Branche, Interview, Top-Story: 01.02.2005

Ulf Genzel: HD-Jahr 2005?

50 Insider aus verschiedenen Bereichen der Film-, TV- und Videobranche haben die Fragen von www.film-tv-video.de zum Thema HD beantwortet. Eine Zusammenfassung analysiert die Stimmung in der Branche, zudem stehen auch die Antworten der einzelnen Befragungen in voller Länge zur Verfügung. In diesem Beitrag lesen Sie die Antworten von Ulf Genzel. (Zum Download bitte auf den Dateinamen am Ende des Artikels klicken.)

B_0105_BIC4_GenzelUlf Genzel ist Geschäftsführer der BIC4 GmbH. BIC4 plant und realisiert als Systemhaus Projekte in den Bereichen Broadcast und IT und in deren Schnittbereich, etwa bei Streaming/ Multimedia-Applikationen.

**Welche Bedeutung hat HD heute in Ihrem Tätigkeitsbereich? Wie und wann wird sich das aus Ihrer Sicht ändern?

Bisher spürt die BIC4 GmbH in ihren Projekten verhältnismäßig wenig von HD. Bei aktuellen Systemlösungen in den Bereichen Content Management, vernetzte Bearbeitung, Automation und digitale Archivierung spielt das Thema HD noch eine untergeordnete Rolle.
Ich bin jedoch davon überzeugt, dass sich dies schon in den nächsten ein bis zwei Jahren deutlich ändern wird.

**Beim Thema HD wird in Deutschland oft von der Signalwirkung gesprochen, die von der Fußball-WM 2006 ausgehen werde. Wie beurteilen Sie dieses Thema?

Die WM-2006 wird aus meiner Sicht eine echte Bewährungsprobe für HD sein und gleichzeitig eine große Nachfrage im Consumer-Umfeld auslösen.

**Welches Hindernis hemmt derzeit die Verbreitung von HD im Markt am meisten? Wie könnte man dem begegnen? Was muss aus Ihrer Sicht passieren, damit HD in Deutschland alltägliche Realität wird?

Knappe Budgets — insbesondere bei den öffentlich-rechtlichen Sendern — führen bei der Entscheidung über die Auswahl und Integration von technischen Neuerungen zu einem gewissen Lähmungseffekt. Investitionen bei einigen Ü-Wagen-Betreibern — die zum Teil durchaus als mutig bezeichnet werden können — setzen hier Impulse und schaffen natürlich auch die erforderliche technische Grundlage für HD-Produktionen.
Letztlich können nur attraktive Programmangebote in Kombination mit preiswerten Endgeräten HD zum Erfolg verhelfen. Von alltäglicher Realität sind wir aus heutiger Sicht noch ein Stück weit entfernt — nicht aber von funktionstüchtiger und einsatzbereiter HD-Technologie auf der Seite der Produktionshäuser.

**Wann werden die Zuschauer in Deutschland regelmäßig bei mehreren Sendern HDTV sehen können? Spielt das für Ihren Tätigkeitsbereich eine Rolle? Was erwarten Sie beim Thema HDTV von den öffentlich-rechtlichen Anbietern, was von den privaten?

Der aktuelle Trend zu Spartenkanälen erschließt sicherlich auch für HD interessante Einsatzfelder. Bestimmte Programmangebote verdienen einfach eine wesentlich bessere Bildqualität — andere weniger. Über das »Wann« in Bezug auf die Verfügbarkeit von regelmäßigen Sendungen lässt sich sicher aposteln. Wir sind wohl auf dem richtigen Weg — auch wenn dieser noch die Möglichkeit bietet, an vielen Stellen verkehrt ab zu biegen. Realistisch sind hier wohl 5 bis 10 Jahre.
Für die Tätigkeitsbereiche der BIC4 GmbH sehe ich hier durchaus spannende und neue Anforderungen. Schon heute werden wir in Projekten gefragt: »Wird denn unsere neue vernetzte Produktions- und Sendeabwicklungsumgebung auch HD-tauglich sein?«
Oder: »Sollten wir bei der Ermittlung der Kapazität unseres digitalen Archivsystems nicht lieber eine höhere Bandbreite für HD berücksichtigen?«
Gerade von den öffentlich-rechtlichen Anbietern erhoffe ich mir, dass den Gebührenzahlern dokumentarisch hochwertiges Material in angemessener Qualität angeboten werden kann. Auch bei der Aufbereitung und Sicherung von Archivmaterial — und es gibt ja noch immer die gesellschaftlich wichtigen und sehr wertvollen Archivbestände auf Film — sollte sobald wie möglich auf file-basierte Formate in HD gesetzt werden.
Bei den Privaten scheint man ja schon jetzt überwiegend auf die massenwirksamen sportlichen Großereignisse zu setzen. Hier werden ja auch bereits erste praktische Erfahrungen gesammelt. Für einen flächendeckenden Erfolg sind Aktivitäten auf beiden Seiten sinnvoll und erforderlich.

**Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht der Consumer-Markt mit Technologien wie HDV in der Aufzeichnung, mit HD-DVD und der zunehmenden Verbreitung von Plasma- und LC-Displays?

Eine sehr große Rolle. Jedes einfache Notebook mit DVD-Laufwerk bietet heute schon eine wesentlich bessere Auflösung als der klassische Fernseher im durchschnittsdeutschen Wohnzimmer. DVD-Recorder, Flachbildschirme und Videoprojektoren lösen aus meiner Sicht eine entsprechende Erwartungshaltung bei den Zuschauern an die Bildqualität aus. Die Wohnzimmer werden langsam aber sicher HD-tauglich. Die Programmanbieter müssen nachziehen.

**Wie sollte aus Ihrer Sicht ein europäischer HDTV-Standard aussehen? Nennen Sie uns bitte die Eckwerte und ergänzen Sie diese mit einer kurzen Begründung.

1080p in der Produktion und 1080i überall dort, wo eine progressive Abtastung (noch) nicht unterstützt wird. Die Verschmelzung von PC-/Multimedia-Anwendungen und deren überwiegende Verwendung von Progressive-Scan mit TV-Angeboten wird weiter voranschreiten.
Meine persönliche Vision ist der Zentralserver für den Haushalt, der neben dem Internet-Zugang, der Steuerung der üblichen »Devices«, wie etwa der Zentralheizung, auch den TV-Empfang oder die Nutzung von reinen Terminals oder Spiele-Konsolen vereint. Dieser Entwicklung sollte Rechnung getragen werden — insbesondere vor dem Hintergrund, dass die bereit zu stellende Speicherkapazität für höhere Bandbreiten auch auf der Seite der Programmproduzenten und -anbieter immer preisgünstiger wird.

**Was wollen Sie uns noch zum Thema HD mitteilen?

Los geht‘s! Nur Mut! Auch kleine technische Maßnahmen und Vorkehrungen in Richtung HD bringen die Entwicklung insgesamt ein Stück weiter.

Downloads zum Artikel:

T_0105_HD_BIC4_Genzel.pdf

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