Broadcast, Unternehmen: 21.05.2019

Auf Sparkurs: SRG, SRF und tpc

Das Schweizer Fernsehen wird massiv umgebaut. Teil dieser Entwicklung ist die geplante Wiedereingliederung des Broadcast-Dienstleisters tpc in den Sender. So sollen Kosten gespart werden, etwa in der Technik, aber auch durch einen Stellenabbau in der Management-Ebene bei tpc. film-tv-video.de hat nachgefragt.

Im vergangenen Jahr stimmten die Wahlberechtigten in der Schweiz per Volksentscheid über den Rundfunkbeitrag ab. Zur Abstimmung stand die No-Billag-Initiative. Deren Vorschlag, den Rundfunkbeitrag abzuschaffen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt (Billag-Abstimmung). Im Vorfeld der Abstimmung und auch danach wurde aber intensiv darüber diskutiert, wie der Rundfunkbeitrag in Zukunft zu verwenden solle. 

SRG, SRF
Auf Sparkurs: 100 Millionen Schweizer Franken will die SRG 2019 einsparen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Schweiz sah sich durch das klare Abstimmungsergebnis in seiner Akzeptanz in der Bevölkerung und in seinem Bestand zwar bestätigt, kündigte aber unmittelbar nach der Abstimmung an, im Geschäftsjahr 2019 100 Millionen Franken einzusparen. Ein Teil dieses Anstrengungen betrifft auch den Broadcast-Dienstleister tpc: Das bisher selbstständig agierende Unternehmen soll nun wieder ins Schweizer Fernsehen eingliedert werden.

TPC, © Nonkonform
Bei SRF und tpc stehen Veränderungen an.

Was sich in der Schweiz gerade abspielt, bleibt auch in Deutschland nicht unbeobachtet, steht doch der öffentlich-rechtliche Rundfunk hierzulande ebenfalls unter erheblichem Spar- und Reformzwang. film-tv-video.de hat deshalb nachgefragt. Edi Estermann, Leiter der Medienstelle SRG und Sprecher des Generaldirektors und Andreas Lattmann, CTO bei tpc, haben geantwortet.


Warum wurde geschlossen, tpc nun wieder in SRF einzugliedern?

Edi Estermann: Die SRG muss nach einem Beschluss des Bundesrates vom Herbst 2017, den Anteil der Gebührengelder bei 1,2 Milliarden Schweizer Franken zu plafonieren und aufgrund sinkender Werbeeinnahmen, bereits ab 2019 rund 100 Millionen Franken einsparen. Das öffentliche Medienhaus der Schweiz möchte Programm und Personal möglichst schonen und spart deshalb primär bei Immobilien, Distribution, Technik und Verwaltungskosten. In diesem Zusammenhang ist auch die Reintegration von tpc bei SRF zu sehen. Hier können insbesondere im Overhead Kosten eingespart werden.

Welche Schritte für die Integration sind vorgesehen? Gibt es dafür schon einen konkreten Zeitplan?

Edi Estermann, SRF, SRG
Edi Estermann, Leiter der Medienstelle SRG und Sprecher des Generaldirektors.

Edi Estermann: Wie die beschlossene Reintegration von tpc bei SRF erfolgen soll, wird aktuell in einem Detailkonzept definiert. Ab Mitte August 2019 wird ein gesetzlich vorgeschriebenes Konsultationsverfahren durchgeführt. Als Umsetzungszeitpunkt wird der 1.1.2020 angestrebt. Voraussetzung dafür ist der definitive Entscheid der Geschäftsleitung SRG Mitte September nach Abschluss des Konsultationsverfahrens.

Welche Veränderungen werden sich für die bisherigen tpc-Tätigkeitsfelder Technology / Production / Consulting konkret ergeben? Werden Teile davon künftig nicht mehr weitergeführt?

Edi Estermann: Die Anpassungen oder Änderungen im Leistungsauftrag von tpc sind im Zusammenhang mit der Reintegration nur minimal. So wird beispielsweise die Akquisition für das Drittkundengeschäft zurückgefahren. Anpassungen des Leistungsumfanges ergeben sich zudem kontinuierlich im Rahmen der üblichen technologischen Entwicklung und aufgrund betriebswirtschaftlicher Opportunitäten.

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung zur Integration auf laufende Technik-Projekte – etwa mit Sony, Riedel, Imagine?

Edi Estermann: Aus Rücksicht auf die laufenden Großprojekte von SRF, die anstehenden Produktionen und laufende Verträge, wird ein behutsames Vorgehen für die Integration gewählt werden. Die tpc-Teams sollen in Ruhe arbeiten können. Die Sicherstellung des laufenden Betriebes ist oberste Maxime.

Wird SRF künftig verstärkt Dritte als externe Dienstleister in der technischen Produktion einsetzen?

Edi Estermann: Da sich der heutige Leistungsumfang von tpc gegenüber SRF beispielsweise auch durch die Reintegration grundsätzlich nicht ändern wird, ist ein verstärkter Einsatz von externen Dienstleistern nicht vorgesehen.

tpc hat sich über die Jahre einen guten Namen mit innovativen Projekten erworben, realisiert Aufträge für externe Kunden und hat insbesondere in der Wintersport-Berichterstattung viel Know-how aufgebaut. Wird tpc dieses Feld aufgeben und keine externen Aufträge mehr realisieren?

Edi Estermann: Dies sind Fragen, die nun im Rahmen der Erarbeitung des Detailkonzepts geklärt werden. Die Förderung von Zusammenarbeiten mit privaten Medien ist jedoch im Sinne der SRG und deren Konzession.

Wird tpc weiterhin fürs Host-Broadcasting bei den Olympischen Spielen oder anderen großen Wintersport-Events tätig sein?

Edi Estermann: Wir können und wollen – wie erwähnt – dem nun zu erarbeitenden Detailkonzept und dem Konsultationsverfahren noch nicht vorgreifen.

SRG, SRF
Das Schweizer Fernsehen wird massiv umgebaut.

Welche Auswirkungen hat die SRF-Eingliederung auf das Personal? Werden Stellen gestrichen und wenn ja, aus welchen Bereichen und wie viele?

Edi Estermann: Die SRG hat die Reintegration von tpc gemeinsam mit weiteren, organisatorischen Optimierungs-Maßnahmen getroffen. Insgesamt ist bei diesen Maßnahmen mit einer Reduktion von etwa 40 Vollzeitstellen zu rechnen, davon werden rund 20 Stellen durch Kündigungen und vorzeitige Pensionierungen abgebaut. Für die Betroffenen gibt es einen Sozialplan, der verschiedene Abfederungsmaßnahmen vorsieht. Bei tpc wird insbesondere die Management-Stufe vom Stellenabbau betroffen sein.

Kann man sagen, dass SRF Kosten einsparen und schlanker agieren will? Wie sollen diese Ziele umgesetzt werden?

Wie erwähnt hat die SRG seit diesem Jahr weniger Geld zur Verfügung und muss deshalb sparen. Durch die Reintegration wird die Tochtergesellschaft tpc organisatorisch neu der SRG-Unternehmenseinheit SRF zugeordnet. Dadurch ergibt sich ein Sparpotential vor allem im Management. Die Auswirkungen aufs Budget betragen ca. drei Millionen Schweizer Franken, dies voraussichtlich ab Frühjahr 2020.

Wo möchte SRF in Bezug auf die Produktion in technischer, wie auch in finanzieller Hinsicht, in fünf Jahren stehen? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang IT-Technik?

Andreas Lattmann, CTO: Die Investitionen für technische Infrastrukturen und Software-Lösungen wurden über die letzten Jahre insbesondere aufgrund der finanziellen Herausforderungen bereits massiv reduziert. Dies zum einen deshalb, weil die Fixkosten damit geringer ausfallen (geringere Abschreibungen) wie auch um flexiblere Finanzierungsmodelle von Lieferanten zu berücksichtigen (Pay-per-use).

TPC, Lattmann
Andreas Lattmann, CTO tpc.

Technisch bedeutet dies, dass der technologische Wandel insbesondere auch durch eine veränderte Angebotsstrategie innerhalb eines eng begrenzten finanziellen Rahmens stattfinden muss. Dies kann nur erfolgen durch den Einsatz von Standard-Produkten aus der IT-Industrie (Netzwerk, Server, Storage) und einer konsequenten Migration in Richtung Full-IP.

Durch den Einsatz dieser Standard-Produkte ist eine deutlich vereinfachte Skalierung der Systemlandschaft möglich und es kann rasch und relativ günstig und einfach auf sich verändernde Bedürfnisse reagiert werden. Zudem ist es evident wichtig, dass sämtliche Lösungen End-to-End gedacht werden, um sowohl die Bedürfnisse der digitalen Produkte wie auch jene der Broadcast-Produkte effizient und mit möglichst geringen Kosten abzudecken. Dies kann unterstützt werden durch die Reduktion von Medienbrüchen und sicheren, automatisierten Workflows.

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