Kamera: 17.01.2006

Bourdereau: Cinex II

35 mm-Amateur-Filmkamera, ca. 1918

B_0106_Bourdereau2Das einseitige 3-Gelenk-Gabel-Greiferwerk der Kamera erbrachte im Vorwärts- oder Rückwärtslauf einen erstaunlich guten Bildstand.

Zur Erinnerung: Es gab viele Erfinder und Forscher, die bei der Geburt der Cinematographie mitgeholfen haben. Die Gebrüder Lumiere, Alva Edison, Skladanowsky, Le Prince, Freese Green, – wer hat was beigetragen? Wer ordnet die Reihenfolge? Tatsache ist, dass die Gebrüder Lumiere die erste Filmkamera mit einem Greiferwerk vorstellten, die auch als Kopiermaschinchen und als Projektor verwendet werden konnte. Edison und sein Mitarbeiter Dickson arbeiteten mehr in Richtung eines Betrachtungsgerätes „Kinetograph“ bei dem nur jeweils eine Person die bewegten Bilder

betrachten konnten. Beide Erfinder aber hatten unabhängig von einander das 35 mm -Format gewählt. Beide halbierten den damals weitverbreiteten 70 mm Rollfilm für Fotokameras.

Die Vorführung der „bewegten Bilder“ wurden ein ungeplanter Erfolg. Die Menschen der Zeit hat ihre helle Freude an den meist nur 5 Minuten langen Filmchen, die in Nebenzimmern, Hinterhöfen oder auch – wie in Berlin – in den Gewölben unter der S-Bahn vorgeführt wurden. Doch bald schon wurden die Filme länger und es entstanden richtige Kinos und in kurzer Zeit sogar monströse Filmpaläste.

Aus dieser Begeisterung heraus wollten verständlicherweise auch Privatpersonen eigene Filme drehen. Die Kamera-Hersteller reagierten überrascht, wollten aber an dieser Marktnische mitverdienen.

So brachte auch die Firma Bourdereau 1918 ihre „Cinex“ als reine Amateur-Filmkamera auf den Markt. Klein, leicht und einfach zu bedienen sollte sie sein und – ganz wichtig – die Amateure konnten damit ihre Filme selber kopieren ! In dem kompakten Kamerakörper konnten ursprünglich 15 m Film auf Tageslichtspule (später gab es entsprechende Kassetten) eingelegt werden. Als Extra konnte man eine Ansatzkassette für bis zu 60 m Film ansetzen.

Es erforderte etwas Training um mit der Handkurbel gleichmäßige Aufnahmen zu „kurbeln“. Eine Umdrehung an der Handkurbel ergab 8 belichtete Filmbildchen. Um die damals übliche Bildfrequenz von 16 B/s zu treffen, musste man also ziemlich genau zwei Umdrehungen pro Sekunden schaffen. Kontrollieren konnte man sich mittels des Bildzählers, der an eine Schweizer Taschenuhr erinnert.

Hatte man sein Negativ dann entwickelt (dazu gab es spezielle Trommeln und Entwicklerschalen) wurde es in die Kamera eingelegt und in die Kassette kam der Positivfilm. Im Sandwich liefen beide Filme dann durchs Bildfenster, statt der Optik wurde eine kleine Lampe vorgesetzt und schon konnte man seine Filme kopieren.

Ein Filmamateur jener Tage brauchte nicht nur ein etwas besser gefülltes Portefeulle,

sondern musste auch über ein großes Badezimmer oder ein Gartenhäuschen verfügen, was sich entsprechen zweckentfremden ließ. (Es ist überliefert, dass derartige umgestaltete Dunkelkammern öfter mal explodierten oder abgefackelt wurden, da der vorsichtige Umgang mit dem damaligen, leichtentflammbaren Nitromaterial nicht immer ganz ernst genommen wurde).