Kamera, Test, Top-Story: 10.10.2019

Praxistest: Ursa Mini Pro G2

Äußerlich ist die zweite Generation der Usa Mini Pro nicht vom Vorgänger zu unterscheiden. Sie bietet einen S35-4,6K-Sensor mit hoher Dynamik und kann mit 300 fps in »Windowed HD« und mit 120 fps in 4K aufzeichnen. film-tv-video.de hat die Kamera ausführlich ausprobiert.





Menüführung
Um das Menü aufzurufen, setzt man die Kamera am besten auf ein Stativ. So wie im Bild kann man die Kamera nicht lange halten.

Die Oberfläche des Menüs besteht aus sechs Hauptseiten und ist übersichtlich strukturiert. Hat man das Menü ein paarmal benutzt, dauert keine Einstellung mehr als einige Sekunden. Von der Schulter ist eine Bedienung dennoch unpraktisch, weil das Display auf der Schulter nicht aufgeklappt werden kann. Da man die Kamera in diese Position nicht lange halten kann, ist es entsprechend auch schwer, die Einstellungen zu machen.

Jede Seite hat dann meist zwei, bei »Setup« sogar fünf Unterseiten. Zwischen diesen wechselt man mit den Pfeilen am Rand des Screens. Die Pfeile sind allerdings so klein, dass es schwer ist, sie immer richtig zu treffen. Wahlweise kann man auch wischen; das hinterlässt aber immer sehr deutliche Abdrücke auf dem Display.

Viele Einstellungen werden einfach über einen On/Off-Schalter gemacht, einige aber mit kleinen Pfeilsymbolen. Gerade bei der High-Frame-Rate-Einstellung (HFR) dauert es damit eine ganze Weile, bis man von 25 auf 300 fps gewechselt ist. Hat man es aber einmal eingestellt, wird es auf der HFR-Taste gespeichert, so dass man schnell zwischen der Standard- und einer Zeitlupen-Einstellung wechseln kann.

Die Optionen im Menü sind sehr umfangreich und erfordern ein gewisses Studium vor den ersten Dreharbeiten. Der Shutter ist wahlweise per Shutter-Angle oder Shutter-Speed einstellbar.

Zur Option zum »Windowed«-Sensor, und damit zu höheren Bildfrequenzen als 120 fps, kann allerdings nicht automatisch mit der Taste gewechselt werden; sie muss, wenn gewünscht, vorher im Menü eingestellt werden.

Wischt man über das Display, kommt man in das Clip-Menü. Dort kann man die Clips benennen und eine große Menge Metadaten manuell über die Tastatur des Touchscreens eingeben.

Belichtung und Schärfe mit Display und Sucher einstellen
In der direkten Sonne ist nichts mehr auf dem Display zu sehen, im Schatten kann man das Bild noch halbwegs beurteilen.

Im Sucher lassen sich Belichtung und Schärfe gut beurteilen. Der Sucher ist selbst ohne zugeschaltetes Peaking schon scharf genug, um in den meisten Situationen die Bildschärfe einschätzen zu können. Zudem ist er auch sehr kontrastreich. Das Display ist zwar eines der besten in diesem Marktsegment von Kameras, ist aber gerade bei Totalen mit großer Schärfentiefe zu klein, um die Schärfe wirklich zu sehen.

Die False Color Darstellung hilft bei der Beurteilung der Belichtung auf dem Display.

Es ist aber hell genug, um bei Außenaufnahmen und wenig bewölktem Himmel die Belichtung noch gut beurteilen zu können. Das kleine Histogramm am unteren Bildrand gibt einem da zusätzlich etwas Sicherheit. Wenn aber Sonnenlicht direkt auf das Display scheint, ist es nicht mehr möglich, die Bildschärfe und Belichtung zuverlässig einzuschätzen. Bedeckt man das Display durch seinen Körper mit Schatten, reicht es aber zumindest, um die Helligkeit noch einigermaßen abzuschätzen.

Das Colored Lines Peaking in schwach (oben) Mittel (mitte) und Stark (unten).

Das Bildrauschen wirkt auf dem kleinen Display natürlich oft viel schwächer, als es wirklich ist. Aber selbst ein 7-Zoll-Monitor wäre hier nicht mehr ausreichend, um ein realistisches Bild zu bekommen.

Um die Schärfe besser beurteilen zu können, bietet die Ursa Mini Pro G2 zum einen ein Peaking, das immer eine weiße Kante über den kontrastreichen Kanten anzeigt, und des weiteren eine farbige Variante, die »Colored Lines« heißt und in Grün, Rot und Blau angezeigt wird. Bei dieser gibt es drei Einstellungen für die Stärke; hier ist aber vor allem die stärkste Variante nur bei sehr geringem Kontrast und im Film-Modus wirklich noch eine Hilfe. Für alle weiteren Situationen mit höherem Kontrast findet man nach einigen Tests heraus, wann die schwache und wann die mittlere Einstellung verwendet werden sollte. Das Peaking mit den weißen Bildkanten ermüdet das Auge schnell.

Ursa Mini Pro G2, @Nonkonform
Der Sucher bietet drei gut »blind« bedienbare Tasten für Peaking, Ausschnittsvergrößerung und das Entfernen aller Anzeigen im Bild.

Der Sucher bietet dazu noch zusätzlich eine Ausschnittsvergrößerung, die per Knopfdruck zugeschaltet werden kann. Für das Display gibt es diese Option nicht. Auch das Peaking oder die Colored Lines können beim Sucher mit der »Peak«-Taste zugeschalten werden.

Um die Belichtung auf dem Display wirklich beurteilen zu können, ist die False-Color-Darstellung vor den Aufnahmen eine gute Option. Für den wirklichen Drehbetrieb und häufige Belichtungswechsel in einer Einstellung ist sie aber aufgrund der starken Verfälschung des Bildeindrucks nur mit sehr viel Gewöhnung geeignet. Zum Sicherstellen einer wirklich genauen Belichtung ist sie aber ein besseres Werkzeug als das Zebra, das auf dem Display oder im Sucher mit einer der beiden Funktionstasten aktiviert werden kann.

Die Ursa Mini Pro G2 bietet eine Standard-3D-LUT für ihren Sensor und kann weitere 3D-LUTs im Cube-Format (aus DaVinci Resolve) laden.

Allerdings startet die Zebra-Einstellung erst bei 75 Prozent und geht in 5-Prozent-Schritten bis 100 Prozent. Hier fehlen niedrigere Optionen, gerade die klassischen 70 Prozent für Interviews.

Insgesamt kann man sagen, dass es mit den zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln gut möglich ist, Schärfe und Belichtung im Sucher schnell zu beurteilen und mit den Tasten am Gehäuse auch schnell einzustellen.

Wie man es von anderen Kameras her kennt, wird der Sucher nur aktiv, wenn man sich mit dem Auge der Augenmuschel des Suchers nähert. Bei viel Umgebungslicht schaltet er sich auch automatisch wieder aus, wenn man sich weiter entfernt. Allerdings scheint er jetzt wesentlich weniger sensibel zu reagieren als beim Vorgänger, so dass man auch aus kurzer Entfernung noch ein Bild im Sucher hat, ohne dass es sofort verschwindet. Ausschalten lässt sich der Sensor nicht, aber man könnte die Abschalteinrichtung einfach blockieren; davor warnt das Handbuch aber ausdrücklich – es verkürzt die Lebenszeit und es dürften Einbrenner drohen.

Mounts, Blende und Fokus
Der PL-Mount ist stabil und einfach zu wechseln, nur das Einstellen des Auflagemaßes mit Shims kann etwa langwierig sein.

Blackmagic Design bietet gleich vier verschiedene Mounts an, die über Torx-Schrauben befestigt werden. Wer EF-Objektive verwendet, wird in den meisten Fällen auf die elektronisch übertragene Blende und ein kleines Drehrad zurückgreifen müssen. Leider ist das Rad etwas klein geraten, so ist es ist nicht einfach, die Blende zu ziehen. Vor allem ist es, weil die Blende bei den meisten Foto-Objektiven einrastet, fast unmöglich, die Blende gleichmäßig anzupassen. Für EB-Aufgaben bietet Canon aber Alternativen wie das Zoom-Objektiv CN-E18-80 T4.4, mit dem sich dieser Nachteil beheben lässt. Größtes Problem des Blendenrades ist seine Position: Bei aufgeklapptem Display ist es sehr schwer bis unmöglich, es überhaupt einzustellen.

Das Bild in HD ohne Windowed Sendor (oben) und mit Windowed Sensor im Film-Modus.

Der Wechsel des Mounts ist denkbar einfach und in drei Minuten erledigt. Lediglich das Einstellen des Auflagemaßes über Shims (Zwischenlegscheiben) kann etwas Zeit in Anspruch nehmen und sollte am besten in einer sauberen und kontrollierten Umgebung vorgenommen werden. Ansonsten ist es mit etwas Zeit möglich, auch mal zwischen den Aufnahmen den Mount beim Dreh zu wechseln. Allerdings ist das auch nicht so einfach wie das Anbringen eines Adapters, was nur ein paar Sekunden dauert.

Ein UHD-Bild mit Doppler (oben), im Weitwinkel ist eine klare Vignette sichtbar, die im Tele nur minimal schwächer wird. Zum Rande sieht man eine deutlich stärkere Verzeichnung als im HD-Bild (unten) mit den Windowed Mode. Beide mit BM B4 Mont-Adapter und Fujinon HA 16×6.3, bei 6.3mm mit F2.8. Bilder rechts 300% vergrößert.

Der PL-Mount macht einen sehr stabilen Eindruck und lässt sich gut feststellen. Für die Datenkommunikation gibt es den Anschluss für Cooke-Objektive. Eine weitere interessante Option ist der B4-Mount, der ebenso einfach angebracht werden kann. Um ihn sinnvoll einzusetzen, gibt es zwei Optionen, entweder verwendet man den »Windowed Mode« in HD-Qualität oder man zeichnet in UHD auf und vergrößert den Bildausschnitt mit einem eingebauten Doppler. Allerdings verliert man bei diesem Prozess zwei Blenden an Lichtstärke, zudem reduziert der Doppler die Bildschärfe in der Regel merklich.

In 4K ist die Vignette mit 6.3mm um so deutlicher sichtbar.
Auch wenn der B4 Adapter einen guten Job macht, chromatische Abberation zu reduzieren, Zoomobjektive wie das Fujinon HA 16×6.3 lassen sich nicht ganz davon befreien.

Der Anschluss für B4-Objektive an der Vorderseite überträgt alle Signale von der Optik, also die Aufnahmetaste, die Automatikblende und die Anschlusstaste, die das Ende des letzten Clips zeigt. Gerade für EB-Aufgaben sind die klassischen Broadcast-Objektive immer noch unschlagbar, wenn es um gleichmäßige Zoomfahrten, Arbeitsgeschwindigkeit und Genauigkeit geht.

Die Automatikblende lässt sich übrigens auch über den Iris-Schalter unter dem Display aktivieren. Dabei wird aber keine Vollautomatik eingestellt, sondern die Belichtung der Szene einmalig so justiert, dass die Highlights nicht überstrahlen.

Der Fokus-Schalter funktioniert ähnlich, wenn diese Funktion von der Elektronik des Objektivs unterstützt wird. Dabei kann der Touchscreen verwendet werden, um die Stelle zu definieren, auf die scharfgestellt werden soll.

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Seite 3: Ergonomie und Bedienung
Seite 4: Menü, Belichtung, Mounts
Seite 5: Bildqualität, Ton, Fazit

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