Branche, Top-Story: 27.10.1999

Digital Britannia

Quantel ist ein Vorzeigeunternehmen der britischen Film- und Videobranche. Das hat einen Grund: Quantel beinflusste in den vergangenen Jahren mit Produkten wie Paintbox, Harry und Henry die gesamte digitale Postproduction. Von Quantel gingen stets Impulse aus, die reichliches Echo fanden. www.film-tv-video.de hat die Brutstätte neuer Videografik- und Editing-Technologien in England besucht.

B_NEPD_0899_QuantelRenderQuantel: Britisches Vorzeigeunternehmen

Quantel hat für einen Hersteller aus der digitalen Nachbearbeitung eine außergewöhnlich lange Firmengeschichte: Das Unternehmen wurde 1973 gegründet und beschäftigte sich schon damals mit digitalen Technologien. Zu Anfang noch von der Konkurrenz belächelt, entwickelte sich Quantel zu einem Trendsetter der Nachbearbeitungsbranche und gehört heute zu den High-End-Anbietern der digitalen Postproduction.

Seit mehreren Jahren wird dem Unternehmen aus Computerkreisen immer wieder das baldige Ableben prophezeit, weil Quantel nicht mit Standard-Computern arbeitet, sondern eigene, spezialisierte Hardware mit eigenem Betriebssystem und dafür optimierter Software entwickelt und vertreibt. Bislang ist Quantel aber gut im Markt vertreten, auch wenn das Unternehmen mittlerweile stark unter Druck ist, sich weiter zu öffnen. Das ist teilweise auch schon geschehen. Mittlerweile gibt es eine Anbindung an Standard-Plattform-Render-Engines sowie die Möglichkeit, Software von Drittanbietern auf Quantel-Maschinen zu verwenden.

Die Quantel-Firmengeschichte ist sehr bewegt: 1976 stellte Quantel sein erstes Produkt vor. Den DFS3000, einen Framestore, der bei der Olympiade in Montreal erstmals eingesetzt wurde, um bei einer Live-Multikamera-Produktion vier Quarter-Size-Bilder darzustellen. In den darauffolgenden Jahren ging Quantel den Weg in die digitale Zukunft konsequent weiter und entwickelte zunächst noch etliche Konverter und Synchronizer, um dann 1982 die erste Paintbox vorzustellen. Dieses Produkt beeinflusste die Arbeitsweise bei vielen Fernsehsendern massiv, denn Paintbox ermöglichte es erstmalig, Grafiken auf elektronischem Weg zu gestalten und zu verändern.

Weitere wichtige Produktstationen nach der Paintbox im Kurzüberblick: 1985 stellte Quantel mit Harry die erste digitale Multi-Layering-Maschine vor, 1990 folgte Harriet, eine Grafik-Workstation, mit der sich Animation, Grafik, Effekte und Live-Video im selben System bearbeiten ließen. 1992 präsentierte Quantel das Effektsystem Henry, im selben Jahr noch das Grafiksystem Hal und nur zwei Jahre später das Schnittsystem Editbox. 1998 stellte Quantel das Newssystem Inspiration vor und derzeit arbeiten die Ingenieure bei Quantel an der HDTV-Zukunft ihrer Produkte.

Vor Ort in Newbury: Das Quantel-Headquarter befindet sich rund 60 Meilen westlich von London in Newbury. Dort sind rund zwei Drittel der 700 Angestellen angesiedelt, die Quantel weltweit beschäftigt.
In einer umgebauten alten Fabrikhalle werden aus einer Vielzahl von Einzelteilen die High-End-Maschinen von Quantel zusammengebaut und vor der Auslieferung intensiv getestet. In Newbury können sich Kunden aber auch vor Ort mit den neuesten Quantel-Produkten beschäftigen und in ausgiebigen Demo- und Testsessions ihr Feedback zu den Produkten geben.

Die R&D-Abteilung sitzt bei Quantel in einem eigenen Gebäude. Quantel arbeitet in der Entwicklung mit kleineren Teams von vier bis sechs Mitarbeitern und legt großen Wert darauf, die Entwicklung von Hard- und Software nicht künstlich zu trennen. Statt dessen arbeiten bei Quantel Hard- und Software-Entwickler in denselben Teams und versuchen gemeinsam, innovative Produktlösungen zu entwickeln. Ganz generell sind die Entwicklungszyklen bei Quantel außergewöhnlich lang: Üblicherweise dauert eine Produktentwicklung rund sieben Jahre, Support bietet Quantel noch sehr viel länger nach Erscheinen eines Produkts.

Dieser intensiven Arbeit an den Produkten ist es sicher zu verdanken, daß Quantel in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich war. Acht Emmies, neun Queens-Awards und etliche weitere Preise bestätigen dies. Natürlich hat das alles auch seinen Preis, und der ist für viele Anwender nach wie vor unbezahlbar. Trotzdem will sich das britische Unternehmen auch in Zukunft nicht in tiefere Preisregionen bewegen. Bei Quantel geht man davon aus, daß der High-End-Markt auch auf lange Sicht noch genügend Potenzial für ein gesundes Unternehmen bietet.

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