Audio, Test, Top-Story, Zubehör: 26.05.2012

Praxistest Audio-Fieldrecorder: Fine Recording

Ob es um Mehrkanal-Tonaufnahmen geht oder einfach darum, trotz DSLR-Dreh in hoher Tonqualität aufzunehmen: Separate Audio-Fieldrecorder sind in beiden Fällen immer öfter das Mittel der Wahl.

Im VJ-Bereich oder in der tagesaktuellen Berichterstattung reicht es oft aus, den Ton kameraintern auf zwei Spuren aufzuzeichnen. DSLR-Filmer sind aber meist schon bei der Aufnahme von nur zwei Tonspuren auf zusätzliches Ton-Equipment angewiesen, weil die Audio-Funktionalität der meisten DSLR-Kameras stark eingeschränkt ist. Bei szenischen Drehs oder aufwändigen dokumentarischen Produktionen ist allerdings meist eine umfassendere Tonaufnahmelösung mit mehr Spuren/Kanälen notwendig. Auch bei »kleineren« Produktionen spielt das Thema der separaten Audioaufnahme spätestens dann eine Rolle, wenn die im Camcorder integrierten Tonaufzeichnungsmöglichkeiten an ihre Grenzen stoßen.

In der Regel kommen dann digitale Mehrspurrecorder zum Einsatz, die Mikrofonanschlüsse, Verstärker und Recording-Funktionen in einem Gehäuse vereinen. Separate Audio-Fieldrecorder bieten hierbei höchste Flexibilität und sind in den unterschiedlichsten Aufnahmesituationen einsetzbar, aber es kommen auch Laptop-Lösungen in Frage. film-tv-video.de hat in einem Praxistest Geräte aus verschiedenen Preisklassen unter die Lupe genommen, an die sich vier oder mehr Mikrofone anschließen lassen. In den Vorbetrachtungen sind zudem auch andere Lösungen aufgeführt.

Einfachere Lösungen

Im DSLR-Bereich bieten sich alternativ zu den getesteten Lösungen auch kompaktere Vorverstärker-Mischer-Systeme an, etwa von Beachtek (DXA-SLR) oder Audio Developments (AD 071 Camera Mixer).

Typischerweise stehen bei solchen Systemen zwei Signalausgänge zur Verfügung. Darüber lassen sich die verstärkten Mikrofonsignale direkt in den Audioeingang einer DSLR einspielen. Je nach verwendeter DSLR-Kamera sind dann ein- oder zweikanalige Tonaufnahmen möglich.

Nimmt man auch das Bildsignal mit einem externen Recorder auf — etwa mit dem Aja KiPro Mini, Convergent Design Nano Flash oder Atomos Ninja — können dessen Audiofunktionen genutzt werden. Allerdings bieten diese im Audiobereich allzu oft nur rudimentäre Funktionen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um den direkten Anschluss von analogen Ton- und Mikrofonsignalen geht.

Auch Handheld-Recording-Lösungen, die als Alternative zur kamerainternen Audioaufzeichnung gelten, sind üblicherweise auf zwei Mikrofoneingänge begrenzt. Vertreter dieser Geräteklasse sind beispielsweise Zoom H4N, Tascam DR-100 oder Roland-R26. Neben der platzsparenden Bauform dieser Systeme ist sicherlich auch deren geringere Leistungsaufnahme vorteilhaft für den mobilen Einsatz, denn es genügen meist zwei bis vier AA-Batterien oder eine 9V-Blockbatterie für den Betrieb. Erfordert eine Produktion jedoch eine höhere Anzahl an möglichen Aufnahmespuren und sollen zugleich mehrere Vorverstärker zum Anschluss von Mikrofonen zur Verfügung stehen, so ist der Schritt zum separaten, externen Fieldecorder-System unausweichlich.

Getestete Mehrspur-Recording-Lösungen

In diesem Beitrag geht es um genau diese mobilen Mehrspur-Recording-Lösungen, die den Anschluss und die Aufzeichnung von mindestens vier Mikrofonsignalen erlauben. Mit dem Tascam DR-680, Roland R-4 Pro, Aeta 4Minx sowie Sound Devices 788T hat film-tv-video.de Fieldrecording-Komplettsysteme unterschiedlichster Preiskategorien getestet. Auch eine Kombination aus dem Audio-Interface Motu 4pre und einem Laptop war im Rennen.

Die Anschaffungskosten für die Systeme liegen momentan bei Brutto-Listenpreisen von rund 500 Euro (Motu 4pre) bis knapp 8.000 Euro (Sound Devices 788T).

Mehrspur-Recording-Systeme im Überblick

Je nach Preiskategorie bieten die Field-Recorder verschiedene Ton- und Aufnahmequalitäten. Über die eigentlichen Klangeigenschaften hinaus unterscheiden sich die Geräte vor allem in der Ausstattung. Am wichtigsten sind hier sicherlich die Anschlussmöglichkeiten: Während die günstigen Geräte in der Regel nur über analoge Eingänge verfügen, bieten die teureren Lösungen auch Anschlussmöglichkeiten für digitale Signale und Mikrofone oder können um weitere Anschlüsse flexibel erweitert werden. Auch die integrierten Mischer-Funktionen sind mit steigendem Preis meist ausgereifter: So erlauben die teureren Systeme oft das Erstellen mehrerer Downmixes auf internen Mix-Bussen. Diese können dann entweder aufgenommen oder auch direkt ausgegeben werden, beispielsweise als Kopfhörermischung.

Bei vielen Produktionen benötigt man digitale Mehrspur-Recording-Lösungen mit der Möglichkeit, mehrere Mikrofone und Audiosignale anzuschließen und synchron aufzuzeichnen: Beispielsweise ist es nur so möglich, die Darsteller am Set umfangreich per Funkstrecke zu mikrofonieren und die Audiosignale der Dialoge getrennt aufzuzeichnen. Auch für tontechnisch anspruchsvollere Aufgaben, etwa den Mitschnitt eines Konzerts, können diese Geräte aufgrund vieler Aufnahmespuren und oft integrierter Mischer-Funktionen eher eingesetzt werden. Eine höhere Zahl an Mikrofonkanälen ermöglicht auch das mobile Recording von Surround-Sound-Signalen: Neben der Aufnahme reiner Surround-Atmos, etwa mit einem IRT-Kreuz, lassen sich durch den Anschluss einer Doppel-MS-Mikrofon-Anordnung beispielsweise auch gerichtete Surround-Töne aufnehmen.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Fieldrecorder, die sich an professionelle Nutzer richten, sind oftmals integrierte Timecode-Funktionen: Speziell wenn eine große Menge an Bild- und Tonmaterial im Schnitt einander zugeordnet werden muss, lässt sich das mit Hilfe eines Timecodes, der sowohl in der Kamera wie auch im Field-Recorder aufgezeichnet wurde, sehr viel effektiver bewerkstelligen. Mit dem passenden Workflow ist so auch die automatisierte Zuordnung und Synchronisation von Bild- und Tonaufnahmen möglich (siehe etwa film-tv-video-Produktionsbericht vom 10.11.2009 »Audio-Tools für die externe, synchrone Tonaufzeichnung«).

Spürbar sind die Unterschiede im Anschaffungspreis natürlich auch bei der Verarbeitung der Geräte. Vom Handling und Bedienkonzept her bieten aber durchaus auch die günstigeren Systeme durchdachte und funktionierende Konzepte.

Als Alternative zu den Komplettsystemen gibt es die Möglichkeit, einen Laptop mit einem mobilen Audio-Interface zu kombinieren. Wenngleich diese Option nicht ganz so robust und durch zusätzliche Verkabelungung zwischen Interface und Laptop auch sperriger ist, so bietet sich auf diese Art dennoch die Chance, relativ viele Spuren kostengünstig aufzunehmen. Voraussetzung für den wirklich mobilen Einsatz des Audio-Interfaces ist jedoch, dass es sich über den Firewire-Bus des Laptops mit Spannung versorgen lässt — ein USB-Interface mit mehreren Mikrofonverstärkern benötigt ein separates Netzteil, da der USB-Anschluss nicht genügend Spannung für den Betrieb zur Verfügung stellt.

Praxistests

Aus den am Markt derzeit verfügbaren Systemen für Mehrspur-Recording wählten die Tester insgesamt fünf Systeme aus. Wichtigstes Auswahlkriterium war die Möglichkeit, mit den Systemen mindestens vier analoge Mikrofonsignale direkt aufnehmen zu können. Um genügend Spielraum in der Nachbearbeitung der Tonsignale zu haben, kamen zudem lediglich Geräte mit 24-Bit-Recording in die Auswahl. Ebenfalls sollten Geräte aus unterschiedlichsten Preiskategorien berücksichtigt werden – die Anschaffungskosten der getesteten Systeme bewegten sich zum Testzeitpunkt zwischen Brutto-Listenpreisen von rund 500 Euro (Motu 4pre) und knapp 8.000 Euro (Sound Devices 788T). Ein direkter Vergleich zwischen den untersuchten Geräten ist aufgrund der stark unterschiedlichen Preise somit nicht sinnvoll.

Die ausgewählten Systeme sollen aber einen Überblick geben, was in der jeweiligen Preiskategorie an Technik, Ausstattung und Qualität geboten wird. Neben der Klangqualität kam es im Test besonders auf die Bedienbarkeit und die Workflow-Eigenschaften der Geräte an, aber die Verarbeitung und Robustheit der Systeme spielte eine Rolle.

Testsituation

Zur Beurteilung der Klangqualität wurden die Testgeräte mit einem Großmembran-Kondensatormikrofon vom Typ AKG C414 betrieben. Das C414 verfügt über einen sehr guten Rauschabstand und einen hohen Dynamikumfang. Aufgenommen wurde eine Atmo an einer Bahntrasse. In dieser Aufnahmesituation vermischten sich reine Naturgeräusche wie Blätterrascheln und Vogelgezwitscher mit den Geräuschen einer weiter entfernten Straße und den Geräuschen vorbeifahrender Züge. Dialoge und Schritte von gelegentlich vorbei gehenden Menschen waren ebenfalls Bestandteil der Aufnahme. Das Mikrofon wurde in einer Entfernung von rund 20 m von der Bahnstrecke positioniert. Aufgenommen wurde mit der Richtcharakteristik Kugel. Die Aufnahme erfolgte immer in 24 Bit / 48 kHz.

Testergebnisse

Motu 4pre (Test hier) stellt eine günstige Einstiegs-Möglichkeit dar, wenn es darum geht, bis zu vier Mikrofonsignale aufzunehmen. Das Audio-Interface kann aber nicht autark genutzt werden, sondern muss stets mit einem Laptop kombiniert werden, wodurch man nur über eingeschränkte Mobilität verfügt. Die große Stärke einer solchen Lösung ist sicherlich der direkte Workflow: Die Töne können direkt mit der Audio-Software aufgenommen werden, in der später auch die Tonnachbearbeitung erfolgen soll.

Der Tascam DR-680 (Test hier) bietet ein sehr gutes Preis/Leistungs-Verhältnis, denn mit sechs Mikrofon-Eingängen und acht Recording-Kanälen eröffnet dieses Gerät auch im Low-Budget-Bereich vielfältige Möglichkeiten. Ebenfalls gefiel der DR-680 aufgrund seiner unkomplizierten Bedienung. Gemessen am Anschaffungspreis des Geräts sind die Klangeigenschaften in Ordnung.

Der Roland R-4 Pro (Test hier) überzeugte mit guter Klangqualität. Das eher bescheidene LCD-Display sowie die fehlende Möglichkeit, direkt auf Flash-Speicher-Medien aufzuzeichnen, lassen das bereits seit Ende 2006 verfügbare Gerät etwas »angestaubt« wirken. Mit seiner guten mechanischen Verarbeitung sowie Timecode-Funktionalität hat der R-4 Pro aber nach wie vor seine Berechtigung im Übergangsbereich zwischen Low-Budget- und professionellen Fieldrecordern.

Sehr gut gefallen hat der Aeta 4MinX (Test hier). Neben einer rundum überzeugenden Tonqualität sowie einer stabilen Verarbeitung mochten die Tester vor allem das flexible Gerätekonzept: Die nachträgliche Erweiterung um zusätzliche Aufnahmespuren reduziert die Einstiegskosten. Durch die Möglichkeit, die Eingangskanäle in beliebigen Kombinationen aus Mono-, Stereo- und polyphonen Dateien zu speichern, wird der Aufnahmeprozess flexibler gestaltet und die file-basierte Bearbeitung in der Postproduktion erleichtert. Auch die Option, einige Tasten und Regler mit individuellen Funktionen belegen zu können, ist vorteilhaft. Außerdem ermöglicht die per Linux gesteuerte DSP-Gerätearchitektur dem Hersteller, den 4MinX auch in Zukunft mit weiteren Optionen auszustatten.

Keine Wünsche offen lässt der Sound Devices 788T (Test hier). Gemessen am hohen Anschaffungspreis darf man das bei diesem Gerät aber auch erwarten. Die Klangqualität bewegt sich auf höchstem Niveau, die Verarbeitung ist extrem robust und für härteste Einsätze geeignet. Die Pegelkontrolle, sowohl über die LED-Anzeigen als auch die LED-Ringe direkt an den Drehreglern, ist sehr gut gelöst. Auch die Anschlussoptionen sind sehr umfangreich und bieten alle Möglichkeiten für analoge und digitale Signale sowie Timecode. Mit der Bedienung des 788T findet man sich schnell zurecht.

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