Editorial, Kommentar, Top-Story: 14.08.2013

»Das interaktive Sportstudio«

Am vergangenen Wochenende feierte das ZDF ein besonderes Jubiläum: »Das aktuelle Sportstudio« wurde 50. Aus diesem Anlass gab es eine Sendung mit vielen prominenten Gästen, die einen umfassenden Rückblick auf fünf Jahrzehnte Entwicklungsgeschichte dieser Sendung gewährte.

Im Verlauf der gut zweistündigen Sendung konnten die Zuschauer eine Reise in die Vergangenheit unternehmen und in komprimierter Form wurden allen, die es wahrnehmen wollten, viele Entwicklungen vor Augen geführt: Wie sich nicht nur das Sportgeschehen, sondern auch das Fernsehen verändert haben. Wie sich einzelne Gäste über die Jahre entwickelten. Wie sich die Gäste der Sendung früher präsentierten und wie sie das heute tun. Wie sich die Art der Berichterstattung und der Aufbereitung von Themen in fünf Jahrzehnten wandelten.

Eine Person stach aus dem Ensemble der Sendung besonders heraus: Der ewige Franz, der Kaiser, die Lichtgestalt. Franz Beckenbauer begleitet die Sendung als Gast nahezu seit ihrem Bestehen. Seinen ersten Besuch absolvierte er an seinem 20. Geburtstag am 11. September 1965. Ein zurückhaltender, fast gehemmt wirkender junger Mann, der am Beginn seiner Karriere stand und mit Harry Valérien im Studio ein Gläschen Sekt auf seinen Geburtstag hob.

Wie hat sich doch alles verändert: Zurückhaltende junge Fußballstars gibt es praktisch nicht mehr und  Moderatoren, die gefühlte Minuten mit ihren Gästen auf deren Geburtstag anstoßen, sind heute eher im Frühstücks- oder Showbereich zu finden.

Das Tempo im »Sportstudio« ist über die Jahre sehr viel höher geworden, die Beiträge kürzer, die Gäste dank Medien-Coaching selbstsicherer. Und seit neuestem dürfen die Zuschauer interaktiv mitmachen, was dem Fernsehen insgesamt zumindest einen neuen Drall gibt. So wurde Beckenbauer via Social Media von einem Zuschauer gefragt, warum er denn blaue Socken trage. »Weil die roten gerade in der Wäsche sind.«

Leider fallen die Antworten auf solche Fragen meistens bei weitem nicht so schlagfertig aus. Zum einen manifestiert sich darin, welche Qualitäten dem Kaiser eben auch innewohnen und wie enorm er sich seit seinem ersten Auftritt im »Sportstudio« verändert hat. Aber es stellt sich auch die Frage, ob Interaktivität im Fernsehen wirklich eine Bereicherung ist und ob hierüber auch eine neue Qualität des Fernsehens erreicht wird. Das muss wohl jeder für sich entscheiden.

Sie werden sehen.