belegt. Das ist natürlich einerseits eine Verschwendung von Ressourcen und zieht andererseits auch noch Einschränkungen gegenüber den bisher üblichen Abläufen nach sich: Man muss mit weniger Kameras auskommen oder muss die Mischerkapazität ausbauen.

Ein anderes Beispiel: 4K-Signale werden derzeit im Broadcast-Bereich meistens über vier 3G-SDI-Verbindungen übertragen. Eine einzige 10-Gb-Ethernet-Verbindung reicht hingegen locker aus, um verlustfrei komprimierte UHD-Signale (2:1-Kompression) zu übertragen — eine Übertragungsmöglichkeit, die SDI gar nicht bietet.

Natürlich wird SDI nicht von heute auf morgen verschwinden, aber es hat aus den genannten Gründen schon vor etlichen Jahren ein Prozess begonnen, in dessen Verlauf an immer mehr Stellen SDI durch IP-basierte Systeme ersetzt wird.

Im Profi-Bereich ist dabei derzeit immer öfter die Rede von einer sehr speziellen Form der Integration: SDI und IP sollen zuerst zu Hybrid-Lösungen verschmelzen — und dann soll SDI ganz langsam verschwinden. Was ist das nur für eine Form von »Integration«, bei der ein Bestandteil einfach verschwinden soll. »Assimilation« wäre da wohl zutreffender, stimmt aber auch nicht ganz — letztlich kann man es drehen und wenden wie man will: Es deutet momentan alles darauf hin, dass SDI als AV-Schnittstelle und Infrastruktur für die Signalverteilung ein Auslauf­modell ist.

Totgesagte leben länger

Noch ist SDI aber nicht tot — und es gibt neben der weiten Verbreitung und breiten Etablierung der Technik sowie der robusten Schnittstelle, auch noch weitere Argumente, die für SDI sprechen. Aber der Ruf nach höheren Datenraten ist unüberhörbar: In der Praxis will man eben auch 4K-Signale über ein einziges Kabel zwischen zwei Geräten — oder allgemeiner gesprochen: mit nur einer Verbindung zwischen einer Quelle und einer Senke — übertragen können.

Abhilfe könnte hier ein 6G-SDI-Modus schaffen, bei dem man für ein UHD-Signal wieder nur ein einziges, simples Koax-Kabel benötigt (6 Gbit/s reichen für die Übertragung von progressiven 4K-Signalen mit Bildraten bis 30 fps). Ein solcher Modus ist zwar noch nicht offiziell standardisiert, Blackmagic-Mischer und -Kameras etwa bieten ihn aber dennoch an. Auch 12G-SDI und 24G-SDI befinden sich im Vorschlagsstadium. 12G-SDI würde für die digitale Übertragung von progressiven 4K-Bildern mit Bildraten bis 60 fps über 75-Ohm-Koaxialkabel mit BNC-Steckern ausreichen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich hierfür eine ausreichende Zahl von Unterstützern auf der Hersteller- und Anwenderseite findet. Blackmagic jedenfalls bietet — wie schon erwähnt — Produkte mit 6G-SDI-Schnittstellen an (mehr dazu in einem separaten Artikel).

Vorteile von IP-Strukturen

Ein zentrales Element aller größeren SDI-Infrastrukturen ist die Kreuzschiene. Eine SDI-Kreuzschiene ist ein spezialisiertes, vergleichsweise teures Gerät, das als zentrale Schaltstelle für die Verteilung der SDI-Signale zuständig ist und das wesentlich über die Anzahl seiner Ports definiert wird: Je mehr Ein- und Ausgänge ein solches Gerät hat, um so teurer ist es.

Jeder Ü-Wagen, jede größere Postproduktion, jede Broadcast-Installation, benötigte bisher eine dieser teuren SDI-Kreuzschienen. Dennoch taxieren die meisten Broad­cast-Hersteller, zu denen etwa Snell, Grass Valley, Evertz, Black­magic und Imagine (früher Harris/Leitch) gehören, den Weltmarkt für diese Geräte auf ein jährliches Gesamt­volumen von weniger als 300 Millionen US-Dollar.

Der IP-Router-Markt hingegen, der letztlich ähnliche Technologien nutzt und ähnliches Knowhow erfordert und in dem sich Firmen wie Cisco, Juniper, Avaya, Brocade und Alcatel-Lucent tummeln, wird aktuell auf ein Jahresvolumen von mehr als 12 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Der IP-Router-Markt hat also ein rund 40fach größeres Marktvolumen: Da ist klar, wo bei den Stückzahlen, die ja entscheidend den Preis beeinflussen, die Musik spielt — und wo mehr Geld für die Entwicklung zur Verfügung steht.

Nun ist es aber natürlich nicht möglich, eine SDI-Kreuzschiene einfach 1-zu-1 durch einen IP-Router zu ersetzen — die IP-Technologie bringt einige grundsätzliche Änderungen mit sich. Sie eröffnet aber auch einige zusätzliche, flexible Nutzungsmöglichkeiten und Sparpotenziale — auch über den geringeren Anschaffungspreis hinaus.

IP-Router sind so konzipiert, dass sie einfach nur Datenpakete verteilen, ohne sich um den Inhalt oder das Format der Daten zu kümmern. Der gleiche IP-Switch kann also prinzipiell für SD- und für 4K-Video genutzt werden, für unkomprimierte, wie für komprimierte Signale. Einzig die Bandbreite/Datenrate des Netzwerks und der darin genutzten Geräte ist ein limitierender Faktor, ansonsten sind IP-Netzwerke vollkommen formatunabhängig.

Letztlich ist die Bandbreite auch für den Preis des Routers entscheidend, nicht die Anzahl der Ports — ein weiterer Unterschied zu SDI-Routern. Verteilt man also komprimierte Signale, wie sie in der Video- und Broadcast-Technik teilweise verbreitet und etabliert sind, kann man den IP-Router sehr effizient nutzen. Das geht bei SDI-Routern nicht, hier wird letztlich immer das unkomprimierte Baseband-Signal übertragen — und in vielen Fällen am Ausgang des einen Geräts dekomprimiert, via SDI verteilt und im nächsten Gerät wieder komprimiert.

In früheren Zeiten war es in der IP-Welt schwierig bis unmöglich, taktgenau und sauber zwischen Videosignalen umzuschalten — was aber eine essenzielle Anforderung im Broadcast-Bereich ist. Diese Probleme sind jedoch mittlerweile gelöst: So zeigte etwa Snell während der vergangenen Messen, wie man mit einem Standard-Switch von Cisco taktgenau und sauber zwischen Videosignalen umschalten kann. Diese Aufgabe löst dabei nicht der Switch. Stattdessen ist dieser Job auf die mit dem Switch verbundenen »Edge-Devices« ausgelagert. Das kann ein Videomischer sein oder ein anderes Videogerät, das IP-Signale verarbeiten kann.

Damit ist auch schon ein Weg skizziert, wie der Übergang von SDI zu IP in der Broadcast-Welt vonstatten gehen könnte: Die eingebundenen Geräte und das Steuerungssystem müssen erkennen, um welche Art von Signalen es sich handelt und sie entsprechend verarbeiten.

Ein Beispiel: Dem Operator, der an einem Bildmischer arbeitet, muss es vollkommen gleichgültig sein können, ob die Bildsignale per SDI oder IP ankommen, darum müssen sich das Gerät und die Steuerungs-Software kümmern. Das ist schon heute technisch möglich und es spart perspektivisch Kosten und erhöht die Flexibilität. Da scheint der Siegeszug der IP-Technologie im Broadcast-Markt vorgezeichnet.

Dieser Artikel ist auch als Teil eines 4K-Sonderhefts von film-tv-video.de verfügbar. Das gedruckte Heft oder das PDF können Sie hier bestellen.

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