Festival: 16.06.2022

Filmfest München stellt Programm vor

Das 39. Filmfest München kehrt mit 120 Filmpremieren und vielen internationalen Gästen in die Kinos der Stadt zurück.

39. Filmfest München, Motiv
So präsentiert sich das Filmfest München in 2022.

Neben dem angekündigten Filmprogramm will das Filmfest München auch viele Gäste begrüßen und ehren. So wird Alba Rohrwacher den CineMerit-Award erhalten, Doris Dörrie wird mit einer Hommage geehrt. Der neu eingeführte internationale Wettbewerb »CineRebels« soll zur Plattform für filmische Innovation und entfesselte Kreativität werden. »Aufbruch und Ausbruch, das Sich-Ausleben-Wollen« nennt das Filmfest München als übergreifende Themen des Festivals und  sieht hier die Impulsgeber eines aufregenden Filmjahrgangs. Das komplette Programm ist nun online, und der Ticketverkauf startet ab Mitte Juni.

»Corsage«, © Filmfest München
Der beim Filmfestival in Cannes gepriesene Film »Corsage« wird nun auch als Eröffnungsfilm des Filmfest München fungieren.

Wenn das 39. Filmfest München zwischen dem 23. Juni und 2. Juli 2022 läuft wie geplant, sollen in diesem Jahr 120 Filme aus 52 Ländern laufen, davon 35 Weltpremieren. In den drei internationalen Wettbewerben finden sich laut Veranstalter etliche Highlights aus dem gerade erst zu Ende gegangenen Festival de Cannes. Auch »Corsage«, der bereits verkündete Eröffnungsfilm des Filmfest München, sorgte in Cannes für Furore. So wurde insbesondere Hauptdarstellerin Vicky Krieps für ihre schauspielerische Leistung ausgezeichnet. Ort der feierlichen Filmfest-Eröffnung ist die Isarphilharmonie im Gasteig HP8, die für diesen Abend zum größten Kinosaal Münchens wird.

Filmfest München, Logo
Das Filmfest München wird in diesem Jahr neue Orte in der Stadt nutzen: darunter die Isarphilharmonie im Gasteig HP8 und das Amerikahaus.

Frisch aus Cannes kommt auch »Leila’s Brothers«, in dem der Iraner Saeed Roustaee einen familiären Überlebenskampf in einem durch westliche Sanktionen wirtschaftlich geschwächten und von Korruption zerfressenen Iran inszeniert. Der französische Schauspielstar Benoît Magimel brilliert als widersprüchlicher Kommissar in »Pacifiction« des anarchischen Regiemeisters Albert Serra. Und »Acht Berge« (Regie: Charlotte Vandermeersch und Felix van Groeningen) ist eine zärtliche, zutiefst menschliche Verfilmung des Romans von Paolo Cognetti um eine in der spektakulären Natur der westlichen Alpen geknüpfte Freundschaft. Der große Humanist des Weltkinos, Hirokazu Kore-eda, kehrt mit dem Film »Broker« zurück – in Cannes ebenfalls mit dem Preis für die beste schauspielerische Leistung ausgezeichnet.

»Mehr denn je«, Emily Atef, © Filmfest München
»Mehr denn je« von Emily Atef.

Bemerkenswert: die starke Präsenz von Regisseurinnen im Programm. Im Wettbewerb »CineVision« sind 70 Prozent der Regiearbeiten von Frauen, im »Neuen Deutschen Kino« sind es 60 Prozent. Und diese Filmemacherinnen erzählen sehr oft Geschichten über Frauen. Auch in den »CineMasters«, wo neben Marie Kreutzers Neuinterpretation der historischen Kaiserin Elisabeth auch Emily Atefs neueste Regiearbeit »Mehr denn je« im Wettbewerb läuft — ebenfalls mit Krieps sowie dem zu Beginn des Jahres tragisch verstorbenen Gaspard Ulliel in den Hauptrollen. Charlotte Wells mit »Aftersun« sowie Riley Keough und Gina Gammell mit »War Pony« liefern in »CineVision« zwei der aufregendsten und eindrücklichsten Regiedebüts des Jahrgangs.

Christoph Gröner, Künstlerischer Leiter, Filmfest München
Christoph Gröner, Filmfest München.

»Endlich können wir wieder das ganze Spektrum des Filmschaffens feiern – vom filigranen Experiment bis zum überraschenden Blockbuster, vom politischen Kino bis zur außergewöhnlichen Unterhaltung. Der neue ‚CineRebels‘-Wettbewerb ist ein weiterer Ausdruck dafür, genau wie die vielfältigen Themenschwerpunkte zu »Olympia ’72« oder »Body Horror«. Dass sich dabei zugleich das Spektrum der Filmschaffenden international wie national immer weiter auffächert, freut uns besonders«, sagt Christoph Gröner, Künstlerischer Leiter des Filmfests München.

Filmfest München, CineMerit, Alba Rohrwacher, © Kurt Krieger
Die Schauspielerin Alba Rohrwacher wird mit dem CineMerit-Award ausgezeichnet.
Ausgezeichnete Filmfrauen

Eine der aus Sicht des Festivals feinsinnigsten Schauspielerinnen des internationalen Films, die durch ihr zurückgenommenes, präzises Spiel und ihre Wandelbarkeit besticht, erhält den diesjährigen CineMerit-Award: die italienische Schauspielerin Alba Rohrwacher. Mit ihr ehrt das Filmfest München eine wahre Freundin des Festivals für ihre Verdienste um das zeitgenössische Kino und begrüßt sie mit ihrer neuen Arbeit »Das Pfauenparadies« in der Sektion »Spotlight«.

Eine Hommage widmet das Filmfest München in diesem Jahr der deutschen Ausnahmeregisseurin Doris Dörrie, die sich in ihrem neuen Film »Freibad« dem Frausein und seinen vielfältigen Formen und Bedeutungen mit feinem Humor und Offenheit für Dissens nähert. Ihr laut Filmfest facettenreiches, mutiges und stets nahegehendes filmisches Schaffen begeistert seit Jahrzehnten das Publikum — in der Hommage werden ihr Frühwerk »Mitten ins Herz« (1983) und – frisch restauriert – »Bin ich schön?« (1998) gezeigt.

Diana Iljine, Festivaldirektorin, Filmfest München
Diana Iljine, Filmfest München.

»Doris Dörrie ist eine der ganz großen deutschen Autorenfilmer_innen, die sich immer die Freiheit zum eigenwilligen künstlerischen Ausdruck genommen hat. Und Alba Rohrwacher, die uns in München bereits mehrfach besuchte, prägt mit ihren sensiblen und leidenschaftlichen Performances nachhaltig das internationale Kino. Ich bin stolz, mit ihnen zwei Ausnahmefiguren weiblichen Filmschaffens auszuzeichnen«, sagt Diana Iljine, Festivaldirektorin Filmfest München.

Ukrainische und russische Filmemacher_innen im Programm

Im »Spotlight« läuft ein aus Sicht des Filmfests München wichtigster und erschütterndster Film des Jahres: »Mariupolis 2« des beim russischen Überfall auf die Ukraine getöteten Regisseurs Mantas Kvedaravičius. Nach dessen Tod schmuggelte seine Verlobte Hanna Bilobrova seine Filmaufnahmen über die Grenze. Sie setzt damit nicht nur Kvedaravičius, sondern auch den Menschen in der von russischen Truppen zerbombten und belagerten ukrainischen Großstadt ein Denkmal.

»Butterfly Vision«, Maksym Nakonechnyi, © Filmfest München
»Butterfly Vision« von Maksym Nakonechnyi.

Ebenfalls ein Mahnmal gegen Krieg und Nationalismus: die zweite ukrainische Produktion »Butterfly Vision« (CineVision, Regie: Maksym Nakonechnyi), das beklemmende Porträt einer Kriegsrückkehrerin. In Kooperation mit der HFF wird das Filmfest München zudem sechs geflüchtete ukrainische Filmstudierende akkreditieren und in das Festival integrieren.

Gleichzeitig präsentiert das Filmfest München auch wichtige aktuelle russische Filme, die sich gegen Gewalt und autoritäre Systeme positionieren. Darunter ist unter anderem der regimekritische russische Regisseur Kirill Serebrennikov mit dem jüngst in Cannes gezeigten »Tchaikovsky’s Wife«. Mit »Petrov’s Flu« feiert Serebrennikov seine Deutschlandpremiere in der neu eingeführten Kategorie »CineRebels«.

Filmfest München, Plakat
Das diesjährige Filmfest München will 120 Filmpremieren zeigen.
Rebellisches Kino: Neuer Wettbewerb CineRebels

Mit den »CineRebels« wird ein weiterer internationaler Wettbewerb beim Filmfest München eingeführt. Eine neue »Plattform für Formatsprenger, Filmabenteu(r)er und den cinephilen Filmgeschmack«. Unter anderem rechnet das Festival hierzu die Filme »The Penultimate«(Regie: Jonas Kærup Hjort), »Quantum Cowboys« (Regie: Geoff Marslett), »L’envol« (Regie: Pietro Marcello), »Giulia« (Regie: Ciro De Caro) und »Cook F**k Kill« (Regie: Mira Fornay). Sie gehören zu den insgesamt 10 internationalen Produktionen, die erstmals um den »CineRebels«-Award im Wert von 10.000 Euro konkurrieren.

Neuer Hauptsponsor Audi

Der Preisstifter des neuen Wettbewerbs ist gleichzeitig auch der neue Hauptpartner des Filmfests München: Automobilhersteller Audi, der außer Sponsorengeld ab 2022 auch eine Flotte aus Elektroautos für die Festivalmobilität in München bereitstellt.

Diana Iljine, Festivaldirektorin, Filmfest München
Diana Iljine, Filmfest München.

»Wir freuen uns außerordentlich über unsere Zusammenarbeit mit Audi. Zwei Jahre Pandemie und stark eingeschränkter Kulturbetrieb haben es für Sponsoren nicht einfacher gemacht, in die Kultur zu investieren. Dass Audi uns vertraut, ist eine große Auszeichnung für das Filmfest München und ein wichtiges Signal für den Stellenwert von Film und Kultur in unserer Gesellschaft. Wir danken gerade vor dem Hintergrund der Pandemie auch Arri, Hofbräu, dem Kulturreferat München und unseren zahlreichen weiteren langjährigen Partnern. Ohne sie alle wäre das Filmfest München weder in den vergangenen beiden Jahren noch 2022 möglich«, erläutert Festivaldirektorin Diana Iljine.

Festivalzentrum Amerikahaus: Treffpunkt für Branche und Publikum

Als diesjähriges Festivalzentrum fungiert das Amerikahaus in München. Es soll während des Filmfests München als Treffpunkt der Filmindustrie und auch zentrale Anlaufstelle für das Publikum genutzt werden: Hier sollen viele »Filmmakers Live!«-Gespräche und Panels stattfinden, die nach dem Prinzip »first come, first served« von allen Interessierten kostenlos besucht werden können. Auf dem Außengelände lädt die ebenfalls öffentlich zugängliche und bewirtschaftete Festival-Lounge zum direkten Austausch und Verweilen ein, während für die Filmindustrie die »Beergarden-Convention« der Ort zum Netzwerken und für B2B sein soll.

Kika Sena, »Paloma«, Marcelo Gomes, © OpenGate
Kika Sena in »Paloma« von Marcelo Gomes.
Erneute Kooperationen mit wichtigen Münchner Kulturinstitutionen

Das Filmfest München greift die aktuelle Ausstellung des Amerikahauses »TransVision« mit mehreren internationalen Werken auf, die sich dem Thema Trans-Identitäten aus filmischer Perspektive widmen, so feiert der Film »Paloma« von Marcelo Gomes seine Weltpremiere beim Filmfest.

In unmittelbarer Nachbarschaft des Amerikahauses, im Kunstareal, kooperiert das Filmfest München bereits zum dritten Mal mit dem Museum Brandhorst. Anlässlich der neuen Ausstellung »Future Bodies from a Recent Past – Skulptur, Technologie, Körper seit den 1950er-Jahren« zeigt das Festival Filme des Subgenres »Body Horror«. Alle Filme beschäftigen sich mit wandelnden Körperbildern – auch in ihren monströsen Formen. Während der britische Künstler, Kurator und Autor Charlie Fox mit seiner kompakten Filmreihe »Licking My Wounds: Body Horror Inside Out« – auch mit Werken von David Cronenberg, Julia Ducournau und Claire Denis – einen intimen, gespenstischen, retrospektiven Blick auf das Genre wirft, spiegeln die unterschiedlichen Reihen des Filmfests aktuelle Perspektiven zu »Body Horror«.

»Munich Games«, © Filmfest München / SkyStudios APF Honzik
Sky-Serie »Munich Games«.

Das Thema »50 Jahre Olympia ’72« wird vielfältig beleuchtet: Das Münchner Lebensgefühl der Siebziger zeigt der neue Film von Klaus Lemke »Champagner für die Augen – Gift für den Rest«. Die Serie »Munich Games« läuft innerhalb der Sektion »Neues Deutsches Fernsehen« und nimmt das Olympia-Attentat als Ausgangspunkt. Außerdem widmet das Filmfest München in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk dem Thema direkt im Anschluss an das Festival einen ganzen Abend im Open-Air-Kino am Olympiasee. Vom rebellischen Lebensgefühl der frühen Siebziger über den Sportsgeist der Spiele hin zum tragischen Attentat wird anhand von BR-Collagen und durch Zeitzeugen vor Ort ein kaleidoskopisches Gesamtbild von »München ’72« gezeichnet.